Vorra II

  • Herrenhaus, „Neues Schloss“
  • Hirschbacher Straße 2
  • Gemeinde Vorra
  • Landkreis Nürnberger Land


Nachdem Sophie Maria Christina Scheurl von Defersdorf Julius August Freiherrn von Soden (1846–1921) als Erben eingesetzt hatte [vgl. Vorra I], begann dieser schon vor dem Tod der Tante 1889/90 mit dem Bau eines neuen Schlosses. Der Bauherr war als kaiserlicher Diplomat auf verschiedenen Einsätzen in aller Welt unterwegs gewesen und wollte seinen Ruhestand in Vorra in einer standesgemäßen Wohnung genießen. Für den Bau des neuen Herrenhauses wurden ein Saal- und verschiedene Nebengebäude westlich des alten Hauses abgebrochen. Der hohe Grundwasserspiegel und der wenig tragfähige Baugrund bescherten von Anfang an Probleme, die schließlich zu Verformungen, Rissen und einem Einsturz des Turmes im November 1890 führten. Nach einem Wechsel des Baumeisters konnten die Standfestigkeit hergestellt und der Bau noch im Jahr 1891 beendet werden. Auch wurde der Schlossgarten zu einer Parkanlage im Englischen Stil umgestaltet.

Der dreigeschossige Neubau wurde historisierend in der Formensprache der Renaissance errichtet, was sich vor allem an den mit Obelisken und anderen Werksteinaufsätzen geschmückten Giebeln und einem pittoresken Abschluss des Turmes zeigte. Viele dieser Details sind jedoch späteren Umbauten zum Opfer gefallen. Dem an der Westseite leicht vortretenden, ursprünglich mit Figuren geschmückten Risalit wurde eine kleine Altane mit Austritt in Höhe des zweiten Obergeschosses angefügt. An der Südseite ist eine zweite, breit gelagerte Altane für eine Terrasse angebaut, von der aus eine großzügige Freitreppe in den Garten führt.

Nachdem der Bauherr, der schon einmal Gouverneur der damals deutschen Kolonie Kamerun gewesen war, überraschend noch für drei Jahre diese Position in Deutsch-Ostafrika einnehmen musste, konnte er erst 1893 den Neubau beziehen, der mit zahlreichen Jagdtrophäen und Waffen aus seinen ehemaligen Einsatzorten ausgestattet wurde. Zunächst wurde das Schloss dauerhaft bewohnt, aber seit der Berufung des Barons zum Kabinettchef des Königs von Württemberg und dem Umzug nach Stuttgart 1899 diente es nur noch als Urlaubsdomizil. 1920 veräußerte er die Schlossanlage mit beiden Herrenhäusern an den königlich-württembergischen Major Otto Karl Alfred Alexander Freiherrn von Ellrichshausen. Dieser ließ bereits 1921 einige Änderungen am neuen Herrenhaus durchführen, dabei verlor der Turm sein Dachwerk und wurde mit einer Aussichtsplattform versehen.

Der neue Eigentümer verstarb 1937 in München. Sein Sohn und Haupterbe, auf dem Familienbesitz in Argentinien lebend, hatte kein Interesse an dem Besitz und veräußerte ihn an die „Deutsche Arbeitsfront“, die hier eine Gauschule einrichtete. Nach ihrem Einmarsch richteten die amerikanischen Streitkräfte 1945 ihre Ortskommandantur im Schloss ein. Zunächst von der Militärregierung, dann vom bayerischen Staat pachtete ab November 1945 die Baronin Irmgard von Löffelholz das Schloss, um hier ein evangelisches Landschulheim, eine Oberschule mit Internat, einzurichten. 1955 übernahm das Schullandheimwerk Mittelfranken die Räumlichkeiten und nahm verschiedene Umbauten vor, die bis 1956 abgeschlossen wurden. Eine weitere Modernisierung fand 1977 statt, die vermutlich noch einmal zu Veränderungen am historischen Bestand führte. Die Nutzung als Schullandheim hält bis zum heutigen Tag an.

Literatur


Drechsel, Theodor: Chronik des Dorfes Vorra. Vorra 1924, S. 56-61.

Meyer, Manfred: Vorra – Ein Heimatbuch. Vorra 1978, S. 95-97, 118–120.


Abbildung

Das neue, in den Jahren nach 1889 errichtete Schloss. Fotografie: G. v. Volckamer um 1894 (StadtMN)

Lageplan

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