Gibitzenhof

  • Abgegangener Herrensitz (1945 zerstört)
  • Gibitzenhofstraße 146, 170-176
  • Stadt Nürnberg


Das seit der Eingemeindung 1899 im südlichen Stadtgebiet Nürnbergs aufgegangene Dorf Gibitzenhof war einst Reichslehen. Ein Herrensitz wird von Johannes Müllner in seinen Annalen der Reichsstadt von 1623 erstmals für das Jahr 1372 im Besitz der Waldstromer überliefert. Friedrich August Nagel hielt diese Nachricht für nicht glaubwürdig und die bis zur Zerstörung des Herrenhauses im Zweiten Weltkrieg dort angebrachte Jahreszahl für nicht authentisch. Nach seinen Recherchen ging der Sitz aus einem reichslehnbaren Bauernhof hervor, der noch kurz nach 1400 einem Fritz Feierlein gehört hatte und von diesem 1422 an Seitz Schiller verkauft wurde. Mit Niklas II. Muffel scheint für 1426 erstmals ein Besitzer aus dem Kreis der ratsfähigen Geschlechter auf. 1430 wurde als Nachfolger Gabriel Tetzel mit dem „Gigitzenhof“ belehnt, der ihn im April 1440 seinen Söhnen Gabriel und Hennslein vermachte.

Ein erster Hinweis auf einen, wenn auch bereits zerstörten Herrensitz findet sich in der Verkaufsurkunde von 1455. Seinerzeit veräußerte Gabriel Tetzel die Liegenschaft an Wilhelm Löffelholz, der nun eine fast 500-jährige Besitztradition des Nürnberger Geschlechts begründete. Als Kaufobjekte wurden ausdrücklich der „Gigitzenhof“, ein weiteres Bauerngut, ein Stadel sowie der „Burgstall“ (die Stelle eines abgegangenen Sitzes) mit Graben festgehalten. Ob dieser Herrensitz im Ersten Markgrafenkrieg 1449/50 zugrunde gegangen war, wird jedoch nicht ausdrücklich überliefert.

Wahrscheinlich blieb die Burgstelle auch unter der Familie Löffelholz noch längere Zeit unbebaut. Dass das Löffelholzsche Schloss als dreigeschossiger, mit Sandsteinquadern aufgeführter Neubau erst 1515/16 entstand, bezeugt schließlich der Lehenbrief, mit dem Kaiser Maximilian I. im April 1515 Wolf Löffelholz mit Gibitzenhof belehnte. Ausdrücklich wurde dem Bau zugestimmt, auch gewährte der Rat der Reichsstadt „ziemlich pawholz“ aus dem Reichswald für den Löffelholzschen „sytz“. 1517 räumte Wolf Löffelholz der Reichsstadt das Öffnungsrecht über den neuen Herrensitz ein.

Dieser wurde im Zweiten Markgrafenkrieg am 1. Juni 1552 zumindest in Teilen demoliert, wobei die massive Konstruktion des Herrenhauses vermutlich weitgehend erhalten blieb. 1562 war das Gebäude wieder in Stand gesetzt, als Matthias Löffelholz vom Waldamt ein weiteres Feuerrecht für sein „weierheuslein zum Gigitzenhof“ erhielt. 1563 beantragte er dann den Bau einer hölzernen Wasserleitung für den Abfluss des Wassergrabens, „der umb meinen sitz zum Gigitzenhof geet“, in den nahen Landgraben. Der Schlossherr verstarb 1579, ihm folgte nach einer kurzen Vormundschaftsregelung sein Sohn Matthias jun. nach. Er beantragte im Zeitraum von 1595 bis 1603 den Bau einer Viehstallung und verschiedene Umbauten an den Ökonomiegebäuden. Seit 1616 war Christoph Löffelholz Besitzer. Vermutlich musste er 1632 nicht näher überlieferte Schäden durch kaiserliche Kriegsvölker hinnehmen, die in Gibitzenhof einfielen und dabei mindestens zwei bäuerliche Gebäude niederbrannten.

Größere Veränderungen traten dann erst im 18. Jahrhundert wieder ein. 1730 beantragte Johann Hieronymus Löffelholz einen Neubau des Gesindewohnhauses im Schlosshof, das bereits vor 1693 wegen Baufälligkeit abgebrochen worden war. Unter seinem Nachfolger Georg Wilhelm Löffelholz sollte das Stallgebäude 1752 abgebrochen und neu errichtet werden. Dieses Bauprojekt wandelte sich schließlich 1752/53 zum Neubau eines zweiten Herrenhauses, das künftig als „neues Schloß“ bezeichnet wurde. Der zweigeschossige Satteldachbau erhielt Umfassungen aus Sandsteinquadern und einen repräsentativen westlichen Giebel, der mit Kugelaufsätzen geschmückt war.

Im frühen 19. Jahrhundert, als Georg Carl Wilhelm und Jakob Gottlieb Wilhelm von Löffelholz den Besitz administrierten, umfasste die Schlossanlage vor den Toren der Stadt zwei Herrenhäuser, ein Bauern- und Gesindehaus, zwei Zinshäuser, einen Schlossstadel, mehrere land- und hauswirtschaftliche Nebengebäude sowie das so genannte „Vogelweiherhaus“, das als Sommerhaus genutzt wurde. Das alte Schloss, ein dreigeschossiger Wohnturm aus Sandsteinquadern, war als idealtypisches Weiherhaus noch bis etwa 1900 von einem gefütterten Wassergraben umgeben, der vom nahen Vogelweiher gespeist wurde. Nach fast 500 Jahren im Besitz der Freiherren von Löffelholz wurde der Herrensitz im Bombenkrieg 1945 zerstört. Die Ruinen mehrerer Gebäude wurden 1950 bis auf den Stadel und Teile der Hofmauer beseitigt. Das Vogelweiherhaus musste noch in den 1950-er Jahren einem Neubau weichen.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Urk. Nr. 1495. Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 438, 1315.

StadtAN E 10/21 Nr. 68. E 22/I Nr. 20.

Müllner I, S. 337.

Reg. Imp. XI/1 Nr. 4948, 7829.

Literatur


HAB Nürnberg-Fürth, S. 177 f.

KDM Stadt Nürnberg, S. 300.

Rusam, Dorfkerne, S. 128-130.

Schwemmer, Bavaria Ant., S. 34.

Ruthrof, Renaissance, S. 33.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 360 f, Kupferstich von J. A. Boener von etwa 1700.


Abbildung

Ansicht des Herrensitzes mit dem Herrenhaus im gefütterten Graben, Kupferstich von vor 1708 aus Nürnbergische Hesperides von J. C. Volkamer (StadtA Lauf)

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