Ziegelstein II

  • Herrensitz, „Imhoffschloss“
  • Am Anger 26-34
  • Stadt Nürnberg


Den 1652 verstorbenen Martin Carl Haller [vgl. Ziegelstein I] überlebte nur eine Tochter Catharina Helena (1626–1684), die sich 1647 mit Georg Wilhelm Schlüsselfelder (1596–1679) vermählt hatte. Ihre einzige Tochter Helena Catharina heiratete 1666 Georg Andreas Imhoff [vgl. Mögeldorf I], dessen Familie dann über 150 Jahre im Besitz von Ziegelstein blieb.

Nachdem das alte Hallerschloss als Ruine liegen blieb, wurde östlich davon am Südrand des Ziegelsteiner Espans (Dorfangers) ein neuer Herrensitz erbaut. Über dessen Entstehung liegen widersprüchliche Nachrichten vor. Als Bauherr kommen aber wohl nur Georg Wilhelm Schlüsselfelder oder Georg Andreas Imhoff in Frage, der mit seiner Frau bald nach der Heirat das als Mann- und Weiberlehen geltende Reichslehen übernahm.

Auf einem Kupferstich vom Beginn des 18. Jahrhunderts präsentierte sich das Imhoffschlösschen als zweigeschossiger Bau von fünf (tatsächlich nur vier) zu drei Achsen mit Satteldach und einem Zwerchhaus an der Westseite; nach Osten schlossen sich zwei Nebengebäude an. Wohl noch vor 1743 entstand der charakteristische achtseitige Dachreiter, während das Zwerchhaus später wieder beseitigt wurde.

Georg Andreas Imhoff, seit 1706 oberster Landpfleger, starb 1713. Nach dem Tod seiner Gemahlin Helena Katharina 1727 wurde das Testament angefochten. Der Erbstreit vor dem Reichshofrat in Wien endete mit dem Vergleich vom Juli 1728 und setzte den Enkel Georg Christoph Gottlieb Imhoff (1701–1768) als Besitzer ein, räumte aber auch den Miterben, den Schwestern Helena Katharina von Furtenbach und Helena Regina, verheiratet mit Johann Albrecht Karl von Mü(h)lholz, sowie ihrer Kusine Maria Helena Ebner von Eschenbach (1714–1760) Rechte ein.

Nach dem Tod Georg Christoph Gottliebs folgte dessen Sohn Johann Sigmund Georg, der erstmals 1770 mit dem Reichslehen Ziegelstein belehnt wurde. Der Sohn, der zeitweise als Burgamtmann zu Nürnberg amtierte, starb im Dezember 1831. Er hinterließ nur eine Tochter, Barbara Sabina Maria, verheiratet mit einem Oberleutnant Friedrich Christoph Rech, die im April 1833 kinderlos verstarb [vgl. Erlenstegen VI]. Der Herrensitz fiel daraufhin an eine Erbengemeinschaft, die aus den vier Kindern des 1829 zu Ansbach verstorbenen Postmeisters Burkhard Carl Friedrich von Mühlholz (eines Enkels der Helena Regina von Furtenbach) bestand. Bereits drei Jahre vor der gesetzlichen Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit 1848 traten August von Mühlholz und seine Miterben die Gerichtsrechte an den bayerischen Staat ab.

Im Jahr 1866 kaufte schließlich die Gemeinde Ziegelstein den Herrensitz als Ersatz für das ganz unzulänglich gewordene, seit 1660 benutzte alte Schulhaus (alte Hausnummer 12 = Ziegelsteinstraße 182, im Zweiten Weltkrieg zerstört). Das nach Pfarrer Julius Kelber als „Jagdschlößchen“ bezeichnete Herrenhaus (alte Hausnummer 19 = Am Anger 28), wo schon einmal vor­übergehend Unterricht gehalten worden sein soll, wurde zu einem Schulhaus mit Lehrerwohnung umgebaut und konnte im November 1868 bezogen werden. Als Schulhaus wurde das ehemalige Herrenhaus bis etwa 1922 genutzt, als die stetig anwachsende Schülerzahl einen Neubau erforderlich machte.

Leider veräußerte die Gemeinde die übrigen Teile der Schlossanlage 1867/68 an verschiedene Interessenten, was eine für das Baudenkmal ungünstige Entwicklung in Gang setzte. Die Hausnummern 18 und 20 (Am Anger 26 und 34) wurden an Johann Georg und Eleonora Hollfelder, die östlichen Anbauten des Herrenhauses, Hausnummern 19 b und 19 c, an den Schuhmacher Johann Häckel und einen Georg Adam Stauber verkauft.

Das Schloss selbst überstand den Zweiten Weltkrieg glimpflich, lediglich der markante Dachreiter wurde 1945 zerstört. Leider hat man im Kunstdenkmälerband für die Stadt Nürnberg fälschlicherweise den restlosen Untergang des offenbar mit dem Hallerschlösschen verwechselten Herrensitzes behauptet; der Imhoffsche Sitz wurde als solcher gar nicht erkannt und erscheint daher als Bauernhaus (!) mit der falschen Datierung „im Kern Mitte 19. Jh.“. Prompt wurden die erhaltenen Teile der Schlossanlage nach 1980 aus der Denkmalliste gestrichen. Sie sind mittlerweile durch eine Vielzahl von Modernisierungsversuchen völlig verunstaltet und lassen quasi als Lehrbeispiel deutlich werden, welche Entwicklung das reiche Kulturerbe Bayerns ohne Denkmalschutz einschlagen wird.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Handschriften Nr. 198. Rst. Nbg., Waldamt Sebaldi I Nr. 374. Kataster Ziegelstein Nr. 4, 11, 12, 17, 18 Bd.1.

GNM-A Imhoff-A Teil II Nr. 2, 31.

Literatur


HAB Nürnberg-Fürth, S. 191, 245, 266.

KDM Stadt Nürnberg, S. 490.

Kelber, Julius: Die ehemalige Dorfgemeinde Ziegelstein. Nürnberg 1939, S. 6, 9, 15 f, 18.

Rusam, Dorfkerne, S. 315-320.

Steinmaier, Walter: Als das ABC auf die Dörfer kam. Nürnberg 2001, S. 164 f.

Willenberg, Knud / Groh, Rudolf: Ziegelstein und Herrnhütte früher. Teil 1 (bis 1945). Nürnberg 1989, S. 2 f, 10 f und Titel-bild.


Abbildung

Ansicht des Herrensitzes aus südöstlicher Richtung, Fotografie: G. v. Volckamer um 1894 (StadtMN)

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