Gräfenberg I

  • Ehemalige Burganlage
  • Bahnhofstraße 11-21
  • Stadt Gräfenberg
  • Landkreis Forchheim


Neben dem Pflegschloss [vgl. Gräfenberg II] existierte in Gräfenberg direkt am Ufer der Kalkach im Bereich der Bahnhofstraße eine zweite, heute weitgehend vergessene Burganlage. Mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits vor dem Bau der Stadtmauer errichtet, erklärt sich ihre auf den ersten Blick strategisch ungünstige Lage durch ihre Kontrollfunktion für die früher hier vorbei führende Handelsstraße von Nürnberg nach Sachsen. Geschützt war die Anlage von einem Graben, der vom Wasser der Kalkach gespeist wurde.

Aus dem Jahre 1477 haben wir in der Besitzregelung der beiden Ortsherren Haller und Tetzel die erste Beschreibung der Burg an der Kalkach als „Schloss mitsampt Mauern, wässern und innern Zwingern, Greben und brucken als es yezund umbfangen und begriffen ist, auch die zway vichhewser und der platz vor dem Schloss, alles zu Grefenberg gelegen“.

Der Bauzustand der alten Veste muss jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits besorgniserregend gewesen sein, da 1485 Ulrich VI. Haller den böhmischen König als Lehnsherrn bat, auf seinen halben Teil von Gräfenberg bis zu 1.000 Gulden aufnehmen zu dürfen, um damit die baufällige Veste zur reparieren. Noch im gleichen Jahr nahm er bei seinem Vetter (und Mitbesitzer von Gräfenberg) Hans Tetzel dem Älteren 800 Gulden auf.  Nach Ulrich Hallers Tod 1488 wurde  sein Besitz in Gräfenberg unter seinen Söhnen Ulrich VII. und Bernhard aufgeteilt, die bereits 1492 (Ulrich) und 1496 (Bernhards Witwe Dorothea) ihre Anteile an Hans Tetzel um 1.900 Gulden bzw. eine Leibrente verkauften.

In seiner Besitzaufstellung aus den Jahren um 1500 sprach Hans Tetzel, nun Alleinbesitzer von Gräfenberg, vom „alten Schloß mitsamt dem Vorhof und mit zwei gemauerten Zwingern gerings umhin, mit dem Thurn und gebautem Vorwerk“. Wollte man das Schloss neu erbauen, müsste man, so Tetzel, sicherlich mehr als 3.000 Gulden aufwenden, so aber war es „wohl bei 400 oder 500 Gulden wert“. „Fest bauen“ ließ es sich zu seiner Zeit freilich noch „mit geringem Geld“.

Zur Instandsetzung kam es nicht, weil Tetzel  seinen Sitz im „Steinhaus“ bei der Kirche beibehielt. Ohne Funktion und wohl auch ohne Nutzung, verfiel die alte Burganlage zusehends und erschien bereits 1520, dann nochmals 1561 und 1562 als „Burgstall“. Eine Nürnberger Kommission empfahl nach Übernahme Gräfenbergs durch die Reichsstadt Mitte des 16. Jahrhunderts, die Gebäude abzutragen und die Steine zum Neubau von Häusern oder zur Ausbesserung der Stadtmauer zu verwenden. Nur der Turm sollte wie bisher als Gefängnis weiter genutzt werden und stand noch 1542. 1561 plante man die Errichtung von acht (!) Wohnhäusern auf dem Areal des Burgstalls; 1563 und 1565 wurden Mauerreste eingelegt, der Abraum zur Anböschung der Stadtmauer verwandt, um eine weitere Unterspülung durch die Kalkach zu verhindern. Noch 1583 mussten Steine des alten Schlosses zur Ausbesserung der Stadtmauer herhalten.

Spätestens mit Beginn des 17. Jahrhunderts setzte mit dem Bau des Malzdörrhauses „auf dem alten Burgstall“ die Überbauung des Geländes ein, wobei den privaten Bauherren ausdrücklich die Nutzung der Steine erlaubt wurde. 1617 war auch der Turm verschwunden, auf seinen Fundamenten wurde „auf dem Schlossplatz hinter der Dörr“ das sogenannte „Herrenhäuschen“ errichtet. Im Keller des Hauses sind noch Fundamente des Turmes mit einer Mauerstärke von ca. 1,6 Meter zu sehen. Durch die große Überschwemmung von 1778 wurde das benachbarte Haus stark beschädigt; ein erhaltener Stich lässt an der Bachseite außergewöhnlich massive Grundmauern erkennen, die möglicherweise zur alten Burganlage gehörten. Im Keller des 1792 abgebrochenen Hauses haben sich bis heute ca. 1,50 Meter dicke Gewölbe erhalten.

Quellen


HallerA Urkunden und Akten betr. Gräfenberg (mit Auszügen aus den Archivalien des StAN).

StadtAN B 14/I Bd. 13, Bl. 114.

StAN Rst. Nbg., Nürnberger Salbücher Nr. 209. Rst. Nbg., Landpflegamt Urk. Nr. 158, 159.

StBBa MvO 60 fol. 23v.

Stahl, Irene (Hg.): Die Nürnberger Ratsverlässe Heft 1 1449–1450. Neustadt/Aisch 1983, v.a. S. 149 und 167.

Literatur


Deliciae II, S. 175-181.

Gundelfinger, Gerhard: Häuserchronik der Stadt Gräfenberg. Gräfenberg 2001, S. 73-76, 168 f, 171, 341, 392-394, 416, 433.

HAB Forchheim, S. 17 f, 25, 35 f.

Haller, Bertold Frhr. von: Zusammenstellung der Gräfenberg betr. Urkunden 1300–1600. Unveröff. Mskr.

KDM Forchheim, S. 114 f, 120.

Kunstmann, Hellmut: Die Burganlagen in Gräfenberg, ihre Besitzer und ihre Schicksale. In: MANL 10 (1961), Heft 1/2, S. 16-25.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 374 f.


Abbildung

Das Pflegschloss (bez. B) auf einer Stadtansicht Gräfenbergs aus dem Jahre 1639. Feder-/Pinselzeichnung (StAN)

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