Rothenberg

  • Festungsruine, ehedem Burg und Stadt
  • Markt Schnaittach
  • Landkreis Nürnberger Land


Oberhalb Schnaittachs liegen die ansehnlichen Reste der bayerischen Festung Rothenberg. Sie steht an der Stelle einer spätmittelalterlichen Burg, die um 1330 von den Ministerialen von Wildenstein erbaut wurde. Das Geschlecht entstammte der bayerischen Ministerialität und wurde nach 1250 von den Herzögen zur Verwaltung des ihnen überschriebenen bzw. von ihnen ererbten staufischen Besitzes um Nürnberg eingesetzt. In ihrem Dienst stiegen sie rasch zu einer der führenden Familien in der Region auf. Ende der 1280-er Jahre hatten sie – wohl durch eine Heiratsverbindung mit den älteren Reichsministerialen von Hiltpoltstein-Rothenberg-Lauf – die Burg Alt-Rothenberg in ihrer Hand [vgl. Alter Rothenberg, Hiltpoltstein, Lauf]. Die von Dietrich I. von Wildenstein begründete Linie der Familie übernahm das Wappen der Rothenberger und nannte sich schon vor 1290 nach dem neuen Familiensitz „ze dem Rotenperg“, so benannt, weil die Burgstelle auf rötlichem Doggersandstein aufsitzt.

Nach deren Zerstörung oder Auflassung in den Jahrzehnten nach 1300 errichteten die Wildensteiner ihre neue Burg auf der gegenüberliegenden Talseite oberhalb von Schnaittach auf altem, ihnen verpfändetem Reichsgut. Den Namen „Rothenberg“ nahmen sie dabei mit, obwohl das Plateau des neuen Burgberges vom weißen Malm gebildet wird.

Als Heinrich VI. von Wildenstein 1331 „ze dem Rotenberg“ siegelte, dürfte er sich bereits nach der neuen Burg genannt haben. 1336 lag er krank auf dem neuen Rothenberg und traf letzte Verfügungen. Sein Sohn Heinrich Xl. von Wildenstein stand 1350 wegen eines Eigenmannes, der sich nach Nürnberg abgesetzt hatte, mit der Reichsstadt in Fehde. Sie gipfelte in einem Überfall auf einen Warenzug der Nürnberger Bürger Konrad Eisvogel und Werner Tintner an der Schnaittachbrücke auf der Straße von Nürnberg nach Hersbruck.

Ab 1353 begann der schrittweise Übergang des Rothenbergs an Karl IV., der nach der Inbesitznahme der verpfändeten pfälzischen Ämter sein neuböhmisches Territorium begründet hatte. Zunächst räumte Heinrich XI. von Wildenstein 1353 dem böhmischen und deutschen König für 1.000 Pfund Haller das Öffnungsrecht über den Rothenberg ein. 1355 erwarb Karl um 800 Pfund Haller die Reichspfandschaften der Wildensteiner um den Rothenberg. Schließlich kaufte Karl 1360 von den Burggrafen von Nürnberg um 3.000 Gulden die Lehnsherrschaft und vom Wildensteiner die Lehensnutzung und alle übrigen Rechte, die mit der Burg Rothenberg verbunden waren.

Die nun böhmische Amtsburg wurde 1363 Sitz eines umfangreichen Hochgerichtsbezirks. Östlich der Hauptburg entstand eine große, stark befestigte Vorburg mit einer ummauerten Vorstadt, welche die Versorgung der Burg sicherstellen sollte. In dieser Siedlung, die später den Namen Altstadt erhielt, lagen auch Werkstätten verschiedener Gewerbe, ein Badehaus, Vieh- und Pferdeställe und eine Schenkstatt. Nach einem Nürnberger „Spionagebericht“ aus den Jahren 1477/78 besaß die Stadt auf dem Rothenberg sogar einen eigenen Pfarrhof, ein Rathaus und einen Herrensitz, „Egloffstayner“ oder „linkes“ Schloss genannt, wohl nach einem Burghüter aus dem Geschlecht der Egloffsteiner. Ein breiter Graben und eine mit 26 Türmen verstärkte Mauer umgab die Stadt, ein besonders tiefer Graben trennte sie vom „rechten Schloß“, der eigentlichen Burg Rothenberg. Vor dem Rathaus lag ein großer freier Platz, der später Turnierplatz genannt wurde und sich etwa an der Stelle des (heutigen) Ravelins (nördlich des Festungstores) befand. Hier und vor dem Rathaus waren insgesamt drei Zisternen zur Wasserversorgung untergebracht. 1366/68 gab es zudem eine Burgkapelle St. Wenzel.

