Grünreuth I

  • Abgegangener Herrensitz, „Grünreuther Schlößl“ (1920 abgebrochen)
  • Gemeinde Hartenstein
  • Landkreis Nürnberger Land


Nördlich des Grünreuther Gasthauses und unmittelbar bei einem jüngst errichteten Neubau stand auf einem niedrigen Felssporn ein Herrensitz, der als „Grünreuther Schlößl“ bekannt ist und erst im 20. Jahrhundert ein unrühmliches Ende fand. Heute lassen sich noch geringe Mauerreste des ehemaligen Herrenhauses beobachten. Der Herrensitz ging aus einer dem Hochstift Bamberg mannlehnbaren Forsthube des Veldensteiner Forstes, demnach einem Dienstlehen eines bischöflichen Forstmeisters, hervor. Bemerkenswert ist jedoch, dass der Herrensitz selbst pfalzgräfliches Lehen war. Daraus entwickelte sich ein Streit um die Gerichtsbarkeiten, der bis zum Ende des Alten Reiches zwischen Bamberg und Kurbayern nie richtig geschlichtet werden konnte.

Im bischöflichen Urbar von ca. 1323/28 ist „Ennenreut“ eingetragen, wo ein Gottfried Grazberger als Lehnsmann saß. Nach Schwemmer soll sich dies auf Grünreuth beziehen, nach Schnelbögl handelt es sich dagegen um eine Wüstung bei Großmeinfeld. Im Lehnbuch der Schenken von Reicheneck von 1331 scheint dann erstmals eindeutig „dy Grünen Rheutt“ auf: Das mächtigste Geschlecht an der Pegnitz besaß die Erbförsterwürde, hatte jedoch die Forsthube als Afterlehen an Hainrich Kastner, vermutlich ein Angehöriger des Amberger Hammerherrengeschlechts, verliehen. Nach Eckard Lullies ist das Lehen an der Erbforsthube erst mit Erlöschen der Schenken 1411 dem Lehnsherrn, dem Hochstift Bamberg, heimgefallen. Es wurde anschließend dem Nürnberger Bürger Eckart Neidung, wohl dem Ministerialengeschlecht der Neidunge entstammend [vgl. Diepoltsdorf, Winterstein], verliehen. Das Mannlehen ging später an Wilhelm Stör, 1448 an Werner von Parsberg. 1491 wurde Jörg Schreiber, Bürger zu Auerbach, mit den 2 Höfen und 5 Selden zu Grünreuth, die er von den Erben des Heinrich Stromer gekauft hatte, von Bamberg (und wegen der Forsthube auch von pfälzischer Seite) belehnt. Die Nürnberger Erkundung des Landgebietes vor Ausbruch des Landshuter Erbfolgekrieges behauptete dagegen 1504 immer noch, dass „Grünreuth der Stromer von Auerbach sei“; ein Sitz wird nicht erwähnt.

Die Schreiber mussten nach der Gegenreformation Auerbach verlassen, einige Mitglieder dieser Familie wurden in Nürnberg ansässig. Vermutlich entstand erst unter den Schreiber, die sich auch nach Grünreuth nannten, der Bau des Herrenhauses auf dem Grund der Forsthube. 1663 verfügte der pfalz-sulzbachische Hofratsassessor Johann Paul Schreiber von Grünreuth über das Lehen und die dazugehörigen grundherrschaftlichen Rechte. Damals verklagte er das Kastenamt Auerbach, weil es die „Reiteranlage“, eine Kriegssteuer, für seine Untertanen erhöhen wollte.

Einige Zeit nach 1663 geriet das Landsassengut an die ebenfalls in Nürnberg ansässigen von Wimpffen, denen auch mehrere Hammerwerke in der Region gehörten [vgl. Hirschbach, Rothenbruck]. Um 1699 wurde der Sitz zusammen mit dem Hammergut Hirschbach von Georg Abraham, Johann Christoph und Johann Carl von Wimpffen an den obersten Nürnberger Kriegsrat Friedrich Wilhelm Ebner von Eschenbach veräußert, der sich im frühen 18. Jahrhundert nun auch zu Hirschbach und Grünreuth nannte.

Dieser verstarb 1711 und wurde von  Jobst Wilhelm d. Ä. und Johann Wilhelm Ebner beerbt. Jobst Wilhelm, seit 1723 Alleinbesitzer, verschied 1755, woraufhin die Söhne Jobst Wilhelm d. J. und Johann Carl die Nachfolge in Grünreuth antraten. Nach dem Tod des jüngeren Jobst Wilhelm 1763 verkaufte die Ebnersche Erbengemeinschaft den Herrensitz ohne Mitteilung und Zustimmung der Lehnsherrschaft an einen Johann Fechter. Als die Transaktion der Amberger Regierung bekannt wurde, setzte ein jahrzehntelanger Rechtsstreit mit den neuen Besitzern ein, der auch nach dem Tod Johann Fechters 1778 weitergeführt wurde. Seine Witwe, die eine Vorladung zum kuroberpfälzischen Lehenhof nach Amberg ignorierte, heiratete in zweiter Ehe den  Auerbacher Michel Hartmann. Noch bis 1793 hielt selbst der oberste bayerische Lehenhof in München daran fest, dass der Sitz mit dem Tod des letzten Ebners an Kurbayern als Lehnsherrschaft hätte heimfallen müssen. Noch immer forderte Kurbayern von der Familie Ebner von Eschenbach die Auszahlung des Kaufpreises. Dem Michel Hartmann sicherte München jedoch Ende 1792 die nachträgliche Belehnung gegen eine Gebühr von 50 Gulden zu.

