Lauf

  • Kaiserburg, später reichsstädtisches Pflegschloss
  • Schlossinsel 1
  • Stadt Lauf an der Pegnitz
  • Landkreis Nürnberger Land


Die Burg Lauf, die sich unmittelbar südlich der Altstadt auf einer Pegnitzinsel erhebt, zählt zweifellos zu den bedeutendsten spätmittelalterlichen Burgenbauten Deutschlands. Die vermutlich bis Ende 1361 von Kaiser Karl IV. errichtete Anlage ist jedoch nicht die erste Burg an dieser Stelle: Hier stand schon um 1200 eine Reichsburg, die 1243 erstmals aufscheint, als sich der Reichsministeriale Liupold nach seinem Dienstsitz nannte. Liupoldus de Laufe gehörte einem Geschlecht an, das zur höheren Reichsministerialität im Nürnberger Raum zählte und sich auch nach den Burgen Rothenberg und Hiltpoltstein nannte [vgl. Alter Rothenberg, Hiltpoltstein]. Mit dem Untergang der Staufer 1268 ging die Reichsburg an die Bayernherzöge, die hier ein 1275 bezeugtes Amt unterhielten, dem Hiltpold aus dem Geschlecht der Hiltpoltstein-Lauf-Rothenberger vorstand. Im Krieg Herzog Rudolfs von Bayern gegen die Parteigänger des Königs wurde die Burg bei einem Vergeltungsschlag des Grafen Gebhard von Hirschberg schließlich 1301 zerstört.

Der Neubau von um 1360 an der Stelle der ehemaligen Reichsburg stand in engem Zusammenhang mit der Schöpfung Neuböhmens. Die große Verschuldung des Pfalzgrafen Rudolf II. bei seinem Schwiegersohn, dem 1346/49 zum römischen König Karl IV. gewählten böhmischen König, und die Lösegeldzahlung Karls für den Pfalzgrafen Ruprecht II., der in sächsische Kriegsgefangenschaft geraten war, führten 1353 zu den für die Pfalz verheerenden Gebietsabtretungen an den König. Entlang der „Goldenen Straße“ von Nürnberg nach Prag, einer der wichtigsten Handelsstraßen Europas, nahm der Monarch pfälzische Orte, Ämter und Burgen in Besitz.

Vor den Toren der Reichsstadt Nürnberg, des oberdeutschen Wirtschafts- und Finanzzentrums, fast am Endpunkt der Achse Prag-Nürnberg, entstand auf der Laufer Burgstelle spätestens bis 1361 eine kaiserliche Nebenresidenz. Nach den 1514 notierten Aufzeichnungen Nürnberger Ratskanzlisten soll der Kaiser selbst die Burg als „seinen keiserlichen lust sal“ bezeichnet haben. In diesem Zusammenhang stand auch die Erhebung des Marktes Lauf zur Stadt mit weitreichenden, vor allem den Handel fördernden Privilegien.

Die repräsentative Nutzung hielt nur wenige Jahre an: Als sich Karl schon 1373 die Gelegenheit bot, vom Bayernherzog Otto V. die Mark Brandenburg zu erwerben, trat er mit dem Vertrag von Fürstenwalde einen großen Teil Neuböhmens, darunter Lauf, an die Bayernherzöge ab. Bereits 1381 wurden Feste und Stadt vorübergehend als Leibgeding an die Nürnberger Bürger Jobst Tetzel und Peter Haller vergeben, doch behielt sich Herzog Friedrich das Öffnungsrecht vor. In den folgenden Jahrzehnten erlebten Burg und Stadt eine wechselvolle Geschichte, geprägt von den Kriegen der Wittelsbacher Vettern und ihren Landesteilungen. Zu größeren baulichen Veränderungen an dem nun herzoglichen Pflegschloss kam es vermutlich nicht. Als es am Ende des Landshuter Erbfolgekriegs 1504/05 an die Reichsstadt Nürnberg fiel, übernahm die reichsstädtische Administration wohl eine noch weitgehend bauzeitlich geprägte Burg.

