Kirchensittenbach II

  • Abgegangenes Herrenhaus
  • Schloss 1
  • Gemeinde Kirchensittenbach
  • Landkreis Nürnberger Land


Auf einem heute verschollenen Plan des Dorfes Kirchensittenbach aus dem Jahre 1569 erkennt man  inmitten eines Weihers und umgeben von einem (rechteckigen) Zwinger mit Eckbastionen einen Herrensitz mit zwei Fachwerkgiebeln (ein Ölbild im Schloss zeigt denselben Zustand, allerdings spiegelverkehrt!). Der Weiher mit einer Insel – dem Platz des alten Sitzes – hat sich bis heute nur wenige Meter nördlich vom Schloss Kirchensittenbach entfernt erhalten.

Das Herrenhaus bestand aus zwei getrennten, nur etwa 60 bis 75 cm von einander entfernten Baukörpern, „Kemenaten“ , die auf der Abbildung von 1569 deutlich an ihren beiden Zugängen zu erkennen sind. Die erste besaß einen Sandsteinsockel und darauf ein Stockwerk „loses, baufälliges Zimmer“. Auch die andere Kemenate „ist von Steinwerk ... zwiegädig, darauf noch ein Gaden von dünnem Gemäuer ... Beide Kemenaten waren mit Schindeln eingedeckt, die „allbereit ... faul sein“, wie überhaupt „die Gebäu sonst auch baufällig, daß nit viel Gutes daran ist“.

Diesen „Sitz und Edelmannshaus“ mit zwei baufälligen Kemenaten, mit Zwingern, Mauern, Türen und Toren, Brücke, Wassergraben, Weiher und weiterem Zubehör verkaufte im Jahr 1569 Claus Erlbeck zu Sinning (bei Neuburg an der Donau) an Jobst Tetzel. Sitz und Grundherrschaft waren zuvor über viele Jahrzehnte in der Hand zweier Linien der Erlbeck gewesen: Erst 1564 hatte Claus Erlbeck nach dem Tod seines Vetters Sebastian den Anteil seiner minderjährigen Nichten um 2.100 Gulden aufgekauft und den Besitz am Herrenhaus und im Dorf wieder in seiner Hand vereinigt. Dies erklärt die beiden Kemenaten mit ihren jeweils eigenen Zugängen. Offensichtlich waren die Gebäude allerdings seit längerem nicht mehr bewohnt – Sebastian Erlbeck wohnte als Ganerbe und Burggraf auf dem Rothenberg, als pfälzischer Landrichter in Amberg und starb schon 1563. Claus Erlbeck war damals Pfleger in Reicherts­-hofen (südlich von Ingolstadt) und offensichtlich bereits seit längerem an der Donau ansässig, da die Hofmark Sinning seit 1542 im Besitz der Familie war.

Zum Zeitpunkt des Verkaufs 1569 waren die Erlbeck schon über 200 Jahre in Kirchensittenbach begütert [vgl. Kirchensittenbach I]. Vor 1350 hatten sie von den Ministerialen von Sittenbach die Güter in Kirchensittenbach erworben. Bei der Erkundung der Landschaft vor Beginn des Landshuter Erbfolgekriegs 1504 wird in Kirchensittenbach ausdrücklich ein Sitz „der Erllpecken“ genannt. Obwohl der Sitz den Zweiten Markgrafenkrieg unbeschadet überstand, war er 1569 in so schlechtem Zustand, dass Jobst Tetzel auf eine Instandsetzung verzichtete. Stattdessen ließ er gegen das Dorf zu neue Gebäude aufrichten, darunter das sogenannte „Kleine Schloss“.

Laut Testament des Jobst Tetzel sollte der Besitz ungeteilt bleiben. Reibereien zwischen den beiden Söhnen Karl und Jobst Friedrich führten jedoch schon 1579 „zur Aufteilung der Burgställe und übrigen Güter“ zu Kirchensittenbach. An Karl fiel der „alte Burgstall“ (der Erlbeck) „samt seinem Gebäu und Steinwerk samt dem Weiher“, Jobst Friedrich erhielt den „alte(n) Burgstall, die Glashütte genannt, mit dem Graben umgeben, samt der Hofreit und daran liegenden Garten“.

Über das weitere Schicksal des alten Erlbeckschen Herrensitzes sind wir nicht unterrichtet. Ein Abbruch durch Jobst Friedrich beim Neubau des heutigen Schlosses in den Jahren ab 1590 ist auszuschließen, da sich der Burgstall in der Hand seines mit ihm verfeindeten Bruders Karl Tetzel befand. Die jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen haben Karl Tetzel 1597 bewogen, nach Vorra auszuweichen [vgl. Vorra I] und daher wohl auf Instandsetzung oder Wiederaufbau des ererbten Herrensitzes zu verzichten.

Vermutlich noch im 17. Jahrhundert wurde der alte Sitz abgerissen. An seiner Stelle entstand in der Barockzeit ein Ziergarten mit Springbrunnen. Die Fundamente der rechteckigen Anlage sind noch heute von einem Wassergraben bzw. Weiher umgeben, über den vom „Neuen Schloss“ her eine eiserne Brücke führt.

Quellen


StAN Rst. Nbg., D-Laden Akten Nr. 1150. Rst. Nbg., D-Laden Urkunden Nr. 825.

StadtAN E 22/II Schublade LXIV Nr. 1, 8, 13; Schublade LXXXI.

Gelegenhait, Nr. 902.

Literatur


Alberti, Volker / Baumann Lorenz / Holz, Horst: Burgen und Schlösser in Hersbruck und Umgebung. Oberes Pegnitztal (= Adelssitze in Franken Bd. 3) S. 22–27.

HAB Lauf-Hersbruck, S. 20.

KDM Hersbruck, S. 204-209.

Schwemmer, Wilhelm: Altnürnberger Herrensitze. Schloss und Dorf Kirchensittenbach. In: MANL 23 (1974), Heft 3, S. 38 f, 41-43, 47, 50.


Abbildung

Der alte Herrensitz der Erlbeck. Reproduktion F.A. Nagel nach einer Darstellung des 19. Jahrhunderts (StadtAN)

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