Unterbürg

  • Herrensitz, ehemalige Wasserburg
  • Unterbürger Straße 26
  • Stadt Nürnberg


Nach Laufamholz nannte sich im 13. Jahrhundert ein bedeutendes Reichsministerialengeschlecht, das vermutlich einst eine wichtige Rolle in der staufischen Administration in und um Nürnberg gespielt hatte. 1256 scheint es mit Heinrich und Ulrich von Laufamholz auf, wobei mehrere Forscher auf deren Abstammung von dem Reichsgutverwalter und Butigler Reimar von Mögeldorf hingewiesen haben [vgl. Mögeldorf]. 1273 wird als dritter Bruder Bruno von Immeldorf genannt [vgl. Immeldorf]. Das Geschlecht geriet vermutlich spätestens im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts zusehends in Konflikt mit den aufstrebenden Nürnberger Burggrafen. Die Laufamholzer wichen den Mächtigeren: Sie erwarben weitläufigen Besitz im Steigerwald; um 1333/34 erhielten sie das Dorf Obermelsendorf nordöstlich von Schlüsselfeld als Würzburger Lehen, 1346 wird dort ausdrücklich eine Burg („castrum Melsendorf“) genannt. Zuletzt standen sie in Diensten des Hochstifts Bamberg. In Mögeldorf behielten sie jedoch Lehenrechte bis zu ihrem Aussterben 1568 [vgl. Mögeldorf VI].

Als Stammsitz der Laufamholzer kommt trotz des Widerspruchs von Friedrich August Nagel [vgl. Oberbürg] nur die Unterbürg in Frage. Der mächtige steinerne Turm mit einer Mauerstärke von 1,7 Metern, der seit 1453 immer wieder eigens erwähnt wird, dürfte ursprünglich von ihnen erbaut worden sein. Wie lange die Unterbürg noch im Besitz der Laufamholzer blieb, ist nicht bekannt; bei der ersten urkundlichen Erwähnung 1363 gehörte sie ihnen schon nicht mehr. In diesem Jahr räumte Leupold Groß, ein Sohn des berühmten Reichsschultheißen und Stifters des Heilig-Geist-Spitals Konrad Groß, der Reichsstadt über sein „stainhaus ze Lauffenholtz in dem weyer gelegen“ das Öffnungsrecht im Kriegsfall ein. Etwa neun Jahre später veräußerte er die reichslehnbare Wasserburg an den Nürnberger Bürger Ulrich Groland. Dieser wurde daraufhin von Kaiser Karl IV. 1372 mit dem „Steinhaus zu Laufenholz“ mitsamt allen Häusern und Städeln, Äckern, Wiesen und Weihern belehnt.

1390 räumten Ulrich Groland und sein Sohn Hans d. Ä. der Reichsstadt wiederum das Öffnungsrecht über ihre „vesten Lauffenholtz“ ein. Nicht lange nachdem Ulrich Groland 1404 gestorben war (sein Grabstein ist in der Mögeldorfer Kirche erhalten), teilten 1407 seine beiden Söhne Hans d. Ä. und Hans d. J. Groland den Grundbesitz, nicht aber die Burg, mit der sie im selben Jahr von König Ruprecht gemeinsam belehnt wurden. Zwei Jahre später wurde offenbar der Grund um die spätere Oberbürg abgetrennt und fiel an Hans d. J.

Nach dem Tod Hans d. Ä. Groland gelangte die Unterbürg an seine drei Söhne Stephan, Sebald und Leonhard. 1434 (?) verkauften die beiden erstgenannten ihre Anteile an Leonhard Groland. Die mehrfach behauptete Zerstörung der Unterbürg im Ersten Markgrafenkrieg 1449 lässt sich nicht nachweisen. Dagegen spricht auch, dass 1453, als Leonhard Groland „die hoffrai[t]e, die behausung, den thurn und stadel zu Lauffenholz“ an Ortolf Stromer veräußerte, von irgendwelchen Kriegsschäden keine Rede war. In der Folgezeit waren die Besitzverhältnisse verworren. Gegen diesen Verkauf klagte nämlich Leonhard Grolands Tochter Anna (sie war mit Sebald Pfinzing von Lichtenhof vermählt) vor dem Landgericht; der Prozess soll erst 1475 durch einen Vergleich beendet worden sein.

