Thumenberg

  • Abgegangener Herrensitz (1896 abgebrochen)
  • Erlenstegen/Platnersberg
  • Stadt Nürnberg


Der Ansitz Thumenberg entstand in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf einer Anhöhe, nach dem dort wachsenden Kün- oder Kienschroten (Wacholder) Kunschrottenberg genannt. Ältere Nachrichten, die vor allem auf die Aufzeichnungen des Friedrich von Kordenbusch zurückgehen und nach denen bereits die Groland oder der kaiserliche Rat Lorenz Stauber/Staiber [vgl. Erlenstegen VIII] hier einen Sitz errichtet haben sollen, treffen nicht zu. Der Bericht zur Erkundung der Landschaft, vor Ausbruch des Landshuter Erbfolgekriegs 1504 durchgeführt, erwähnt den Kunschrottenberg nicht einmal. Stauber hatte wahrscheinlich 1532 lediglich einen „Sandberg“ von der Familie Groland erworben, um einen Weinberg anlegen zu können. Doch bereits 1533 vertauschte Stauber den „ort pergs so mit holz bewachsen ist“ an den Montanunternehmer Jörg Thum.

Erst dieser habe, so hielt der reichsstädtische Landschreiber Bonifatius Nöttelein um 1560 fest, die öde Höhe von Stauber gekauft, um dort um 1545 (nach anderen Quellen schon 1534) einen „sitz auf ein lustige höhe, eins ackers, [zu] erpawen und darum der Thumenberg genannt“. Der Unternehmer hatte sehr erfolgreich Kapital in ein Bergwerk in Joachimstal im Erzgebirge investiert und mit dem Neubau, wie Nöttelein anmerkte, seinen wirtschaftlichen Erfolg auch „wollen sehen lassen“.

Nach dem Tod des Jörg Thum wurde der repräsentative Herrensitz 1551 an den reichen Kaufmann und Güterhändler Bonaventura von Furtenbach, den Inhaber der Herrschaft Reichenschwand, verkauft [vgl. Mühlhof, Oberbürg, Reichenschwand, Schoppershof]. Schon ein Jahr später, im Zweiten Markgrafenkrieg, schlug der Markgraf sein Hauptquartier angeblich auf dem Thumenberg auf. Bei seinem Abzug hinterließ er ein verwüstetes Herrenhaus, wobei die Behebung der Schäden bis 1557 immerhin 800 Gulden gekostet haben soll. Damals beantragte Furtenbach ein zusätzliches Feuerrecht und verpflichtete sich, den Besitz nur an einen Nürnberger Bürger zu verkaufen.

1561 wurde der Thumenberg zusammen mit dem Herrensitz in Schoppershof dem Goldschmied Jacob Hofmann veräußert [vgl. Rummelsberg, Schoppershof]. Anfang der 1570-er Jahre verkauften die Nachfahren des 1564 verstorbenen Goldschmieds an Heinrich Reutter. Auf dem Nürnberger Rundprospekt von 1577/81 ist der dreigeschossige Sitz deutlich zu erkennen. 1590 gelangte er an Leonhard Dilherr, der, weil ihm männliche Nachkommen fehlten, den Thumenberg einer Dilherrschen Familienstiftung zuführte. Die bald darauf geplanten baulichen Erweiterungen wurden jedoch vom Waldamt Sebaldi untersagt, woraufhin ein längerer Streit mit dem Bauherrn entbrannte. In diesem Zusammenhang wurde Nürnbergs bekannter Kartograph Paulus Pfinzing zur Anfertigung eines Lageplans zum Thumenberg entsandt. Einen besonderen Anstoß erregte Dilherrs eigenmächtiger Umbau eines Nebenhauses zu einer Kapelle, auf die er trotz eines Verbots sogar noch ein Glockentürmchen setzte. Angeblich hat sich der Bauherr aber nicht durchsetzen können, sodass die Kapelle wenig später zu einem Sommerhaus umgebaut wurde.

Das Schloss blieb für Generationen dem Geschlecht der Dilherr erhalten, das sich seit dem frühen 17. Jahrhundert auch nach Thumenberg nannte. Auf Leonhard Dilherr folgten 1603 als Administrator sein Neffe Magnus III. Dilherr und dessen Nachfahren Johann Erasmus 1627 und Hans Ulrich 1654. Der schwedische König Gustav Adolf verhandelte im Juni 1632 auf dem Thumenberg mit den Abgesandten des Nürnberger Rates.

Johann Heinrich Dilherr von Thumenberg ließ 1728 ein Sommerhaus errichten. Einer Baunachricht von 1750 verdanken wir den Hinweis, dass das seit den 1590-er Jahren umstrittene Glockentürmchen auf dem Sommerhaus noch immer existierte. Bald darauf, 1758, erlosch das Geschlecht der Dilherr von Thumenberg mit dem Tod des 1688 geborenen Johann Paul im Mannesstamm. Noch im selben Jahr, in der Nacht zum 18. Dezember 1758, brach im Schlosshof ein Brand aus, der zwar das bereits als baufällig bezeugte Herrenhaus verschonte, jedoch einen Großteil der Neben- und Wirtschaftsgebäude vernichtete. Den Schaden trug Andreas Georg Volckamer von Kirchensittenbach, der 1755 Clara Friederica Regina Dilherr von Thumenberg geheiratet hatte.

