Oberbürg

  • Ehemaliges Wasserschloss (1943 zerstört)
  • Oberbürger Straße 1
  • Stadt Nürnberg


In der frühen Neuzeit galt die Oberbürg als einer der prächtigsten Nürnberger Herrensitze. Das in einer Weiheranlage gelegene Wasserschloss war sehr wahrscheinlich nicht, wie Friedrich August Nagel angenommen hat, die ursprüngliche Laufamholzer Reichsministerialenburg. Vielmehr dürfte, wie Ansgar Wittek dargelegt hat, die Oberbürg als Sitz erst im 15. Jahrhundert entstanden sein, und zwar nach der Besitzteilung von 1407/09 [vgl. Unterbürg]. Damals hatte Hans d. J. Groland die Grundstücke im Bereich der späteren Oberbürg übernommen. Dort stand eine reichslehnbare Hofstatt, die im Ersten Markgrafenkrieg 1449 niedergebrannt wurde und lange Jahre in Trümmern lag.

Von den drei Söhnen Hans d. J. Grolands starb Hans 1465. Im selben Jahr wurden seine Brüder Niklas und Peter von Kaiser Friedrich III. mit einer Wiese zu Laufamholz und „einer öden Hofstatt in einem öden Weiher“ belehnt. 1487 wird erstmals ein Sitz erwähnt, als sich Nikolaus und Peter Groland verpflichteten, ihre „behausung zum obern pürgleins bei Lauffenholtz gelegen, als das mit gräben, wassern und tüllen (Zäunen) und anderem umbfangen ist“, nur an Nürnberger Bürger zu verkaufen. Vermutlich handelte es sich um eine bescheidene Fachwerkkonstruktion auf einem massiven Sockel. Immerhin sprach Johannes Müllner in seinen Annalen der Reichsstadt Nürnberg davon, dass der einstige Sitz der Groland „nur hülzen“ gewesen sei. 1504 werden unter „Obernpurck“ lediglich ein Sitz und ein Steg angeführt. Niklas Groland war 1499 gestorben, sein Bruder Peter wurde 1501 allein belehnt. Nach seinem Tod Anfang 1507 fiel die Oberbürg an seinen Sohn Niklas. Dieser war es wohl auch, der einen massiven Neubau erstellte, worüber sich der Markgraf heftig beschwerte: Der Sitz sei aus Quadersteinen 40 Schuh hoch auf einem quadratischen Grundriss von 30 mal 30 Schuh erbaut und mit Schlagbrücke, einem Zwinger (55 Schuh im Quadrat und 16 Schuh hoch), vier Türmen mit Schießlöchern und einem Graben versehen.

Niklas Groland, dessen einziger Sohn 1535 gestorben war, verkaufte den erneuerten Herrensitz um 1539 an Hans Buchner, der in Böhmen Kupferbergwerke betrieb und zeitweise die Burg Hartenstein sowie den Sitz Rückersdorf besaß [vgl. Hartenstein, Rückersdorf]. 1542 gab Buchner die Oberbürg an Bonaventura von Furtenbach (1498–1564), einen reichen und wegen seiner Spekulationsgeschäfte berüchtigten Kaufmann, weiter [vgl. Reichenschwand]. Dieser erreichte noch im selben Jahr, dass die alte Lehnsbindung an das Reich abgelöst wurde und die Oberbürg von nun an als freies Eigen galt. Gleichwohl wurde der Sitz schon um 1543 an Jörg Rayger veräußert, der offenbar größere Baumaßnahmen durchführte. Dass Rayger jahrelang mit der Reichsstadt prozessierte, führte schließlich zu einer bis heute erhaltenen Ansicht des Schlosses aus der Zeit um 1551, gefertigt von Werkmeistern des Stadtbauamtes. Hier ist das Wasserschloss bereits mit zwei Wohngebäuden und einem Torhaus, dessen Satteldach einen Dachreiter trägt, zu erkennen. Vor dem Schlossweiher erstreckt sich ein großzügiger Vorhof mit zahlreichen Ökonomiegebäuden.