Aber auch Agnes Gruber, die Witwe Hans Grolands (eines Sohnes Hans d. J.) und inzwischen mit Hans Volckamer verheiratet, behauptete, die Unterbürg von Leonhard Groland hergebracht zu haben. Tatsächlich wurde Hans Volckamer als Lehenträger seiner Frau 1467 mit der „Behausung zu Lauffenholz, die man nennet die Burg bey Megeldorf gelegen“, von Kaiser Friedrich III. belehnt. 1473 vermachte Agnes Volckamer diesen Besitz Jakob und Karl Holzschuher, den Söhnen ihrer Schwester Gerhaus. Er wird dabei beschrieben als „behawsung hoffhauß Stedell gertten zu lauffenholcz zum purgleins genant ob Egeldorff bey Nüremberg gelegen mit sambt dem holcz hinten an dem hofe gelegen genant das wedlach und den purckweir daran die behausung und der thurn stet zusambt dem grunt losen See“ nebst weiteren Hölzern, Weihern, dem unvererbten Bauhof und der Wiese im Baumgarten.

1482 kam es zu einem Vergleich: Ortolf und Leonhard Stromer (die Söhne des 1454 verstorbenen Ortolf Stromer), dann Anton und Ladislaus Derrer einigten sich mit Jakob und Karl Holzschuher, dass letztere ihre Gerechtigkeiten zu dem „Pürgles“ zu zwei Dritteln den Derrer und zu einem Drittel den Stromer überließen; die Derrer (die im selben Jahr vom Kaiser belehnt wurden) sollten ihnen dafür 500 Gulden zahlen, über die zwei Jahre später auch quittiert wurde. Die Stromer und Derrer waren Stiefbrüder, denn ihre gemeinsame Mutter Els Gruber (eine Schwester der schon erwähnten Agnes Volckamer und Gerhaus Holzschuher) war in erster Ehe mit Ortolf Stromer und dann mit Ladislaus Derrer vermählt, der 1477 starb.

1489 übernahm Ortolf Stromer den Lehenanteil seiner Bruders und verkaufte 1491 seine Rechte an die beiden Derrer. Die Brüder wurden noch 1491 vom Kaiser mit der Burg belehnt, die in den folgenden Jahrhunderten zum Stammsitz des Nürnberger Patriziergeschlechts wurde.

Lassla (Ladislaus) III. Derrer besaß sie von 1510 bis 1569. Im Mai 1552, im Zweiten Markgrafenkrieg, blieb die Wasserburg zwar vom Niederbrennen verschont, die feindlichen Truppen sollen jedoch das Inventar zerschlagen und einen Schaden von etwa 800 Gulden verursacht haben. Lasslas Bruder Balthasar Derrer, 1579 Losunger der Reichsstadt und noch im selben Jahr Reichsschultheiß, saß bis zu seinem Tod 1586 zu Unterbürg. Schließlich wurde 1595 seinem Sohn Balthasar d. J. Derrer erlaubt, im Ökonomiehof einen neuen Stadel zu bauen. Ausdrücklich sollte der Neubau an der Stelle errichtet werden, wo einst das alte, 1449 angeblich untergegangene Schloss gestanden sei. Diese Nachricht diente aber vermutlich nur dem Zweck, ein nicht vorhandenes Waldrecht zu behaupten. Das schließt nicht aus, dass dort früher schon einmal Gebäude existierten.

Die Wasserburg blieb bis 1706 mit den Derrer von Unterbürg verbunden. Mit Georg Veit Derrer starb das Geschlecht in diesem Jahr aus. Der Sitz kam an eine Erbengemeinschaft, an der die Witwe Barbara Katharina, geborene von Oelhafen, und die vier Töchter mit ihren Ehemännern teilhatten. 1716 saß der Jurist Dr. Johann Paul Endter auf der Unterbürg; er hatte die verwitwete Barbara Katharina Derrer geheiratet, die sich 1708 zunächst mit Johann Paul Heystein vermählt hatte. Ihre Tochter Maria Katharina heiratete 1735 Johann Pius Petz von Lichtenhof, während ihr Sohn (?) Johann Hieronymus Heystein, Obristleutnant der Nürnberger Stadtgarde, 1770 Clara Sabina Petz von Lichtenhof (1739–1817) zur Frau nahm. Nach Heysteins Tod (1789) ehelichte die Witwe ihren Vetter Georg Christoph Petz (1755–1802), des Johann Pius älteren Bruder, der 1793 vom Kaiser mit der Unterbürg belehnt wurde. 1802 brachte sie den Besitz ihrem dritten Ehemann zu, dem preußischen Generalmajor Christian von Randahl (1750–1826). Über die Familien Lambeck, Schildknecht und einige Spekulanten kam er schließlich 1885 an den Spediteur Heiling.