Der Aufbau der kaiserlichen Burg folgt dem Terrain der Pegnitzinsel. Südöstlich erstreckt sich der im Grundriss etwa hakenförmige, zweiflügelige Palas, ihm gegenüber als westlicher Endpunkt der im spitzen Winkel zulaufenden Außenmauern der Bergfried. Die mächtigen Umfassungen der Hauptburg weisen außen rundum Buckelquadermauerwerk mit sorgfältig gearbeiteten Pressfugen auf und erinnern an ihre Funktion, den Machtanspruch des Bauherrn zu symbolisieren. In die nördliche und südliche Wehrmauer wurde je eine Toranlage gesetzt. Besonders aufwändig wurde das Südtor ausgeführt: Es erscheint in einem aus der Mauerfront vorspringenden Torturm, einst „Wenntzels thurn“ genannt, dessen vordere Fassade von der Figur des hl. Wenzel und dem böhmischen Wappen geziert wird. Im 16. Jahrhundert wurden die oberen Räume des Wenzelturms als Rüstkammern genutzt, vielleicht war dies schon zuvor üblich gewesen.

Auch wenn sich keine bauzeitlichen Quellen erhalten haben, so wusste wenigstens die reichsstädtische Überlieferung des 16. Jahrhunderts noch von der Nutzung der Burg als kaiserliche Hofhaltung. Das Erdgeschoss des nördlichen Palasflügels war vollständig mit einem Kreuzrippengewölbe überfangen. Noch um 1560 waren hier die Pferdestallungen und wohl auch die so genannte Reiterstube untergebracht; eine Pferdeknechtswohnung aus Fachwerk war unmittelbar am Palas angebaut. Zwei größere, nur mit Schlitzfenstern belichtete Räume unten im Ostflügel (vermutlich mit dem so genannten „hindern“ und „fördern“ Schlosskeller identisch) dienten sicher als Lagerräume.

Die Beschreibung des Obergeschosses im Palas dürfte nicht nur einer gewissen „Karlsnostalgie“ des Nürnberger Rates entsprungen sein: Die repräsentativsten Räume wurden noch um 1505 und 1550 als Kaisersaal, Kaiserstuben und Kaiserkammer „mit den Behemischen wappen“ bezeichnet. Die in den 1930-er Jahren hinter Putz-Tünche-Lagen wiederentdeckten 114 in Stein geschlagenen Wappen  böhmischer Vasallen des Kaisers sind einzig in ihrer Art und weisen auf die Nutzung der Räumlichkeiten bei repräsentativen Anlässen. Die Wappen sollen unmittelbar nach Fertigstellung der Burg um 1361 angebracht worden sein.

Im 15. und frühen 16. Jahrhundert waren vier Räume der Burg mit Kachelöfen beheizbar. Vielleicht war ein „Wasserwerck“ im Saal, das im 16. Jahrhundert eine „Muschel“, wohl ein steinernes Becken, mit Wasser füllte, bereits im 14. Jahrhundert eingerichtet worden. Die aufwändige Ausgestaltung der inneren Werksteinarbeiten werden mittlerweile böhmischen Steinmetzen zugewiesen: Die Profile der Rippen sollen Ausführungen im Prager Veitsdom entsprechen, die der Parler-Werkstatt entstammen sollen. Die Kapelle war vermutlich in einem großen „Chörlein“ am Saal untergebracht. Bis zur Reformation hielt man jährlich am Wenzelstag, am 28. September, zu Ehren des Heiligen eine Messe und einen „kirtag“, und zwar „nach alter gewonhait“. Im 15. Jahrhundert wurden die Geschosse oberhalb des repräsentativen Obergeschosses als Getreideböden genutzt. Während des Landshuter Erbfolgekrieges musste dann auch der Kaisersaal als Haferlager herhalten. 1531 wollte das Nürnberger Landpflegamt Geschütze auf dem obersten Geschoss aufstellen und ließ die Deckenkonstruktion entsprechend verstärken. Einige Jahrzehnte später wurde hier jedoch wieder Getreide gelagert.

Zumindest um 1500 verfügte die Burg über eine Zwingeranlage, in der zu dieser Zeit ein Viehhaus und ein Stall für Jagdhunde aufgestellt waren. Die beiden Tore waren über hölzerne Brücken erreichbar, deren letztes Joch jeweils durch „geringe schlag prucken“ aufgezogen werden konnte. Überlegungen im Jahr 1550, die Brücken durch massive Konstruktionen zu ersetzen, wurden aus Kostengründen bald aufgegeben.

