Utzmannsbach

  • Herrensitz
  • Utzmannsbach 1
  • Gemeinde Simmelsdorf
  • Landkreis Nürnberger Land


Nach einer dendrochronologischen Untersuchung der Spunddecken im Erdgeschoss soll eine derselben und damit der Kern des Herrenhauses auf die Jahre 1374/75 zurückgehen. Es entstand neben einem Hammerwerk, das noch im 14. Jahrhundert Eberhard von Winterstein von den Herren von Wildenstein, damals einem der einflussreichsten Geschlechter nördlich der Pegnitz [vgl. Rothenberg, Strahlenfels, Wildenfels], zu Lehen empfangen hatte. 1414 erwarb der Sohn Lorenz Wintersteiner von Hans I. Wildensteiner auch dessen Halbteil der Lehnsherrschaft über das Hammerwerk, Utzmannsbach wurde also zur Hälfte freies Eigen. 1437 geriet der junge Wintersteiner jedoch in eine wirtschaftliche Notlage, die ihn zum Verkauf der erstmals ausdrücklich genannten „Behausung“ und des Hammers an Hans III. von Wildenstein zwang, der ohnehin bereits die von seinem Vater Heinrich IX. ererbte halbe Lehnherrschaft über Utzmannsbach besaß.

Der Wildensteiner veräußerte Sitz, Hammerwerk und Zubehör bereits 1442 an Philipp Hiltpoltsteiner zu Hüttenbach [vgl. Hüttenbach, Winterstein], der den Hammermeister Contz Schwarzkopf mit dem Hammerwerk belehnte. 1446 erwarb das Nürnberger Augustinerkloster das Lehngut, trennte sich jedoch schon 1450 wieder davon; es behielt sich aber eine Eigenschaft (also den Anspruch auf einen jährlichen Grundzins) von 20 Gulden vor. Käufer war der Nürnberger Bürger und Montanunternehmer Linhard Groland d. Ä., der bereits über den Ansitz im nahen Diepoltsdorf verfügte [vgl. Diepoltsdorf I, Unterbürg]. Er vererbte Sitz und Hammerwerk 1468 seinem Sohn Bartholomäus Groland. Durch die Heirat mit der Tochter Grolands kam das Hammergut an den Nürnberger Bürger Jörg Peßler, der 1506 kinderlos verstarb. Der Erbfall an Stephan Peßler wurde vom noch lebenden Bartholomäus Groland bestritten, doch erst der Sohn, Linhard d. J., konnte den Herrensitz und den Hammer 1511 wieder in Besitz nehmen.

Linhard d. J. Groland starb 1521. Er hinterließ das Gut seiner Witwe Katharina und den Kindern. Katharina Groland heiratete 1523 in zweiter Ehe Sebald Rech [vgl. Rechenberg], der den Besitz noch 1525 verwaltete. Der Hammer sowie der Herrensitz wurden als Lehen an den Nürnberger Bürger Michael Hübner vergeben, der ihn vor 1530 seinem Stiefsohn Stephan Kanler und dessen Ehefrau Helena veräußerte. Kanler zählte zu den engagiertesten Montanunternehmern der Reichsstadt und betrieb auch den großen Messinghammer bei Laufamholz [vgl. Hammer] und mehrere weitere Hammerwerke im reichsstädtischen Territorium. In die Zeit Kanlers fällt ein weitgehender Umbau des Herrenhauses unter dem reichsstädtischen Werkmeister Jörg Weber [vgl. Velden], der laut dendrochronologischer Analyse um das Jahr 1535/36 stattfand und vor allem dem Gebäude ein neues Dachwerk bescherte. Vor 1548 übergab Stephan Kanler das Lehengut seinem Sohn Hans, der beim Herrenhaus ein „lustgärtlein“ anlegte und es mit einer Mauer einfriedete.

Zwar zählte der Utzmannsbacher Herrensitz zu den wenigen Gütern, die den verheerenden Zweiten Markgrafenkrieg 1552/53 offenbar ohne Schäden überstanden, der Familie Kanler ging er jedoch durch einen Konkurs 1574 verloren. Er geriet weit unter Wert an den Gläubiger Christoph Lang, der ihn 1584 an die Nürnberger Montangesellschaft Flentz & Tramel verkaufte [vgl. Weiherhaus am Dutzendteich]. Hans Flentz und Hans Tramel vererbten Utzmannsbach an ihre Söhne. Zuletzt fiel das Gut an die Erben der Töchter, die sich gegen Ende des 30-jährigen Krieges um den Besitz stritten. Um 1653 wurde er dem Enkel Johann Philipp Kob zugesprochen. Nach dessen Tod wurde 1690 sein Stiefsohn Johann Philipp Wurzelbaur bzw. von Wurzelbau (1651–1725), der berühmte Astronom [vgl. Kontumazgarten], Besitzer und mit dem Gut belehnt. Lehnsherr war mittlerweile die Tuchersche Familienstiftung. Ihre Rechte gingen auf Sebald Tucher zurück, der 1609 Katharina Holzschuher, Enkelin der Katharina Groland, geheiratet hatte.