Unter Heiling erlebte der historische Baubestand gravierende Verluste, da der Käufer wenig einfühlsam mit ihm umging. Nach 1885 wurde die Wasserburg unter Verwendung neogotischer Stilelemente umgebaut und den damaligen Wohnansprüchen angepasst, die Weiheranlage aufgefüllt und zu einem Garten umgewandelt. Bereits im frühen 20. Jahrhundert wurde nach einer Besichtigung festgestellt, dass das Gebäude „im Innern seines Denkmalwertes ... vollkommen beraubt worden“ sei. Man hatte die mittelalterlichen Schlitzfenster zu großen Fensteröffnungen geweitet und eine „überaus hässliche sinnlose Steintreppe mit Eisengeländer“ ein- und eine gusseiserne Altane angebaut. Es ist aber nicht auszuschließen, dass eine erste historisierende Überformung bereits um 1840 stattgefunden hatte. Immerhin hatte sich Karl Alexander Heideloff in seiner Nürnberger Zeit zumindest zeichnerisch mit der Unterbürg beschäftigt.

Kern des Ansitzes blieb aber trotz der Heilingschen Veränderungen der vielleicht noch im 13./14. Jahrhundert entstandene Wohnturm (er könnte mit dem 1363/72 genannten „Steinhaus“ identisch sein), der bereits 1563 mit spitzem Zeltdach und vier Scharwachttürmchen bildlich bezeugt wird. Der Ansitz wurde schon 1453 und 1473 als „Behausung und Thurn“ bezeichnet, 1504 als „guter wassersitz“ und als „wassersitzlein mit einen thurn“ zu der „Unntern Purg“. In den 1590-er Jahren war dann auch schon der viergeschossige, unmittelbar an den Turm angefügte Wohnbau vorhanden. Auf älteren Darstellungen wurde er noch als Fachwerkbau auf massivem Sockelgeschoss und mit Walmdach dargestellt. Die Abbildungen des 17. und 18. Jahrhunderts zeigen ihn dann mit Giebelwand und mit verputzten oder massiven Fassaden. Es muss demnach in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts zu einem größeren Umbau gekommen sein. Dass sowohl Georg Adam als auch Georg Christoph Wilder den Wohnbau nach 1805 wieder mit Walmdach überliefern, weist auf eine weitere Veränderung des Dachwerks hin.

Noch im 18. Jahrhundert bot der Ansitz trotz der frühneuzeitlichen Umbauten den Anblick einer mittelalterlichen Wasserburg. Eine Zugbrücke ermöglichte den Zugang zum Hauptgebäude. Der Vorhof war mit zwei Toranlagen und einer Wehrmauer gesichert. Innerhalb des Mauerrings waren Nebengebäude gruppiert: ein bewohnbares Torhaus am oberen Tor, das Schlossbauernhaus, eine Wagenremise, zwei Scheunen, ein Gärtnerhaus mit angebauter Schupfe, ein Tagelöhnerhaus, ein Zinshaus, Stallungen, Schweineställe und ein Backhaus. Auch die Vorburg lag innerhalb der Weiheranlage, wobei ein befahrbarer Damm den Zugang gewährleistete. Der im Zweiten Weltkrieg untergegangene große Schloss-Stadel stand im nordöstlichen Eck des Vorhofes und wurde einmal als „besonderes Schmuckstück der Landschaft“ bezeichnet.

Wie durch ein Wunder überstand der Herrensitz den Zweiten Weltkrieg, wenn auch mit schweren Schäden, während die unmittelbar benachbarten Wirtschaftsgebäude und die nahe Oberbürg weitgehend zerstört wurden. Lange Zeit prägte ein Notdach das äußere Erscheinungsbild des Turms, bis die Unterbürg nach einem Besitzerwechsel 1990 restauriert wurde und als Rekonstruktion die alte Dachform und die Scharwachttürmchen wieder zurückerhielt.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Handschriften Nr. 323. Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 860.

StadtAN E 10/21 Nr. 83 I, 92, 117.

GNM-A Heideloff-Nachlass I C Nr. 723.

Gatterer, Johann Christoph: Historia genealogica dominorum Holzschuherorum. Nürnberg 1755, Codex diplomatum et documentorum Nr. 169*, 175*, 179*.

Gelegenhait, Nr. 686, 1852.

Hoffmann, Hermann: Das älteste Lehenbuch des Hochstifts Würzburg 1303–1345. Würzburg 1972, Nr. 3035.

Ders.: Das Lehenbuch des Fürstbischofs Albrecht von Hohenlohe 1345–1372. Würzburg 1982, Nr. 389.

Müllner I, S. 362.

NUB Nr. 364.

Pfalzgr. Reg. II, Nr. 4794.

Literatur


KDM Stadt Nürnberg, S. 376.

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Stadtlexikon Nürnberg, S. 1121 f, mit Radierung von J. A. Boener um 1700.

Will, Georg Andreas: Der Nürnbergischen Münz-Belustigungen Vierter Theil. Nürnberg 1767, S. 224-226.

Wittek, Ansgar: Der Nürnberger Vorort Laufamholz. Nürnberg 1984, S. 19-30, 44-62.


Abbildung

Ansicht der Unterbürg von Nordwesten, kolorierte Zeichnung von J. C. Bankel 1903 (StadtA Lauf)

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