Bereits unmittelbar nach der Inbesitznahme Laufs durch die Reichsstadt wurde ein Pfleger als Amtmann auf die Burg geschickt und eher provisorisch im Palas untergebracht. Erst 1525 entschloss sich die Reichsstadt, nicht nur eine umfangreiche Renovierung der Burg durchzuführen, sondern unter der Leitung des Stadtwerkmeisters Paulus Beheim 1526 einen „alt paw“, die alte Schreibstube der Burg, sowie den oberen Teil des Bergfrieds abzubrechen und auf den unteren Teil des Turms eine neue Pflegerwohnung aufzubauen. Bemerkenswert ist, dass man trotz des Umbaus das Verlies im unteren Teil des Bergfrieds beließ. Noch um 1550 wurde es als Untersuchungsgefängnis des Pfleggerichts genutzt.

Mit einer Katastrophe endete der Zweite Markgrafenkrieg in Lauf. Schon am 11. Mai 1553 hatten markgräfliche Truppen Lauf erobert, jedoch konnten Stadt und Burg am 22. Mai wieder zurückgewonnen werden. Am 29. Mai nahm der Feind Lauf abermals ein und steckte diesmal die Stadt und das Pflegschloss am 3. Juni 1553 in Brand. Die Wiederherstellung des Pflegschlosses wurde ein Jahr nach dem Ereignis in Angriff genommen. Am 18. Mai 1554 hatte sich der leitende Zimmermeister des Stadtbauamtes, Barthel Grolock, die Brandruine angesehen und ein Gutachten erstellt. Demnach waren die auf den unteren Geschossen des ehemaligen Bergfrieds aufgesetzte Pflegerwohnung und die Zwingerbebauung völlig ausgebrannt. Der Palas hatte geringere Schäden davongetragen. Zwar waren das Dachwerk und hölzerne Ausstattungen zerstört, das repräsentative Obergeschoss mit den ehemaligen kaiserlichen Räumen und dem Fletz davor war, weil eingewölbt,  relativ unversehrt geblieben. Allerdings fand sich die Stallung im Erdgeschoss arg beschädigt, weil hier Brennholz gelagert worden war. Die Brandhitze hatte vor allem das wertvolle Kreuzrippengewölbe ausgeglüht, einige Gewölberippen und Schlusssteine waren herabgefallen. Die Wiederaufbaupläne sahen vor, zusätzlichen Raum über dem Nordtor, am westlichen Ende des Saals, zu schaffen. Außerdem wurde der Einbau hölzerner Zwischendecken und Scheidwände im Erd- und Obergeschoss geplant. Dass die Instandsetzung im Jahr 1555 nicht abgeschlossen wurde und sich noch über 1560 hinaus hinzog, lag am budgetierten Bauetat, zu dem sich die vom Krieg ungeheuer geschädigte Reichsstadt gezwungen sah.

Bauliche Veränderungen wurden auch im 17. Jahrhundert vorgenommen: Nach Entwürfen des Nürnberger Steinmetz- und Baumeisters Jacob Wolff, vermutlich Jacob Wolff d. J., und des Werkmeisters Matthes Pfeffer wurde von 1614 bis 1618 der Zwinger umgestaltet. Es entstanden umfangreiche Verbesserungen der Verteidigungsanlagen wie der Bau von Rondells und diverse Anbauten an der Zwingermauer. Es wurden verschiedene Ökonomieräume und Stallungen im Zwinger untergebracht, die um 1830 weitgehend wieder abgebrochen wurden.

Von 1678 bis 1680 wurde die Pflegerwohnung erweitert und umgebaut. Bei dieser Gelegenheit setzte man ein weiteres „Chörlein“ an die Außenmauer. Ob die prächtigen Stuckdecken der Pflegerwohnung bei dieser Gelegenheit entstanden sind, ist noch immer ungeklärt. Vermutlich fertigte man sie erst einige Zeit nach 1680, da sie bei der Abrechnung des Umbaus von 1678/80 nicht aufgeführt wurden.

