Wendelstein VI

  • Herrenhaus der Endterschen Papiermühle
  • Fabrikstraße 16
  • Markt Wendelstein
  • Landkreis Roth


Der Nürnberger Verleger und Buchdrucker Wolfgang Endter d. Ä. erwarb 1630 die Wendelsteiner Papiermühle, ein Erbzinslehen des Nürnberger Heilig-Geist-Spitals, um den heruntergekommenen Betrieb in Stand zu setzen und hochwertiges Papier herzustellen. Gleichzeitig kaufte Endter ein benachbartes Wohnhaus, ließ es abbrechen und 1630/31 an seiner Stelle ein hohes dreigeschossiges Haus erbauen, in dem angeblich nur Papier getrocknet werden sollte. Das Baudatum 1631 wird auch durch eine Inschrift am Portal des mächtigen Sandsteinquaderbaus bezeugt. Schon das repräsentative Erscheinungsbild des Gebäudes lässt annehmen, dass von vornherein eine Wohnnutzung für vorübergehende Aufenthalte des Unternehmers geplant gewesen war, obwohl nur das Recht zur Einrichtung einer einzigen Feuerstelle bestand. Endter musste sich zwar längere Zeit mit dem reichsstädtischen Waldamt Lorenzi herumstreiten, konnte dann aber doch das Gebäude beziehen. In der Folgezeit wurde es auch prompt Herrenhaus genannt. Der Bauherr genießt überregionale historische Bedeutung: Wolfgang Endter hat eine Reihe sehr verbreiteter Bibelausgaben, aber auch Georg Philipp Harsdorfers berühmtes Poetiklehrbuch und das Volksbuch „Eulenspiegel“ gedruckt. Herzog Ernst I. von Sachsen-Weimar beauftragte die Endtersche Verlagsdruckerei mit der Herstellung der so genannten Weimarer Bibel, die zu den erfolgreichsten lutherischen Bibelausgaben des 17. und 18. Jahrhunderts zählte.

Auch nach dem Tod des Wolfgang Endter 1659 blieb das Anwesen lange in Familienbesitz. Nach Wolf Moritz Endter fiel die Wendelsteiner Papiermühle 1723 an die Tochter Regina Clara, die mit dem Kaufmann Wolfgang Baptista Mayer verheiratet war. 1738 ver­kaufte sie als Witwe an ihren Schwager, den Papierfabrikanten Johann Baptista Mayer [vgl. Tullnau III].  Die erfolgreiche Unternehmerfamilie Mayer wurde später als von Mayr geadelt. Bemerkenswert ist, dass Johann Philipp von Mayr das Herrenhaus 1808 auch wieder als „Hänghaus zum Papiertrocknen“ bezeichnete: Die Doppelfunktion hielt wohl lange an.

Die Familie von Mayr besaß das Anwesen bis 1853. Unter der Firma Friedrich Stepff, die den Besitz 1857 erwarb, ereignete sich 1867 ein Brandunglück, das die Fabrik schwer beschädigte, glücklicherweise jedoch nicht das Herrenhaus. Die Friedrich Stepff GmbH war noch um 1970 Eigentümer; später kam es an die Familie Müller. Das ehemals Endtersche Herrenhaus ist, nachdem das ursprünglich aus Fachwerk erstellte zweite Obergeschoss durch eine massive Konstruktion ersetzt wurde, ein massiger dreigeschossiger Sandsteinquaderbau mit einem hohen dreigeschossigen Dachwerk. Der südwestliche Fachwerkgiebel weist K-Streben und in Höhe des ersten Dachgeschosses vier Feuerböcke als Zierelemente auf. Die Giebelfassade wird jedoch vor allem von den beiden rustizierten Rundbogenportalen für das Tor und den Hauseingang geschmückt, wobei letzterer mit einem von toskanischen Säulen getragenen Dreiecksgiebel versehen ist. Als Schmuckaufsätze sind beidseitig Werksteinplatten aufgesetzt, aus denen stilisierte Papierrollen herausgearbeitet wurden. Am ersten Obergeschoss finden sich südlich auch die Reste einer Sonnenuhr. Der Gesamteindruck wird heute leider durch die ungeteilten Fenster und einen hässlichen, unmittelbar vor die Schaufassade gestellten Metallzaun beeinträchtigt.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 567.

Literatur


Oertel, Hermann: Die Frankfurter Feyerabend-Bibeln und die Nürnberger Endter-Bibeln. In: MVGN 70 (1983), S. 75-116.

Schlüpfinger, Heinrich: Wendelstein. Geschichte eines Marktes mit altem Gewerbe und moderner Industrie (= Schriftenreihe der ANL Bd. 17). Nürnberg 1970, S. 134-137.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 245.


Abbildung

Ansicht des Herrenhauses aus südlicher Richtung im Jahr 2006 (Rg)

Lageplan

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