Schniegling III

  • Herrenhaus, „Serzsches Schloss“
  • Schnieglinger Straße 229
  • Stadt Nürnberg


Das Herrenhaus besteht im Kern aus dem Sommerhaus des Nürnberger Kaufmanns Daniel Besserer von 1669 [vgl. Schniegling II]. Besserer hatte den Garten mit den Ruinen zweier 1632 zerstörter Gartenhäuser von seinem Schwiegervater, dem Weinhändler Pankraz Pilgram erworben. Vor dem 30-jährigen Krieg war das Gartenanwesen, möglicherweise ein Ausbruch aus dem großen Sitzingerschen Hammergut, in der Hand des Andreas Grünschneider gewesen und dann über die Familie Lanzinger an Pilgram gekommen.

Über die Familie Hilling und den Kaufmann Johann Anton Ballador gelangte das Sommerhaus 1724 an den Kaufmann und Marktadjunkten Heinrich Krochmann, der noch in diesem Jahr mit einem Erweiterungsbau begann. 1732 erfolgte ein zweiter großer Umbau, der die heutige Kubatur schuf. 1737 begründete Krochmann auf seinem Sitz eine Schnupftabakfabrik, die zum Teil in den Räumen des Schlosses etabliert wurde. 1739/41 wurde die Fabrikation auf dem Gartengelände bedeutend erweitert. Die mit der Hofkammer in München vereinbarte Gründung einer Tabakfabrik zur zentralen Versorgung des kurbayerischen Tabakmonopols rief 1741 den Widerstand des Fürstentums Brandenburg-Ansbach hervor (das die Landeshoheit in Schniegling beanspruchte), was sogar zu einer Besetzung und mutwilligen Beschädigung des Anwesens durch ein markgräfliches Kommando führte.

Heinrich Krochmann hatte zu Lebzeiten eine Familienstiftung gegründet, die nach seinem Tod jeweils der älteste männliche Nachkomme verwalten sollte. Dementsprechend wurde kurz vor 1750 sein Sohn Johann Jakob Krochmann Administrator. Da der Sohn noch 1750 verstarb, fiel das Gut dem jüngeren Bruder Johann Christoph zu, der ebenfalls nicht alt wurde. Daraufhin entbrannte ein erbittert geführter Erbschaftsprozess zwischen den Witwen. Erst ein Vergleich des Stadtgerichts sprach 1769 das Erbe der Anna Susanna, Tochter des Johann Christoph Krochmann, zu. Die Erbin heiratete Johann Albrecht Edlen von Serz, woraufhin der Name Serzsches Schloss üblich wurde.

Die Familie von Serz war äußerst wohlhabend und betrieb neben anderen Unternehmen in Österreich eine Eisen- und Stahlfabrik. Nach Anna Susannas Tod 1777 brach der Streit abermals los, endete zwar mit einer Besitzübergabe an ihren Sohn Nicolaus Christoph Albrecht von Serz, der jedoch um 1795 auf einer Ostindienreise ums Leben kam. Die Familienstiftung wurde daraufhin aufgelöst und der Besitz den Geschwistern gemeinsam übergeben. Eine Schwester hatte den Kaufmann Heinrich Paul Wolfgang Günther geheiratet [vgl. Gleißhammer II], der im frühen 19. Jahrhundert als Mitbesitzer aufscheint.

Heinrich Krochmanns Enkel Johann Wolfgang Albert von Serz starb in hohem Alter 1855 als letzter der Besitzgemeinschaft. Seine Erben verkauften den Familienbesitz 1856 an Louis Vetter und den Dooser Müllermeister Johann Adam Förster. Nach einer Zertrümmerung des Gutes behielt der aus Ansbach stammende Vetter den Herrensitz für sich und begründete dort die bekannte Schnieglinger Metallkapselfabrik. Die Krochmannsche Tabakfabrik und die sehr repräsentativen Serzschen Gartenanlagen fielen im Laufe des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts der kontinuierlich erweiterten Kapselfabrik zum Opfer. Das von Louis Vetter gegründete Unternehmen entwickelte sich zu einem international bekannten Hersteller von Flaschenkapseln, Tuben, Hülsen und Façondeckeln. Das Herrenhaus war bis zur Stilllegung der Fabrik in den 1990-er Jahren mit Büroräumen und Mietwohnungen belegt. 1913 war das Dachwerk des Herrenhauses bei einem Brand zerstört und mit einer neuen, einfacheren Konstruktion versehen worden. Das Uhrtürmchen und das Serzsche Familienwappen im Dreiecksgiebel wurden nicht wieder hergestellt.

Das Herrenhaus ist ein über 42 Meter langer, zweigeschossiger Bau aus Sandsteinquadern, der mit einem Walmdach überdeckt wird. Im östlichen Obergeschoss hat sich ein Saal mit einer sehr qualitätvollen bemalten Stuckdecke erhalten. Die Decke ist zudem als Muldengewölbe (Bohlen-Lamellen-Gewölbe) ausgebildet, das glücklicherweise das Brandunglück von 1913 überstanden hat. Das Gebäude weist auch barocke Innenwände aus Fachwerk und Spunddecken auf. Dendrochronologische Analysen bestätigten die Baumaßnahmen von etwa 1669 und 1732.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Sebaldi I Nr. 354.

StadtAN E 1/1904; E 9/564.

Literatur


Giersch, Robert: Das Sitzingersche Hammergut und das Krochmann-Serzsche Schloss zu Nürnberg-Schniegling. In: MANL 54 (2005), Heft 1, S. 12-30, mit Abbildungen des 18. und 19. Jahrhunderts.

KDM Stadt Nürnberg, S. 476 f.

Mulzer, Vorstädte, S. 99-101.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 1140.


Abbildung

Ansicht des Herrenhauses von Nordosten noch vor dem Brandunglück, Fotografie: F. A. Nagel 1910 (StadtMN)

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