Stein I

  • Abgegangener Herrensitz, „Geudersitz“ (Abbruch 1922)
  • Stadt Stein bei Nürnberg
  • Landkreis Fürth


Von einem „Burgerssitz, Stain genannt“, bei einem Hammerwerk und etlichen Bauerngütern berichten 1623 die Annalen der Reichsstadt Nürnberg. Die Güter waren Lehen der ehemaligen Reichsministerialen von Leonrod-Buttendorf. 1466 belehnten die Herren von Leonrod den Nürnberger Bürger Martin Rebel mit dem Mühlwerk zu Stein, wozu auch ein Hammerwerk, eine Papiermühle und ein Schleifwerk gehörten. Auf dem Anwesen scheint ein Herrenhaus entstanden zu sein, das schon 1488 genannt wurde, als es von den Rebel als Afterlehen an Nikolaus Glockengießer vererbt war. Es fand im Jahr 1499 ein unrühmliches Ende, als der berüchtigte Kunz Schott mit seinen Helfern Christoph von Giech und Stephan von Wirsberg den Ort im Zuge ihrer Fehde gegen Nürnberg niederbrannten [vgl. Hirschbach]. 1501/02 veräußerte Wolf Rebel die Brand­ruine an Martin Geuder.

Aus den Trümmern entstand 1532 ein neuer Sitz, nachdem der Nürnberger Bürger und Montanunternehmer Sebald Ochsenfelder als Afterlehnsmann der Geuder sich die Errichtung eines zweigeschossigen Herrenhauses genehmigen ließ [vgl. Mühlhof]. Da der Markgraf die Hochgerichtsbarkeit über Stein beanspruchte, musste auch Brandenburg-Ansbach dem Bau zustimmen. Dies geschah, jedoch wurde ausdrücklich der Bau von Befestigungsanlagen verboten.

Im Zweiten Markgrafenkrieg wurde am 11. Mai 1552 auch dieser zweite Sitz ein Raub der Flammen, als die markgräflichen Truppen bei Stein ein Feldlager aufgeschlagen hatten. Spätestens in den 1560-er Jahren hatten die Ochsenfelder ihr Gut wiederaufgebaut. 1586 gab David Ernst Ochsenfelder das Herrenhaus für 1.200 Gulden an Julius und Anton Geuder zurück, die es zuerst an den Hammermeister Thomas Reichold, drei Jahre später an den Nürnberger Kaufmann Endres Schurger weiterverliehen. Die Gestalt des Ochsenfelderschen Herrensitzes wird durch einen Stich von Lorenz Strauch von 1598/99 überliefert. Demnach handelte es sich um den Typus eines Turmhauses, bei dem zwei Obergeschosse auf einem hohen Sockelgeschoss ruhten. An einer Traufseite befand sich ein Treppenturm. Zu erkennen sind auch ein Fachwerkgiebel und ein Krüppelwalmdach, wobei die Giebelspitzen von Hirschgeweihen geschmückt werden, wie wir das auch von Abbildungen vieler anderer Herrensitze dieser Zeit kennen.

Dieser dritte Sitz wurde ebenfalls nicht alt: Im September 1632 wurde Stein von kaiserlichen Truppen verwüstet. Dabei brannten 19 Anwesen nieder. 1640 erwarb der Unternehmer Cornelius Lebrun, ein reformierter Protestant, der 1622 nach Nürnberg emigriert und Gesellschafter der Steirischen Stahlhandelsgesellschaft geworden war, von Hans Philipp Geuder die ruinierte Liegenschaft. Während der Käufer das Hammerwerk bald nach dem Kauf wiederherstellte, wurde das „Herrensitzlein“ erst um 1665 erneuert. 1689 geriet dieses neue Herrenhaus in ein Zwangsverfahren, das über die Erben hereinbrach, als die Witwe Lebrun 1684 völlig verschuldet verstorben war. Nach jahrelangen Streitigkeiten zwischen Gläubigern, Erben und den mittlerweile zu Reichsfreiherrn avancierten Geudern von Heroldsberg reklamierten die letzteren das Schlösslein für sich und veräußerten es im Februar 1717 an den Pfragner Tobias Reinhard.

Der Papiermüller Johann Lothar Knödel der Ältere kaufte das „Schlößlein“ schließlich am 14. April 1760 von der Erbengemeinschaft Reinhard. Seit dieser Zeit war das Herrenhaus mit der Papiermühle der Familie Knödel verbunden. Von einer herrschaftlichen Wohnung konnte keine Rede mehr sein: Um 1800 waren mehrere Mieter, meist Handwerker, darin untergebracht. Nach dem Konkurs des Johann Lothar Knödel junior kam es 1829 zu einer Versteigerung: Der Papierfabrikant Georg Friedrich Carl Volkert von der Oberfichtenmühle erwarb das Herrenhaus mit der Knödelschen Papiermühle, veräußerte das Gebäude jedoch 1834 an den Schuhmacher Johann Peter Baer. Dessen Sohn Johann Michael Baer verkaufte es dann 1877 an den Bleistiftfabrikanten Lothar von Faber. 1922 wurde das Steiner Herrenhaus mit der alten Hausnummer 31 schließlich für den Neubau von Fabrikgebäuden der Firma Faber-Castell abgebrochen.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 419, 1315. Ft. An., Oberamt Cadolzburg Urk. Nr. 460. Rentamt Erlangen I Nr. 124. Archiv Geuder-Rabensteiner Nr. 1077, 2431, 3569.

Müllner I, S. 341.

Literatur


Deliciae II, S. 95.

Hirschmann, Gerhard: Stein bei Nürnberg. Geschichte eines Industrieortes (= Schriftenreihe der ANL Bd. 9). Nürnberg 1962.

Ders.: Stein. Vom Industriestandort zur Stadt. Nürnberg 1991.

Marabini, Edmund: Die Papiermühlen im Gebiet der weiland Freien Reichsstadt Nürnberg. Nürnberg 1894, S. 79-81.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 1037, mit der Radierung von L. Strauch von 1598/99.


Abbildung

Ansicht der beiden Steiner Herrenhäuser, rechts der Geudersche Sitz (260), links und unmittelbar an der Brücke mit den Laubengängen an den Obergeschossen das „Seegerische Herrenhaus“ (261), Radierung von Lorenz Strauch um 1598/99 (StadtMN)

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