Zu dieser Zeit  saßen neben den zunächst aus böhmischem, später fränkischem Adel stammenden Pflegern oder Burggrafen 21 niederadelige Burgmannen oder Burghüter mit ihren Familien, Mägden und Knechten auf dem Rothenberg. Als Burghüter hatten sie Residenzpflicht, erhielten Burghutlehen und wurden aus den zugehörigen, teils selbst bewirtschafteten Burggütern versorgt [vgl. Kersbach]. Aus ihrer Mitte wurden die vier Amtsleute gewählt, die den Burggrafen zur Hand gingen: „marschalk, kammerer, schenk, kuchenmeister“.

Dramatische Ereignisse bahnten sich gegen Ende des 14. Jahrhunderts an, als die Spannungen zwischen König Wenzel I. und den Kurfürsten wegen dessen Reichspolitik vor allem in Italien zunahmen. 1399 schlossen die Kurfürsten unter maßgeblicher Beteiligung des Kurfürsten Ruprechts III. von der Pfalz ein Bündnis gegen den König, das 1400 zur Absetzung Wenzels und zur Wahl Ruprechts zum König führte. Im daraufhin ausbrechenden pfälzisch-böhmischen Krieg wurden noch im selben Jahr die meisten neuböhmischen Ämter, soweit sie nach dem Vertrag von Fürstenwalde 1373 noch bestanden, von Ruprecht er­obert. 1401 wurde der Rothenberg von den Pfälzern mit Nürnberger Unterstützung fünf Wochen lang belagert und schließlich eingenommen.

Die Burg blieb im Besitz der Pfalzgrafen, auch wenn sie, förmlich 1465, die böhmische Lehnshoheit anerkennen mussten. 1410 wurde bei der pfälzischen Teilung nach dem Tod König Ruprechts die Burg dem Sohn Johann und seinem Herzogtum Pfalz-Neumarkt-Neunburg zugeschlagen. Mit dem Erlöschen der Neumarkt-Neunburger Linie 1448 übernahm das Herzogtum Pfalzgraf Otto I. von Mosbach, der sich im Ersten Markgrafenkrieg auf die Seite des Markgrafen Albrecht Achilles schlug. Schließlich eroberten und verbrannten nürnbergische Soldknechte 1449 Stadt und Vorhof; ihre dabei erlittenen hohen Verluste hielten sie aber von einem Sturm auf die Hauptburg ab.

1478 begann auf dem Rothenberg eine neue Ära: Nicht weniger als 44 Mitglieder der Ritterschaft, die sich zu einer Ganerbschaft zusammengeschlossen hatten, erwarben um 4.500 Gulden von Pfalzgraf Otto II. von Mosbach die Burg und die Stadt zum Rothenberg mit den Kirchenlehen, dem Markt Schnaittach und den dazugehörigen Dörfern, Höfen und dem Recht des Kirchweihschutzes in allen Orten.

Die Ganerben saßen künftig als Afterlehnsleute auf der Burg, da sich die Pfalz die Lehns- und Landeshoheit sowie das Recht, die Burg im Kriegsfall militärisch zu besetzen (Öffnungsrecht) vorbehalten hatte. Die Oberlehnsherrschaft Böhmens blieb davon unberührt. Gab es auch andernorts gerade in der Zeit der Adelsbünde große Ganerbenburgen, so blieb der Rothenberg hinsichtlich der Zahl der Mitglieder jedoch ohne Parallele in der Geschichte des Alten Reiches. Der Kauf stand im Zusammenhang mit der Einungsbewegung der fränkischen Ritterschaft, die sich hier – in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer der mächtigsten Reichsstädte – einen militärischen Ausgangs- und Rückzugspunkt schaffen wollte. Erfolglos hatte daher Nürnberg alles versucht, den Kauf durch Interventionen beim Kaiser und bei Fürsten zu verhindern.

