Schwaig

  • Herrensitz, „Schwaiger Schloss“
  • Schlossplatz 1
  • Gemeinde Schwaig bei Nürnberg
  • Landkreis Nürnberger Land


Auf einem alten Zeidelmuttergut des Reichswaldes entstand auch in Schwaig im 16. Jahrhundert ein Herrensitz. Die Erkundung der Landschaft um Nürnberg, die der Rat der Reichsstadt vor dem Ausbruch des Landshuter Erbfolgekrieges 1504 befohlen hatte, stellte im Dorf Schwaig noch keinen Herrensitz fest. Nürnbergs Chronist Johannes Müllner berichtete im frühen 17. Jahrhundert etwas vage, dass das Gut „vor Alters“ den Grundherr und dann den Ebner gehört hätte, bevor es an den Nürnberger Bürger Hanns Dietz gegangen sei. Diesem genehmigte die Reichsstadt im März 1545 dann nachweislich eine Erweiterung des demnach schon bestehenden Herrenhauses. Der Bauherr, der im Erdgeschoss einen Stall einrichten lassen wollte, sollte sich „oben darauff ein stuben machen“ dürfen, vielleicht in Höhe des ersten Dachgeschosses. Doch sollte es bei der Aufstockung des Gebäudes bleiben: eine Erweiterung der Grundfläche wurde ebenso untersagt wie die Heizbarmachung weiterer Stuben.

1557 war Paulus Lengenfelder Besitzer des Herrenhauses, das in keinen Nürnberger Schadenslisten von 1553 aufscheint und daher den Zweiten Markgrafenkrieg weitgehend unbeschadet überstanden haben dürfte. Ihm folgte die Tochter, die einen Jorg Schultheiß heiratete. Dieser musste sich 1559 verpflichten, bauliche Veränderungen am „Sitz oder Herrenhaus“ in Schwaig nur mit Zustimmung des Nürnberger Rats vorzunehmen und ihn im Fall der Veräußerung an einen dem Rat genehmen Bauersmann (!) zu verkaufen. Schultheiß veräußerte den Sitz indessen schon 1563 an Endres Melfuhrer. Ihm folgte 1576/77 Marx Kötzler und 1580 Joachim und Susanna Weyermann. Mit der Heirat der Weyermannschen Tochter erbte Hans Christoph Gugel um 1589 den Besitz. Das offenbar noch recht bescheidene Herrenhaus war damals erheblich „pußwürdig“ und zudem „unbequem“ in der Bewohnung, sodass Gugel 1590 einen Umbau plante. Dabei sollten auch zwei größere Erker und drei Gauben abgebrochen und durch vier Türmchen an den Ecken ersetzt, im Osten ein neuer Abort errichtet werden.

Hans Christoph Gugel und seinem Schwiegersohn Johann Christoph Hardesheim (1575–1620) folgte zu Beginn des 30-jährigen Krieges Paulus Ayrer, der Hardesheims Witwe geheiratet hatte. Er ließ 1626 ein Nebengebäude errichten, in dem eine Viehstallung und ein Backofen Platz finden sollten. Wenig später ver­kaufte Ayrer dann an Ludwig Dietherr von Anwanden (1588–1632). Wohl um 1632/34 wurde der Herrensitz Opfer der Kriegsfurie. Die späteren Besitzer, Ludwigs Sohn Johann Georg Dietherr (1625–1700) sowie sein (Schwipp-) Schwager Jacob Fetzer (beide hatten Töchter des Johann Christoph Hardesheim geheiratet), berichteten 1666, dass ihr Gut im Krieg „den mehrern theil ruiniret“ und hernach im Rahmen ihrer bescheidenen Möglichkeiten repariert worden sei. Vermutlich war die Wiederherstellung eher provisorisch erfolgt, denn 1667 sollte eine größere Instandsetzung beginnen, für die bis zu 170 Stämme Bauholz aus dem Reichswald erbeten wurden. Der nächste große Umbau fand unter der Familie Dietherr 1708 statt, der diesmal die 1545 noch verweigerte Erweiterung der Grundfläche mit sich brachte. Dieser Umbau dürfte das heutige Erscheinungsbild des Herrenhauses erheblich geprägt haben.

Johann Christoph Dietherr, Johann Georgs Sohn, starb 1709 als letzter seiner Linie [vgl. Erlenstegen VII]. Die Erbrechte lagen bei den Töchtern, wobei nach einer Einigung schließlich Sabina Dorothea mit ihrer Heirat mit Christoph Jacob Waldstromer 1727 den Sitz Schwaig übernahm. Das Ehepaar ließ 1731 Wirtschaftsgebäude erneuern. 1747 waren der Westgiebel des Herrenhauses sowie Teile der beiden Fachwerkobergeschosse und des Treppenturms durch Feuchtigkeitsschäden baufällig. Die Handwerker lösten das Problem, indem sie das Gebälk auswechselten und die westliche Fachwerkfassade mit Flachziegeln (Biberschwanzziegel) verblendeten. Bereits 1752 offenbarten sich die Nachteile dieser Aktion: Größere Teile des Fachwerks waren wegen der Verblendung inzwischen völlig verfault, sodass sich Christoph Jacob Waldstromer entschloss, das erste und zweite Obergeschoss hier durch massive Außenwände zu ersetzen. In diesen Jahren wurde wohl auch im Innern modernisiert, wovon die noch erhaltenen Rokoko-Stuckdecken zeugen.

Unter Christoph Wilhelm Waldstromer, der den Sitz Schwaig 1766 geerbt hatte, folgten ab 1799 weitere umfangreiche Renovierungsmaßnahmen. Es wurden nicht nur Mängel an der festen Ausstattung des Herrenhauses beseitigt, sondern auch in den Stallungen, im Stadel, am Voit- und am Gärtnerhaus sowie an drei weiteren Zinshäusern im Besitz der Herrschaft.

Christoph Wilhelm, der 1804 bis 1806 als letzter Nürnberger Reichsschultheiß amtiert hatte, starb 1810 und hinterließ den Schwaiger Besitz dem Sohn Carl Alexander Waldstromer, der 1814 in die bayerische Adelsmatrikel eingetragen wurde. Mit dessen Sohn Christoph Carl Alexander erlosch 1844 eines der ältesten Nürnberger Geschlechter für immer. Das Schwaiger Schloss ging in bürgerliche Hände über und war lange im Besitz der Familie Riegel. Der dreigeschossige Massivbau mit dem südlich angefügten Treppenturm kam 1952 an die evangelische Kirchengemeinde, die in der Erdgeschosshalle einen Kirchensaal einrichtete. 1972 übernahm die Gemeinde Schwaig das Anwesen, das erst vermietet, dann um 1992 renoviert und für kulturelle Zwecke eingerichtet wurde.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 511. Rst. Nbg., Waldamt Sebaldi II Nr. 185. Kataster Schwaig Nr. 4, 11.

Gelegenhait, Nr. 681, 1128, 1847.

Müllner I, S. 364.

Literatur


Deliciae II, S. 86.

KDM Landkreis Nürnberg, S. 64.

Pfeiffer, Gerhard: Die Offenhäuser der Reichsstadt Nürnberg. In: JffL 14 (1954), S. 172.

Ruthrof, Renaissance, S. 44 f.

Schötz, Hartmut / Töpner, Kurt: Vergangenheit hat Zukunft – Denkmalprämierung des Bezirks Mittelfranken 1995. Bergatreute 1995, S. 12.


Abbildung

Ansicht des Herrenhauses von Südost, Aufnahme 2006 (Rg).

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