Im Zweiten Markgrafenkrieg wurde die Oberbürg am 3. Juni 1552 von den markgräflichen Truppen vermutlich nur geplündert. Wenig später wurde sie von Bonaventura von Furtenbach, der die Liegenschaft aufgrund von Forderungen an Rayger gepfändet hatte, 1561 an Dr. jur. Georg Kanler, den Besitzer des nahen Hammerwerks [vgl. Hammer], verkauft. Dr. Kanler begann um 1563 mit baulichen Erweiterungen, die das spätere Erscheinungsbild der dreiteiligen Schlossanlage prägten. Das ringsum durch einen Wassergraben und einen Pegnitzarm gesicherte Hauptschloss bestand aus vier Flügeln, deren Ecken als Rundtürme ausgebildet waren. Dem hohen dreigeschossigen Hauptgebäude mit dem First in Nord-Süd-Richtung im Osten schlossen sich die zweigeschossigen Seitenflügel an. Im Westen umschloss ein vierter Flügel mit einem mittig integrierten Torturm den engen Innenhof. Eine Brücke führte zum westlich vorgelagerten, ebenfalls mit Wassergräben gesicherten Ökonomiehof. Es handelte sich um eine große dreiflügelige Anlage, die bis heute weitgehend erhalten ist. Weitere Ökonomiegebäude und der Schlossgarten lagen südlich, außerhalb des Wassergrabens, waren jedoch durch eine mit Rundtürmen verstärkte Mauer und ein Tor geschützt.

Offenbar geriet der Bauherr später in Zahlungsschwierigkeiten, denn Wolff Ehinger erwarb 1581 „mit gerichtlicher Execution“ einen halben Teil an der Oberbürg. Die andere Hälfte war an die Reichsstadt gefallen, die sie 1587 ebenfalls an Wolff Ehinger verkaufte. Johannes Müllner mutmaßte 1623, Ehinger sei ein „Scheininhaber gewest“, der den Ansitz für einen Florentiner Kaufmann, der sich in Nürnberg niedergelassen hatte, erworben haben soll. 1592 war der Sitz jedoch wieder bei der Familie Kanler. Endres Kanler erneuerte die üblichen Verpflichtungserklärungen gegenüber dem Rat. Unter seinem Enkel Hans Thomas Kanler wurde bis in die Anfangsjahre des 30-jährigen Krieges in Oberbürg eifrig weitergebaut. Als auch der letzte Kanler zu Oberbürg in Konkurs ging, kam das Schloss an den Rechtsrat Jakob Fetzer, der sich an sehr zwielichtigen Geschäften beteiligt haben soll und 1634 auf einer Wienreise ermordet wurde.

1636 erwarb Hans von Blansdorf, ein aus Kärnten ausgewanderter Berater des Kurfürsten Johann Georg von Sachsen, die Oberbürg als Alterssitz. Er starb aber schon im Jahr darauf und vererbte das Schloss den Söhnen des ebenfalls aus Österreich emigrierten evangelisch-lutherischen Grafen Paul Khevenhüller. Die Brüder gewährten ihrem Verwandten Karl Freiherrn von Windischgrätz (1588–1651) bis 1644 Wohnung auf der Oberbürg und starben fast alle als schwedische Offiziere eines gewaltsamen Todes. Danach ließ sich Amalie von Stubenberg (1593–1664) dort nieder, die aufgrund ihrer Forderungen an die Khevenhüller das Schloss als Pfandbesitz erhalten hatte. Die Witwe des letzten Khevenhüller verkaufte die Oberbürg 1684 an ihre Vettern, Otto Christian und Georg Ludwig Reichsgrafen von Zinzendorf, die auf dem Besitz ihre Mutter wohnen ließen, ihn jedoch schon 1693 ihrer Schwester Margaretha Susanna veräußerten.

Mit Margaretha Susanna, die 1694 Matthias Julius Eberhard Graf von Polheim heiratete, brach wieder eine glanzvollere Zeit für die Oberbürg an, die auch nicht unterbrochen wurde, als der Ehemann schon 1704 verstarb. Durch die Umgestaltung vieler Räume erhielt das Schloss ein barockes Gepränge, wozu die Anlage eines prachtvollen Gartens, ausgestattet mit großzügigen Broderien, Skulpturen und einer Orangerie, zählte. Zu dieser Zeit dürfte zudem das hohe Satteldach des Hauptgebäudes durch die bereits um 1700 nachweisbare Walmdachkonstruktion ersetzt worden sein.