Schon im Mai 1478 ist der erste ritterschaftliche Burggraf Lamprecht von Seckendorff-Rinhofen auf dem Rothenberg nachzuweisen. Die Befürchtungen der Reichsstadt Nürnberg vor einem neuen „Raubnest“ schienen zunächst unbegründet gewesen zu sein. Erst im Jahre 1498 begann der als städtefeindlich bekannte Burggraf Kunz Schott eine ausgedehnte Fehde gegen Nürnberg. Meist nur verdeckt unterstützt von zahlreichen Rittern, bald von den Markgrafen sowie vom Kurfürsten Philipp von der Pfalz als Lehnsherrn, blieben seine oft brutalen Übergriffe ungestraft. Mehr oder weniger offen sympathisierten die Ganerben mit den Fehdegegnern Nürnbergs, denen auf dem Rothenberg Unterschlupf und Aufenthalt gewährt wurde, unter ihnen Götz von Berlichingen. Im Landshuter Erbfolgekrieg 1504 vermieden die zunehmend unabhängiger auftretenden Burgherren jedoch eine eindeutige Stellung gegen die Reichsstadt, zu der sie die pfälzische Landeshoheit eigentlich verpflichtet hätte. Einzelne Ganerben kämpften gegen Sold sogar auf der gegnerischen Seite mit.

Mit dem für Nürnberg erfolgreichen Kriegsausgang konnte das reichsstädtische Territorium erheblich nach Osten ausgeweitet werden. Der Rothenberger Herrschaftsbezirk wurde fast völlig von den neuen Nürnberger Ämtern umfasst. Die Ganerben wussten sich jedoch zunächst zu behaupten. 1523 wurde die Grenze ihres Territoriums gegen Nürnberg mit 48 Steinen vermarkt.

Spätestens in den Jahren nach 1537 wurde der Rothenberg umfassend nach den modernsten Erkenntnissen der damaligen Festungsbaukunst ausgebaut. 1546 sah der Verteidigungsplan eine Besatzung von bis zu 853 Mann vor, denen je zehn Maurer und Zimmerleute, sechs Schmiede, vier Büchsenmeister und zwei Wund­ärzte zur Verfügung stehen sollten. Zu dieser Zeit bildeten die Gebäude der Hauptburg die Form eines (erst später vollkommen geschlossenen) Fünfecks und umstanden einen Innenhof mit einem eingehausten Ziehbrunnen. Eine innere Zwingeranlage, verstärkt mit fünf runden Batterietürmen als Streichwehren an den Ecken, stellten den der Hauptburg vorgelagerten Verteidigungsring dar.

Ein breiter Graben trennte Haupt- und Vorburg. Letztere war wiederum durch einen breiten Graben vom Bergplateau abgesichert, über dessen Südende eine Brücke führte. An den beiden äußeren Ecken der Vorburg erhoben sich mächtige Rondells oder Basteien. Die beiden Burgteile waren wiederum von einer äußeren Zwingermauer mit Streichwehren und einem äußeren Graben umschlossen. An die Vorburg schloss sich die kleine, befestigte Stadt an.

Der festungsmäßige Ausbau der Burg, mehr noch die meist geschickt taktierende Politik der Ganerben haben dem Rothenberg auf Jahrzehnte eine militärische Bewährungsprobe erspart. Ein Gesuch des Markgrafen Albrecht Alcibiades im Jahre 1552 um Aufnahme in die Ganerbschaft und um Einräumung des Öffnungsrechtes wurde hinhaltend beantwortet, sodass die Anlage den Zweiten Markgrafenkrieg unbeschadet überstanden hat. Noch zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges ignorierten die Ganerben ungestraft eine Aufforderung des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz als Landes- und Lehnsherrn um Huldigung und Öffnung der Burg. Das Blatt wendete sich jedoch nach dem Untergang der Pfalz nach der Schlacht am Weißen Berg 1620. Der Bayernherzog, dem die Obere Pfalz vom Kaiser überlassen wurde, kannte weniger Skrupel und ließ die Ganerben auf dem Rothenberg, die sich der Rekatholisierung ihres Schnaittacher Landes heftig widersetzten, 1629 belagern.

Ein scheinbar günstiges Angebot, das die Rechte der Ganerben weitgehend zu wahren versprach, veranlasste die Belagerten zur kampflosen Übergabe und Öffnung der Festung, die wenig später mit bayerischen Truppen besetzt wurde. Nach und nach wurden die Ganerben von den bayerischen Militärs gezielt aus der Burg gedrängt, wobei das neue Kurbayern auf die alten Hoheitsrechte der „ererbten“ Pfalz verwies. Ab 1631 wurde ihnen schließlich sogar der Zugang zum Rothenberg verweigert, von dem aus die Bayern immer wieder Nürnberger Orte und Schlösser angriffen oder feindliche Versorgungszüge aufbrachten [vgl. Reichenschwand I]. Die bayerischen Übergriffe führten jedoch die alten Rivalen Reichsstadt und Ritterschaft zusammen, sodass 1648 in Nürnberg sogar ein Tag der Ganerben abgehalten werden konnte.

