Kernstein

  • Abgegangener Herrensitz
  • Doos
  • Stadt Nürnberg.


In Doos bestand schon im Mittelalter eine reichslehnbare Mühle, zu der auch ein Fischwasser gehörte. 1428 wurden Ulrich und Hans Ortlieb damit belehnt; letzterer machte zwei Jahre später Konkurs und floh unter Hinterlassung eines Schuldenbergs von 21.000 Gulden aus Nürnberg. Mühle und Fischwasser gingen 1431 an seinen Mitgesellschafter Georg Stromer und im Jahr darauf an Clara geb. Haller, die Frau Hans Ortliebs, die ebenfalls Forderungen an die Konkursmasse hatte. 1425 musste sie den Gläubigern Paul Stromer und Hartmann Schedel 670 Gulden zahlen, um die Mühle und weiteren Besitz ihres Mannes behalten zu können.

1448, zwei Jahre nach ihrem Tod, verkaufte Hartmann Schedel „die Mühle zu Doß bei der Steinbrücke an der Pegnitz gelegen“ an Hans Schürstab den Älteren. Trotz der detaillierten Besitzauflistung wird wiederum kein Herrensitz erwähnt. Eine fünfzig Jahre später vor Ausbruch des Landshuter Erbfolgekrieges 1504 angelegte Liste geht mehrfach auf Doos ein, erwähnt aber ebenfalls nur „hamer oder trotmul“ und keinen Sitz.

Das spricht dafür, dass ein befestigter Sitz zum Schutz des inzwischen in Doos eingerichteten Messing- und Lahn-Goldschlaghammers samt Drahtziehmühle tatsächlich erst nach 1504 angelegt wurde. Den Hammer kauften 1497 der Messinghändler Erhard Stöckel, 1530 Hans Stubinger (für 800 Gulden) und 1535 Conrad Zeunlein für 1250 Gulden. Dieser oder schon sein Vorbesitzer dürfte den Herrensitz errichtet haben, denn im Zweiten Markgrafenkrieg wurden 1552/53 neben der Mahl- und Schleifmühle sowie dem Messing- und Eisenhammer auch ein „burgersytz“ zerstört und ein auf 5000 Gulden (!) veranschlagter Gesamtschaden verursacht. 1560 erwarb der Nürnberger Kaufmann und Waffenhändler Wolf Kern (1503–1582) von Conrad Zeunlein den Messinghammer „zum Thos bei der steinen Prucken“ und ließ „das eingeäscherte Herrnhaus oder Schlößchen von Grunde aus neu erbauen und nannte es Kernstein“. Nach seinem Tod fand sich „im untern Saale seines Herrenhauses“ eine Waffensammlung, die vom eisernen Streitkolben bis zu zwei neuen Kanonen reichte.

1583 gelangte der Hammer an Hans Flinsch zu Wetzen­dorf, der ihn 1587 samt dem Sitz seinem Sohn Konrad vermachte, und 1593 an den Nürnberger Ochsenhändler Endres Schurger. Nach einer Federzeichnung im Cnopfschen Skizzenbuch um 1612/14 stand der Kernstein am Hang nördlich der Mühlenanlage als ein langgestreckter dreigeschossiger Fachwerkbau (nur das Erdgeschoss war teilweise massiv), dessen Hof von einer Sandsteinmauer mit vier Ecktürmchen begrenzt wurde. Östlich davon befand sich ein weiteres Gebäude mit zwei Fachwerkgeschosssen über einem massiven Sockel, dem auf der Südseite eine Freitreppe vorgelegt war. 1632 wurde ganz Doos mit den Mühlen zerstört. Wann der Herrensitz wieder aufgebaut wurde, ist nicht bekannt.

1728 gehörte der Messinghammer Johann Magnus Volkamer und wurde vier Jahre später an den Kaufmann Christoph Mager verkauft. Dieser ließ ihn zur Spiegelfabrik umbauen, was aber vom Nürnberger Rat verboten wurde. Erst nach Erteilung eines kaiserlichen Privilegs 1751 erwarb der Handelsmann Alexander Grotte die Spiegelfabrik; er war es auch, der 1753 einen massiven Neubau des Herrenhauses errichtete. Nach seinem Tod kam der Kernstein an den Schwiegersohn Carl Gottfried Kießling, der 1785 die durch Hochwasser beschädigte Spiegelfabrik durch einen größeren Neubau ersetzte. Um 1800 war dieser noch Eigentümer des Kernsteins, „welcher Name auch über dem Eingange in Stein gehauen ist“; grundherrschaftlich unterstand Doos damals immer noch dem Nürnberger Spitalamt. Das weitere Schicksal des heute verschwundenen Sitzes ist noch nicht erforscht.

Quellen


StadtAN A 1 Nr. 1435 Juni 1.

StAN, Rst. Nbg., Waldamt Sebaldi I Nr. 291. Rst. Nbg., Heiliggeistspital Nürnberg, Urkunden Nr. 283.

Reg. Imp. Bd. XI, Nr. 7029, 8847, 9177.

Gelegenhait, Nr. 739, 1909.

Müllner I, S. 323.

Literatur


Büchert, Gesa: Die mechanische Herstellung von Glasspiegeln im Landgebiet der Reichsstadt Nürnberg. In: MVGN 85 (1998), S. 85-89.

Centrum Industriekultur (Hg.): Räder im Fluß. Die Geschichte der Nürnberger Mühlen. Nürnberg 1986, S. 278 f, 282-284.

HAB Nürnberg-Fürth, S. 109.

Roth, Johann Ferdinand: Geschichte des Nürnbergischen Handels. 4 Bde., Leipzig 1800–1802. Bd. 2, S. 276 f, Bd. 4, S. 298-300.

Schaper, Christa: Die Beheim. Eine Geschütz- und Glockengießerfamilie in Nürnberg (1350–1600). In: MVGN 51 (1962), S. 168, 196.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 219 f, 530 (Kern, Wolf).

Willers, Johannes: Die Nürnberger Handfeuerwaffe bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Nürnberg 1973, S. 240 f.


Abbildung

Der Herrensitz auf einer detailreichen Ansicht im Cnopfschen Skizzenbuch aus den Jahren 1612/14 (HallerA)

 

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