Nachdem sich die Oberbürg unter der lebenslustigen Gräfin von Polheim zu einem gesellschaftlichen Zentrum des Adels, vor allem österreichischer Emigranten, entwickelt hatte, erfreute sie sich des Besuchs vieler illustrer Gäste. Selbst der Ansbacher Markgraf soll die Oberbürg besucht haben. Noch kurz vor ihrem Tod 1721 veräußerte die Gräfin das Schloss an den Oberkriegskommissar des Fränkischen Kreises Johann Georg Fritz und seine Ehefrau Barbara Sabina, eine geborene Paumgartner von Holnstein. Nach dem Tod des neuen Besitzers 1727 fiel das Schloss an eine Erbengemeinschaft aus Töchtern und Schwiegersöhnen. 1748 kam der Enkel Johann Georg Friedrich von Hagen, brandenburgischer Hof-  und Kreisrechnungsrat, an die Oberbürg [vgl. Mögeldorf IV]. Er hinterließ 1782 zerrüttete wirtschaftliche Verhältnisse, sodass das Hagensche Vermögen unter Zwangsverwaltung geriet. Aus der Konkursmasse erwarb schließlich 1785 Johann Wolfgang von Wahler das Schloss und begründete eine längere Besitzdauer seiner Familie. Nach seinem Tod erbte die Witwe Friederike, die bald den französischen Offizier Jean Jacques de Guibert heiratete. Um 1815 erbte ihr Sohn Johann Jakob von Wahler das Schloss. Erst seine Witwe, eine geborene von Scheidlin [vgl. Mögeldorf IV, VI, VII], veräußerte die Oberbürg 1864 an den bayerischen Generalmajor Leopold Ernst Eduard Ferdinand Freiherrn von Andrian-Werburg. Ihm folgte 1880 Wilhelm Freiherr Leuckart von Weißdorf, der den landwirtschaftlichen Gutsbetrieb intensivierte. Nach seinem Tod 1927 übernahm dessen Bruder Dr. jur. Friedrich Freiherr Leuckart von Weißdorf die Liegenschaft.

In der Nacht vom 28. auf den 29. August 1943 zerstörte ein Bombenabwurf das Schloss und bereitete einem der prachtvollsten Schlösser der Region ein trauriges Ende. Es blieb als ausgebrannte Ruine liegen; nur der Ökonomiehof im Westen der Anlage wurde wieder in Stand gesetzt. Gegen Ende der 1950-er Jahre wurde das Schlossgut an die Energie- und Wasserversorgung AG der Stadt Nürnberg verkauft, weil das Areal in die Trinkwasserschutzzone integriert werden sollte. Aus diesem Grund stellte man auch den landwirtschaftlichen Betrieb ein. 1966 wurde der größte Teil der noch stattlichen Schlossruine abgebrochen, nur einige Bereiche der Wehrmauer, Toranlagen, Teile der Rundtürme und der Ökonomiegebäude wurden restauriert. Der alte Ziehbrunnen wurde 1966 nach Nürnberg, vor das Vestnertor der Burg, versetzt. Der erhaltene Bestand bietet heute einen stark vernachlässigten und von Vandalismus gezeichneten Anblick.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Urk. des 7-farbigen Alphabets Nr. 3614, 4160. Rst. Nbg., Amts- und Standbücher Nr. 80. Rst. Nbg., Rechnungen des markgräflichen Krieges Nr. 95, 96. Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 860.

StadtAN E 10/21 Nr. 83 I, 92.

Gelegenhait, Nr. 685, 1851 f.

Müllner I, S. 363.

Literatur


HAB Nürnberg-Fürth, S. 231.

KDM Stadt Nürnberg, S. 375 f.

Mulzer, Vorstädte, S. 103 f.

Pfeiffer, Gerhard: Die Offenhäuser der Reichsstadt Nürnberg. In: JffL 14 (1954), S. 167, 171, 173 f, 178.

Ruthrof, Renaissance, S. 53 f, mit Zeichnung aus dem 17. Jahrhundert, S. 62-64 und 71 mit Fotografien.

Schnabel, Werner Wilhelm: Österreichische Exulanten in oberdeutschen Reichsstädten (= Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte Bd. 101). München 1992, S. 500-503.

Schwemmer, Bavaria Ant., S. 6, mit Zeichnung des 17. Jahrhunderts (stammt nicht aus dem Cnopfschen Skizzenbuch), S. 47, mit Ausschnitt aus dem Kupferstich von G. D. Heumann von 1756.

Sieghardt, August: Nordbayerische Burgen und Schlösser. Nürnberg 1934, S. 24-30, Tafel 4 ebenfalls mit Kupferstich von G. D. Heumann.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 772, mit Radierung von J. A. Boener von 1707.

Wittek, Ansgar: Der Nürnberger Vorort Laufamholz. Nürnberg-Laufamholz 1984, S. 46-49, 63-95.


Abbildung

Schloss Oberbürg aus der Vogelschau, vereinfachte Darstellung auf der Karte des Pflegamtes Lauf 1628 von Hans Bien (StAN)

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