Michel Hartmann verlor das Grünreuther Schlösschen mit zwei Gärten und einem erstmals erwähnten Keller durch eine Zwangsversteigerung am 10. April 1807, bei der die Gemeinde Grünreuth durch ein Höchstgebot von nur 161 Gulden den Zuschlag erhielt. Die Gemeinde räumte auch dem bisherigen Mieter, einem Friedrich Plendinger, ein lebenslängliches Wohnrecht ein. Der Mieter hatte angegeben, seit 18 Jahren im Herrenhaus zu wohnen und dort auch seine Schwiegereltern zu beherbergen, die selbst schon seit weit über 20 Jahren dort hausten.

Mit dem Gemeindebesitz brach für den ehemals Ebnerschen Sitz die Zeit als Armenhaus an. Die Nutzung der beiden Schlossgärten wurde verpachtet. Am Bauunterhalt des nunmehrigen Armen- und Hirtenhauses sparte die Gemeinde offenbar über Jahrzehnte. In den 1890-er Jahren monierte das Bezirksamt mehrfach den sehr schlechten Zustand des Gebäudes. 1891 waren die Treppe schadhaft, die Dachdeckung undicht und entsprechende Wasserschäden bemerkbar geworden. Dass die Giebel verbrettert werden sollten, lässt vermuten, dass die im 18. Jahrhundert vorhandenen Walme auf Grund von Schäden durch eine einfache Satteldachlösung ersetzt worden waren.

Das Ende des Grünreuther Herrenhauses bahnte sich 1919 an, als sich die Gemeinde zum Verkauf entschloss. Am 10. März 1920 wurde es schließlich auf Abbruch dem  Nürnberger Architekten Jakober, der damals noch die Burg Hartenstein besaß, verkauft. Jakober wollte Steinmaterial vom Grünreuther Abbruch für den Bau seines auf der Burg geplanten Erholungsheimes für Offiziere und Soldaten heranziehen. Dank eines Kupferstiches des Nürnberger Künstlers Johann Adam Delsenbach ist uns der Grünreuther Herrensitz aus der Zeit um 1722 bildlich überliefert. Es handelte sich um ein annähernd quadratisches Herrenhaus mit jeweils drei Fensterachsen und einem Walmdach.

Quellen


StAAm Amt Auerbach Nr. 582, 583. Amt Hartenstein Nr. 71. Pfalz-Sulzbach Regierung, Sulzbacher Akten Nr. 77/155.

StABa B 76/Amt Neuhaus-Veldenstein, Nr. 34, 35.

StAN Rst. Nbg., Landpflegamt, Pflegamt Velden Rep. 39b, fol. 74, Nr. 9. Rst. Nbg., Waldamt Sebaldi I Nr. 292.

Scherzer, Walther: Das älteste Bamberger Bischofsurbar 1323/28 (Urbar A). In: Bericht des Historischen Vereins Bamberg 108 (1972), S. 136, 139.

Literatur


Giersch, Robert: Archivalienforschung zur Baugeschichte der Burg Hartenstein. Schwerpunkt 16. bis 19. Jahrhundert. Denkmalpflegerische Voruntersuchung 2005. Unveröff. im BLfD.

Ders.: Kurze Geschichte der Burg Hartenstein. Hartenstein 2006.

Glaß, Erich von: Die Schreiber von Grünreuth. In: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 124 (1984), S. 333-347.

Heinz, Walter: Das ehemalige Schlößchen in Grünreuth. In: Ehemalige Burgen im Umkreis des Rothenbergs. 3. Teil: Von der Hacburg zum Grünreuther Schlößl (= Vom Rothenberg und seinem Umkreis Heft 15/3). Schnaittach 1992, S. 172-176.

Kaschel, Werner: Das Schloß zu Grünreuth. Sein Schicksal seit dem Übergang in die Hände der Ortsgemeinde im Jahre 1809. Manuskript o. J.

Ders. / Pfeiffer, Eckhardt: Der Niedergang des Schlößchens in Grünreuth. In: Heimatbeilage der Hersbrucker Zeitung 69 (1999), Nr. 4, S. 15 f.

Schnelbögl, Fritz: Siedlungsbewegungen im Veldener Forst. In: JffL 11/12 (1953), S. 226 f.

Schnelbögl, Fritz: Auerbach in der Oberpfalz. Aus der Geschichte der Stadt und ihres Umlandes. Auerbach 1976.

Schwemmer, Wilhelm: Die Burg und das ehemalige Bamberger Oberamt Veldenstein. In: Bericht des Historischen Vereins Bamberg 92 (1952/53), S. 79-83.


Abbildung

Grünreuth aus östlicher Richtung, Ausschnitt aus einem Kupferstich von J. A. Delsenbach um 1722 (StadtMN)

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