Die ehemalige Kaiserburg blieb bis zur Eingliederung des reichstädtischen Territoriums in das junge Königreich Bayern 1806 Pflegamtssitz. Der bayerische Staat ist bis heute Eigentümer der Anlage, die im 19. und 20. Jahrhundert den Justizbehörden Raum bot und seit 1985 von der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg genutzt wird. Vor allem der Einbau von neuen Innenwänden und Decken um 1810 und um 1862 sowie der Umbau von 1900 bis 1903, der neue Treppenhäuser  bescherte, führten zu gravierenden Verlusten an gotischer Bausubstanz. Das Abschlagen des prachtvollen gotischen „Chörleins“ am Kaisersaal 1856 kann nur als ein Akt von Kulturbarbarei bezeichnet werden.

Die besondere landesgeschichtliche Bedeutung und der große kunsthistorische Wert der Kaiserburg wurden erst spät angemessen gewürdigt. Die Arbeiten von Wilhelm Kraft und Wilhelm Schwemmer waren bis vor kurzem die wichtigsten Veröffentlichungen zur Burggeschichte. Seit Ende der 1980-er Jahre fanden mehrere Bauforschungen in Teilbereichen statt, die zahlreiche neuere Erkenntnisse erbrachten. Schließlich beschäftigten sich Tagungen der Deutschen Burgenvereinigung 1995 und der Wartburg-Gesellschaft zur Erforschung von Burgen und Schlössern im Jahr 2003 mit internationaler Beteiligung mit der Burg Lauf.

Quellen


StAAm OPf. Registraturbücher Nr. 56, fol. 20, 42.

StAN Rst. Nbg., Landpflegamt, Pflegamt Lauf, S I, L 407, Nr. 141. Reg. v. Mfr., Plansammlung I, Mappe IX, Nr. 97-114.

Böhmisches Salbuch, S. 123.

Giersch, Robert: Archivalien zur älteren Baugeschichte der Burg Lauf an der Pegnitz. Transkription der wesentlichsten Archivalien aus dem Staatsarchiv Nürnberg. Unveröff. Dokumentation zur Begleitung der Bauforschung für das Staatliche Hochbauamt Nürnberg. Stand März 2004.

NUB Nr. 317.

Literatur


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Giersch, Claus: Untersuchungsberichte zu restauratorischen Untersuchungen für das Staatliche Hochbauamt Nürnberg 1990-2004. Unveröff. im BLfD.

Glückert, Ewald: Burgen, Schlösser, Herrensitze. Wehr- und Herrschaftsbauten im Stadtgebiet von Lauf a. d. Pegnitz (= ZeitenLauf Bd. 5). Lauf 2005, S. 6-20, mit Kupferstich von J. A. Boener von 1702.

Großmann, G. Ulrich et al. (Hg.): Burg Lauf a.d. Pegnitz. Ein Bauwerk Kaiser Karls IV. (= Forschungen zu Burgen und Schlössern Sonderband 2). Nürnberg 2006.

Kraft, Wilhelm / Schwemmer, Wilhelm: Kaiser Karls IV. Burg und Wappensaal zu Lauf (= Schriftenreihe der ANL Bd. 7). Nürnberg 1960.

KDM Lauf, S. 204-238, mit zahlreichen historischen Abbildungen und Fotografien.

Pfeiffer, Gerhard: Die Offenhäuser der Reichsstadt Nürnberg. In: JffL 14 (1954), S. 160.

Rebmann, August: Der Wappensaal in Lauf. In: MANL 8 (1959), Heft 1, S. 1-10.

Schnelbögl, Fritz: Das „Böhmische Salbüchlein“ Kaiser Karls IV. über die Nördliche Oberpfalz 1366/68. München-Wien 1973.

Seibt, Ferdinand: Karl IV. Ein Kaiser in Europa 1346–1378. München 1978.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 615, mit Aquarell von Carl Käppel um 1840.

Voit, Pegnitz, S. 221-224.

Zelenka, Ales: Der Wappenfries aus dem Wappensaal zu Lauf. Passau 1976.


Abbildung

Blick auf die ehemalige Kaiserburg von Süden. Aufnahme 2003 (Rg).

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