Erst nach zahllosen Protestnoten an den Kaiser und mit Unterstützung Nürnbergs, des Markgrafen von Brandenburg-Bayreuth und Schwedens erfolgte nach Ende des 30-jährigen Krieges im Jahre 1650 die Rückgabe der mittlerweile arg verwahrlosten Feste an die Ganerben, doch ließ Kurfürst Ferdinand Maria die Burg schon 1657 erneut besetzen. Auf diese Weise einigermaßen zermürbt, beschlossen die Ganerben 1661, Kurbayern Burg und Herrschaft Rothenberg um 200.000 Gulden anzubieten, was noch im selben Jahr angenommen wurde. Schon 1663 wurde eine erste Rate in Höhe von 100.000 Gulden ausgezahlt und die Feste fortan gemeinsam verwaltet. Erst 1698 wurde die Restrate – allerdings nur noch 65.000 Gulden – ausbezahlt, da der Kurfürst die mittlerweile erheblichen Kosten für Bauunterhalt und Modernisierungen in Abzug stellte. Im Anschluss daran zogen die letzten Ganerben ab und beendeten eine 220 Jahre anhaltende Besitzgeschichte.

Der Rothenberg galt nach einem Ausbau von 1662 bis 1685 unter der Leitung des kurfürstlichen Ingenieur-Hauptmanns Christoph Heidemann als bayerische Grenzfestung, die bald darauf im Spanischen Erbfolgekrieg dem Ernstfall ausgesetzt wurde. Nach monatelanger, wenn auch vorübergehend unterbrochener Belagerung und Beschießung durch die Truppen des Fränkischen Kreises unter General Jahnus kapitulierte die Besatzung schließlich im September 1703.

Nach der Übergabe begann der Fränkische Kreis unverzüglich mit Hilfe von angeblich 2.000 Arbeitskräften mit einer gründlichen Demolierung der Festung, von der bald nur noch ein „Steinhaufen“ übrig blieb, während der Kaiser die Herrschaft Rothenberg (und Hartenstein) der Reichsstadt nach jahrelangen Bemühungen 1707 endlich als teilweisen Kriegskostenersatz überließ. Erst mit den Friedensverträgen von Rastatt 1713 und Baden 1714 wurden das Ende der kaiserlich-alliierten Besatzung Bayerns und damit auch die Rückgabe Rothenbergs an den Kurfürsten besiegelt, die am 26. Februar 1715 erfolgte.

Noch unter Kurfürst Max Emanuel wurde an den Wiederaufbau gedacht und 1721 begann man damit, den Bauplatz von den Trümmern zu befreien. Doch erst unter dem neuen Kurfürsten Karl I. Albrecht, der 1731 persönlich mit seinen Brüdern zur Grundsteinlegung kam, wurde der Wiederaufbau nach den Grundsätzen der damals modernen französischen Festungsarchitektur befohlen. Seit 1730 stand die Baustelle, auf der bis zu 700 Personen beschäftigt wurden, unter der Leitung des kurfürstlichen Festungsbaumeisters Johann Peter de Coquille.

Die Bauarbeiten waren längst nicht abgeschlossen, als die Festung 1741 mit einer Garnison besetzt wurde. Der Österreichische Erbfolgekrieg war ausgebrochen, nachdem der bayerische Kurfürst sich angeschickt hatte, seine Wahl zum König gegen die Ansprüche Maria Theresias durchzusetzen. Der preußische König war im Dezember 1740 ins österreichische Schlesien einmarschiert und hatte die kriegerischen Auseinandersetzungen entfacht. Immerhin wies die Festung 1741 bereits ihren bis heute erhaltenen Grundriss auf, der durch die Bastionen die Form eines sechszackigen Sterns besaß. Die schwierigen topographischen Verhältnisse hatten jedoch die gewohnte barocke Symmetrie verhindert und erhebliche Unregelmäßigkeiten bei der Anordnung und Gestaltung der Bastionen verursacht. Die gewaltigen Festungsmauern wurden bis zu 19 Meter hoch und erhielten am Fuß eine Dicke von bis zu 6 Metern.