Volckamer war es auch, der den ersten gravierenden Umbau des Herrenhauses durchführte und es barock überformen ließ. Lange unbeachtet gebliebene Feuchtigkeitsschäden am Dachwerk hatten bereits in den 1760-er Jahren für schwere statische Mängel gesorgt: Die nördliche Umfassungswand hing um bis zu 4½ Zoll nach außen, fünf Fensterstürze waren bereits geborsten. Nach den Instandsetzungsplänen sollte das kleine, von der nördlichen Umfassung geschlossene Innenhöflein überbaut werden. Der im Herbst 1767 genehmigte Um­-bau sah nicht nur ein neues Mansarddach, sondern auch Veränderungen der Raumstruktur und eine Verlegung der Treppenanlage vor.

Es wird nicht deutlich, wie weit der Umbau gediehen war, als das Ehepaar von Volckamer das Schloss bereits 1770 an Dr. med. Johann Conrad Wittwer (1720–1775), Mitglied des Pegnesischen Blumenordens, veräußerte. Eine Erbengemeinschaft verkaufte dann den Thumenberg 1793 an den Arzt und Astronomen Dr. Friedrich von Kordenbusch (1731–1802), der sich erstmals auch mit der Geschichte des Sitzes auseinandersetzte. Er vererbte ihn 1802 dem Juristen Dr. Johann Christoph Stürmer. 1832 folgte dann der Erlenstegener Steinmetzmeister Georg Capeller, der schon 1836 an den Fabrikanten Georg Zacharias Platner, Hauptaktionär und 1. Direktor der Ludwigsbahn, der ersten deutschen Eisenbahn, veräußerte. Platner (1779–1862), der in die Unternehmerfamilie Cramer eingeheiratet hatte, beauftragte 1838 Karl Alexander Heideloff, das Schloss im Stil der Neugotik umzubauen. 1854 setzte Platner die Umbenennung des Thumenbergs in Platnersberg durch. Von den Erben, die Tochter Therese Platner hatte 1864 Leupold Freiherrn von Andrian-Werburg geheiratet, gelangte das Anwesen 1873/74 an Konrad Kronburger, der es 1889 an die Familie Hilpert verkaufte. Der Fabrikdirektor Julius Beißbarth erwarb es schließlich 1895 und ließ ein Jahr später das Herrenhaus abbrechen, um Platz für den Neubau einer Villa zu schaffen. Friedrich August Nagel zweifelte diese Nachricht an und ging von einem sehr weitgehenden Umbau des historischen Bestandes aus, was bisher nicht bestätigt werden konnte. Als Beißbarth 1906 Konkurs anmelden musste, kaufte die Stadt Nürnberg die Gebäude und richtete eine Gastwirtschaft ein, die verpachtet wurde. Den Schlossgarten wandelte man in eine öffentliche Anlage, die Platnersanlage, um. Das Anwesen wurde schließlich im Zweiten Weltkrieg, vermutlich in der Nacht vom 10. auf den 11. August 1943, durch einen Bombentreffer zerstört.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Handschriften Nr. 323. Rst. Nbg., Waldamt Sebaldi I Nr. 367. Kataster Erlenstegen 1, 4, 11.

StadtAN E 10/21 Nr. 115, mit der Geschichte des Thumenbergs von Friedrich von Kordenbusch.

Gelegenhait, Nr. 740-746, 1949-1956.

Müllner I, S. 328.

Literatur


Chlingensperg, Maximilian Benno Peter von: Das Königreich Bayern in seinen alterthümlichen, geschichtlichen, artistischen und malerischen Schönheiten ... München 1849, S. 161, mit Stahlstich von J. Poppel.

Glockner, Marie: Lorenz Stauber, Nürnberger Kaufherr und Ritter Heinrichs VIII. von England. In: MVGN 52 (1963/64), S. 210 f.

Lehner-Burgstall, S. 127-136.

Mittenhuber, Martina / Schmidt, Alexander / Windsheimer, Bernd: Arbeiterwohnungen, Villen und Herrensitze. Der Nürnberger Nordosten (= Nürnberger Stadtteilbücher Nr. 4). Nürnberg 1998, S. 131-139.

Nopitsch, Christian Conrad: Nürnbergisches Gelehrten-Lexikon Bd. 6. Nürnberg 1805, S. 256.

Ruthrof, Renaissance, S. 83 f, 86, 94 mit Ansicht von 1656.

Sieghardt, August: Nordbayerische Burgen und Schlösser. Nürnberg 1934, S. 18-23, Tafel 3 mit Stahlstich von A. Marx.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 215, 830 f.

Zahn, Anton: Heimatkunde zwischen Erlenstegen und Stadtpark Nürnberg. Nürnberg 1968, S. 31-34.


Abbildung

Ansicht des Schlosses auf einem Stich von C. D. Henning, Ende 18. Jahrhundert (StAN)

Lageplan

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