Wendelstein III

  • Herrensitz, „Pfinzingschlösschen“
  • Vorderer Mühlbuck 9
  • Markt Wendelstein
  • Landkreis Roth


Das Herrenhaus in der ehemaligen Mühlstraße könnte, sollte eine angeblich bauseitige Inschrift  zutreffen, auf das Jahr 1499 zurückgehen. Eine zweite Datierung mit der Jahreszahl 1564 an der Ostseite weist wohl auf einen Umbau oder eine Instandsetzung hin. Das Herrenhaus wurde 1513 von der Nürnberger Bürgerin Magdalena Grüner an den Kaufmann Bruno Engel veräußert, der zwei Jahre zuvor zum Genannten des Größeren Rats in Nürnberg gewählt worden war. 1518 räumte der neue Besitzer der Reichsstadt das Öffnungsrecht im Kriegsfall ein. 1530 verkaufte Engel, der im Jahr zuvor Schloss (Ober-)Wolkersdorf bei Schwabach erworben hatte (er besaß es noch bis 1541), den Sitz und weitere Wendelsteiner Liegenschaften an Marx Pflaum d. Ä.; von einem namentlich nicht bekannten weiteren Besitzer ging das Erbrecht 1550 an den reichen Nürnberger Kaufmann Christoph Schlaudersbach und seine Ehefrau Barbara [vgl. Gleißhammer I]. Ob das Haus bei dem Einfall markgräflicher Truppen im Zweiten Markgrafenkrieg am 15. Mai 1552 zu Schaden kam, ist ungewiss, da die Schadenslisten „nur“ eine Plünderung verzeichnen.

Bereits vor der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde der Sitz nicht mehr von der Eigenherrschaft bewohnt, sondern als Erbzinslehen vergeben, d.h. der Besitzer war wie die meisten Bauern zu einer jährlichen Gültzahlung verpflichtet. 1590 war Leonora, die Witwe des Carl Pfinzing [vgl. Heuchling], Eigenherrin; damals verkaufte Bonaventura Hegner die Erbschaft am Sitz und Herrenhaus, samt dem Holzschlag und Zinshäusern unten an der Mühlgasse liegend, an die Händler Pankraz Henn und Georg Ringler. Leonoras Sohn Seyfried Pfinzing vermachte den größten Teil seines beträchtlichen Vermögens, darunter seine Güter zu Wendelstein, der nach ihm benannten Wohltätigkeitsstiftung [vgl. u.a. Günthersbühl, Nuschelberg], weshalb sich der Hausname „Pfinzingschlösschen“ einprägte. Die Verwaltung der Stiftung übernahm sein Neffe Sebastian Scheurl.

Besitzer war damals Sigmund Rosenberger, der 1619 sein Erbrecht an den Nürnberger Kaufmann Hans Rumpler veräußerte. Das Herrenhaus war seinerzeit baufällig, sodass dem Käufer wohl eine Renovierung unmittelbar bevorstand. 1712 scheint als Besitzer und Lehnsmann der Stiftung der Nürnberger Bürger Johann Michael Engelhardt auf, 1740 der Schneider Johann Friedrich Ernst Engelhardt und 1762/64 Johann Lorenz Franz. Im Jahre 1800 übernahm der Köbler (Kleingütler) Stephan Abraham das „Schlößlein oder Herrenhaus“ von seinen Schwiegereltern, den Wolfgang Sturm­ischen Eheleuten, nebst Zubehör um 1.500 Gulden. Damals war der Sitz mit seinem bis an die Schwarzach reichenden Garten noch von einer massiven Einfriedung umgeben. Um 1802 hatte man dazu einen kleinen Stadel an die Hofmauer angebaut. Im 20. Jahrhundert war dann längere Zeit ein Laden des Konsumvereins im Herrenhaus untergebracht; mittlerweile wird es als Wohnhaus genutzt.

Nach einer Federzeichnung des J. L. Dorst von Schatzberg bot das Gebäude noch 1836 den Anblick eines typischen Nürnberger Herrenhauses: Wohnturmartig präsentierte es sich mit vorkragendem Dachgeschoss mit Kniestock, an der Nord- und Südseite jeweils mit durchlaufenden Zwerchhäusern, die an den Hausecken Spitzhelme trugen. Ob diese das abgewalmte Dach wirklich auf die dargestellte Weise „durchstoßen“ haben, entzieht sich der Überprüfung. Dieses malerische Erscheinungsbild ging bei einem nicht näher datierten Brand verloren. Dach-, Giebel- und sonstige Fachwerkkonstruktionen wurden erneuert. Die regelmäßige Durchfensterung der wiederhergestellten Außenwände sowie das konstruktive Fachwerk an der Ostseite des Obergeschosses weisen auf das 19. Jahrhundert. Heinrich Schlüpfinger führte an, dass das Haus bei einer weiteren Baumaßnahme um 1950 noch viel von seiner früheren Gestalt verloren habe.

Quellen


StadtAN B 14/I Nr. 106, Bl. 98v.

HallerA PfinzingA, Seyfried Pfinzingsche Stiftung.

Literatur


Alberti, Volker / Baumann, Lorenz / Holz, Horst: Burgen, Schlösser und Herrensitze in Kornburg und Umgebung (= Adelssitze in Franken 5). Nürnberg 2005, S. 47-51.

Haller von Hallerstein, Helmut Freiherr: Größe und Quellen des Vermögens von hundert Nürnberger Bürgern um 1500. In: Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs Bd. 1. Nürnberg 1967, S. 140 f. [zu Bruno oder Braun Engel, Vater und Sohn]

Schlüpfinger, Heinrich: Wendelstein. Geschichte eines Marktes mit altem Gewerbe und moderner Industrie (= Schriftenreihe der ANL Bd. 17). Nürnberg 1970, S. 100 f, 247 f und Tafel IV.


Abbildung

Ansicht des ehemaligen Herrenhauses aus nordöstlicher Richtung im Jahr 2006 (Rg)

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