Der Festungsbau Coquilles zeichnete sich vor allem durch den lückenlosen Einbau von Kasematten aus, die alle Bastionen und die dazwischen liegenden Courtinen (Schildmauern) durchzogen. Sie sind tonnengewölbt und erschließen alle Schießkammern und den großen Bereitschaftsraum, eine vierschiffige, mit Kreuzgratgewölben überspannte Halle, die man zweckmäßigerweise in den alten Burggraben zwischen der einstigen Haupt- und Vorburg eingebaut hatte. An ihrer Westseite verläuft ein schmälerer, niedriger Gang mit Schießkammern und ursprünglich mannshohen schmalen Scharten für Bogenschützen, der noch von der mittelalterlichen Anlage stammt und in das 14. Jahrhundert datiert wird. Im Übrigen erhielten alle Bastionen und Courtinen eine breite, mit Schießscharten ausgestattete Brustwehr, die im Nordosten jedoch nur noch als Erdaufschüttung ausgebildet wurde.

Unmittelbar südlich des Torhauses an der nördlichen Courtine erstreckten sich zwei fast über die ganze Hofbreite reichende Kasernen, einst langgestreckte, dreigeschossige Walmdachgebäude für die etwa 80 Mann Besatzung. Südlich dahinter folgten die Kommandantur, das Pfarr- und Schulhaus sowie oberhalb der unterirdischen Bereitschaftshalle das wiederum langgestreckte Zeughaus mit den Arsenalen.

Zwar bestand die Festung bei einer viermonatigen Belagerung durch österreichische Truppen 1744 ihre Bewährungsprobe und konnte sich halten, die überstürzte Fertigstellung nach dem Kriegsbeginn 1741 hatte jedoch dazu geführt, dass die Kasematten in aller Eile mit Schutt und Erde statt mit Lehmisolierungen überdeckt worden waren. Das Mauerwerk war daher nicht ausreichend gegen eindringendes Oberflächenwasser geschützt. Dies rächte sich mit bald schon eintretenden Bauschäden, die bis heute nachhaltig den Erhalt des Bauwerkes erschweren.

Nach dem Krieg begann man 1748 mit der Fortsetzung der Bauarbeiten, zunächst noch unter Coquille, dann unter seinem Nachfolger Johann Claude de Rozand, der jedoch bereits 1754 verstarb. Unter dem Ingenieur-Offizier François d’Ancillon wurde noch etwa zehn Jahre unvermindert weitergebaut. Er begann mit dem fünfeckigen Ravelin vor dem Tor in der nördlichen Courtine, das den Torweg und den Graben sichern sollte, doch nicht mehr fertiggestellt wurde. Eine hölzerne Brücke, im letzten Segment aufziehbar, verband seither den Ravelin mit dem Haupttor, unter dem eines der fünf Ausfalltore in den Graben eingerichtet war. Nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges 1763 wurden die Bauausgaben zusammengestrichen und 1767 der weitere Ausbau gestoppt. Für das geplante Kommandanten- und Offiziersgebäude, das Marketender- und das Stockhaus sowie die neue Kirche (die alte war 1750 eingestürzt, seitdem wurden die Gottesdienste im Zeughaussaal gehalten) war lediglich der Grund ausgehoben worden, dann stellte man die Arbeiten ein. 1793 wurden nochmals 19.000 Gulden zur Vollendung des Ravelins bewilligt und ausgegeben, doch wäre noch einmal die doppelte Summe nötig gewesen.

Im August 1796 übergab Bayern die Festung, ohne Widerstand zu leisten, den vordringenden französischen Revolutionstruppen, die sich aber schon nach zwei Wochen fluchtartig zurückzogen und den Rothenberg ebenso kampflos den Österreichern überließen; zwei Wochen später konnte die bayerische Besatzung wieder einziehen. Die napoleonischen Kriege führten 1806/07 nochmals zu einigen Instandsetzungsarbeiten. Die Kasematten waren damals wegen des eindringenden Sickerwassers, das beständig von der Decke tropfte, kaum noch benützbar. Daher wurden dort einige ausgemauerte Pulverkammern sowie hölzerne Einbauten mit Bretterdächern hergestellt, um im Notfall wenigstens die Kranken schützen zu können.