Johann Philipp von Wurzelbau überließ 1693 seine Güter dem Neffen Johann Daniel van Lierd, der dann auch (als Lehenträger seiner Mutter) mit Utzmannsbach belehnt wurde [vgl. Mögeldorf IV, Schniegling II]. 1709 musste der Neffe, dessen Geschäfte stark nachgelassen hatten, sein Lehngut an den Nürnberger Salzhändler Paul Hackenschmied verkaufen. Der überließ die Nutzung seiner Schwägerin Felicitas von Ach. Nach Streitigkeiten mit dem Lehnsmann und weil dieser zu viele Schulden angehäuft hatte, kaufte die Tucher-Stiftung nach kurzer Zeit das Gut zurück und behielt es mehrere Jahrzehnte für sich. Nach einem kurzen Pachtverhältnis wurde es nach 1792 an den Nürnberger Kaufmann Johann Wilhelm Kirchdörfer veräußert. 1836 erwarb schließlich der Fürther Spiegelglasfabrikant Berlin die Liegenschaft, um im Hammer eine Glasfabrik zu etablieren. Er ließ auch die Befestigungen abbrechen und den Wassergraben auffüllen. Erst 1913 veräußerte die Familie Berlin den Besitz an die Familie Lautenschlager. 1958 wurde schließlich das Deutsche Jugendherbergswerk Eigentümer und richtete eine Jugendherberge ein, was leider zu erheblichen Bestandsverlusten führte. Gegen Ende der 1970-er Jahre wurde sie aufgelöst und das Schloss an die Familie Alberti verkauft, die es 1979/80 einer Renovierung zuführte.

Das dreigeschossige Herrenhaus geht auf einen in der Grundfläche fast quadratischen, massiven Wohnturm zurück, der schon 1468 als „steinhaus“ bezeichnet und im 18. Jahrhundert durch einen zweigeschossigen Anbau nach Norden verlängert wurde. Die Giebelscheiben aus Fachwerk sind verputzt und gehen auf den Umbau um 1536 zurück. Die in verschiedenen Varianten präsentierten Ansichten von angeblich 1612 (übrigens mit dem zeitlich unpassenden Wappen der von Lierd!) müssen, da es sich um irreführende Machwerke des 20. Jahrhunderts handelt, als Quelle für den damaligen Bauzustand ausscheiden. Das gilt nicht nur für die Dachdeckung mit Schiefer, die sicher erst aus dem späten 19. Jahrhundert stammt, sondern auch für die nachträglich angesetzten Strebepfeiler, die wohl die ungenügende Gründung der Bruchsteinkonstruktion ausgleichen sollten. Der erdgeschossige Eingang sowie die regelmäßige, auf Symmetrie bedachte Anordnung der vermutlich erst später vergrößerten Fenster auf der Ostseite dürften ebenfalls erst dem 18. oder 19. Jahrhundert angehören.

Dagegen existierte noch bis zur Einrichtung der Jugendherberge 1958 der alte Hocheingang an der Westseite. Im Inneren des Hauses haben sich zum Teil spätmittelalterliche Spunddecken erhalten, darunter eine auf 1374/75 datierte im Erdgeschoss. Im zweiten Obergeschoss findet sich der ehemalige Saal, der über die Hälfte der Geschossfläche einnahm. Er wird von einer Spunddecke, deren Last von zwei Stützen und einem durchlaufenden Unterzug aufgenommen wird, überspannt. Der Raum wurde im 19. Jahrhundert durch den Einbau einer Innenwand verkleinert.

Literatur


Alberti, Volker: Herrensitz Utzmannsbach. In: MANL 36 (1987), Sonderheft Nr. 33.

Ders.: Baudatierung des Herrensitzes in Utzmannsbach – 1374/75 und 1535. In: Voit, Gustav / Stark, Heinz / Alberti, Volker: Burgen, Ruinen und Herrensitze der Fränkischen Schweiz. In: MANL 46 (1997), Sonderheft Nr. 45, S. 70-95.

KDM Lauf, S. 502 f, jedoch falsch beschrieben.

Ritter, Ernst: Eisenhämmer der Oberpfalz. Unveröff. Manuskript im StAAm.

Ruthrof, Renaissance, S. 29, 35 f.

Voit, Gustav: Wildenfels. In: MANL 33 (1984), Sonderheft Nr. 31, S. 18.


Abbildung

Blick vom südlichen Ortseingang auf das im Naifertal liegende Herrenhaus, 2006 (Rg)

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