Kurbayern und nach 1806 auch das junge Königreich Bayern nutzten die Festung als Gefängnis, in dem so berühmte Staatsgefangene wie Andreas Andre, der Geliebte der Herzogin Maria Anna, eingekerkert waren. Auch ein Invalidenheim war hier zeitweise untergebracht. Die „bayerische Bastille“ erlebte noch viele berühmte Insassen. Der 1832 inhaftierte kritische Publizist Dr. Viktor Amadeus Coremans überlieferte jedoch ein eher gemütliches Bild von der Festungshaft, das der 1836 eingesperrte Erlanger Student und Burschenschafter Johann Christian Lunckenbein, der dem letzten Festungkommandanten Karl von Gemming sogar Gedichte widmete, bestätigte.

Die Zeit der Festungshaftanstalt war jedoch bald zu Ende. Der Bauunterhalt der Gebäude und Bastionen wurde immer teurer, zumal die Festung mit dem zwar leicht ortsnah abbaubaren, jedoch sehr der Erosion unterworfenen Werkkalk gebaut worden war. Nachdem eine Kommission in einem Gutachten den geringen militärischen Wert der Anlage (die nun keine Grenzfestung mehr war, sondern inmitten des Königreichs lag) dargestellt und die „gänzliche Preisgebung dieses Platzes“ empfohlen hatte, verfügte König Ludwig I. 1837 die Auflassung. Nach Abzug der Besatzung, Verkauf der Mobilien und der wertvollen Baumaterialien [vgl. Simmelsdorf I] begannen 1839 erste Abbrucharbeiten, im Oktober 1841 zog die letzte Wache ab. Witterung und Zeit sorgten für weitere Zerstörungen. Die Festungsruine ist heute ein großartiges Geschichtsdenkmal, um dessen Erhalt seit über 100 Jahren mit großem ehrenamtlichen Engagement und zeitweise auch erheblichem Einsatz von Finanzmitteln gekämpft wird.

Quellen


HallerA Norica bzw. Graphische Sammlung, Festung Rothenberg.

Mon. Zoll. III, Nr. 417, 423.

Böhmisches Salbuch, S. 22 f, 33-35, 39 f, 44 f, 83 f, 115 f, 119-122.

Literatur


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KDM Lauf, S. 384-405.

Knapp, Friedrich: Die Bergfestung Rothenberg. Nürnberg 1898.

Kriegstage 1796 (= Vom Rothenberg Nr. 9). Schnaittach 1980.

Potzel, Herbert: Gefangene auf dem Rothenberg (= Vom Rothenberg Nr. 10). Schnaittach 1983, S. 8-37.

Rupprecht, Klaus: Das früheste Urbarbuch der Ganerbschaft Rothenberg (1478). Edition und Erläuterungen. In: Jb.Mfr. 97 (1994/95), S. 51-76.

Schnelbögl, Fritz: Schnaittach und seine Landschaft (= Schriftenreihe der ANL, Bd. 20). Nürnberg 1971.

Ders.: Burg und Festung Rothenberg. In: MANL 21 (1972), Sonderheft Nr. 20, S. 36-39.

Schönwald, Claus: 100 Jahre Heimatverein Schnaittach (= Vom Rothenberg Nr. 17). Schnaittach 1993.

Schütz, Martin: Die Ganerbschaft vom Rothenberg in ihrer politischen, juristischen und wirtschaftlichen Bedeutung. Nürnberg 1924.

Ders. (Hg.): Vom Rothenberg. Gesammelte Aufsätze und Beiträge zur Geschichte der ehemaligen Herrschaft und der (bayerischen) Festung, Heft 1 und 2. Lauf 1939 und 1951.

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Wierczimok, Joachim: Die Territorialerwerbungen der Reichsstadt Nürnberg im Spanischen Erbfolgekrieg. Diss. Erlangen 1959.

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Ders. [Bearb.]: Die Belagerung der Festung Rothenberg 1744 (= Vom Rothenberg Nr. 3). Schnaittach 1975.

Ders.: Der Kampf um die Veste Rothenberg 1703 (= Vom Rothenberg Nr. 16/1-5). Schnaittach 1992-96.


Abbildung

Die Festung der Ganerben in Schrägaufsicht nach einem kolorierten Kupferstich von Matthias Merian aus dem Jahr 1648. Links von der Festung die so genannte „Alte Stadt“ (StadtA Lauf)

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