Gleißhammer I

  • Herrensitz, „Zeltnerschloss“
  • Gleißhammerstraße 2-6
  • Stadt Nürnberg


Der seit dem 19. Jahrhundert „Zeltnerschloss“ genannte Herrensitz ist als Hammerschloss entstanden. Der Gleißhammer mit seiner Eisenhütte zählt zu den ältesten überlieferten Industrieanlagen Nürnbergs: Im frühen 14. Jahrhundert war Conrad Stromer „der Lange“ aus dem bekannten, der Reichsministerialität entstammenden Nürnberger Geschlecht der Besitzer. 1336 verkaufte er den Gleißhammer an den Reichsmünzmeister Konrad Groß, den Stifter des Heilig-Geist-Spitals. Im Jahr 1370 räumte Konrad Groß der Jüngere der Reichsstadt Nürnberg das Öffnungs- und ein Vorkaufsrecht für Nürnberger Bürger über seinen Sitz ein. 1403 kaufte der  Montanunternehmer und Finanzmakler Herdegen Valzner Hammerwerk und Sitz von Sebald Groß und erneuerte 1408 das Öffnungsrecht der Reichsstadt. Der im böhmischen Bergbau reich gewordene Kaufmann, dessen Vorfahren aus Großenfalz bei Sulzbach, im Herzen des oberpfälzischen Bergbaus, stammten, beabsichtigte schließlich beim Gleißhammer, wie Nürnbergs Chronist Müllner schrieb, „ein gewaltig Haus allda aufzubauen“. Valzner hatte schon die hölzernen Konstruktionsteile zugerichtet und abgebunden vor Ort liegen, als der Nürnberger Rat die Genehmigung verweigerte. Daraufhin wurde das Bauholz für den Neubau eines Valznerschen Stadthauses herangezogen und auf den Bau des Herrensitzes verzichtet.

Nach dem Tod des Unternehmers 1423 und seines gleichnamigen Sohnes 1427 befand sich die Liegenschaft noch für einige Zeit in der Hand der Witwe und soll 1448 an deren Schwester Anna, Ehefrau des Jakob Toppler, Sohn des berühmten Rothenburger Bürgermeisters Heinrich Toppler, vererbt worden sein. 1476 waren Conrad Toppler, Stephan Peßler, Martha Haller und Margaretha Tetzel, Tochter des Jakob Toppler, gemeinschaftlich Besitzer. Margaretha und ihr Sohn Friedrich Tetzel besaßen den Sitz im frühen 16. Jahrhundert. Sie erlebten, wie es im Landshuter Erbfolgekrieg 1504 von unter pfälzischer Fahne stehender Soldateska unter der Führung des Balthasar von Seckendorff niedergebrannt wurde. Im Ersten Markgrafenkrieg 1449, besetzt mit Nürnberger Söldnern, hatte der Sitz einem Angriff der feindlichen Truppen noch standgehalten.

1522 war zwar die Hammeranlage wieder in Betrieb, der Sitz dagegen war abgegangen, als er als „Hammerweier, darinnen ein Burkstal“, von Friedrich Tetzel an seinen Vetter Sigmund Fürer verkauft wurde. Dieser veräußerte den Besitz umgehend an den Kaufmann Jörg Schlaudersbach weiter. Der Käufer ließ daraufhin noch 1523 ein neues, massives Herrenhaus errichten und räumte der Reichsstadt 1524 wiederum das Öffnungsrecht ein. Im Zweiten Markgrafenkrieg wurde die Hammeranlage von der Nürnberger Besatzung kampflos aufgegeben, gleichwohl von den markgräflichen Truppen am 31. Mai 1552 mitsamt dem neuen Herrenhaus in Brand gesteckt.

Offenbar war das Gebäude nicht völlig ruiniert worden, denn des 1552 verstorbenen Besitzers Sohn, Christoph Schlaudersbach, erklärte bereits 1556, er unterhalte auf seinem Anwesen nebst anderen Gebäuden auch ein „herrn hauß“. Der jüngere Schlaudersbach starb 1562 am Bodensee, nachdem er wegen Gewalttätigkeiten gegenüber seiner Ehefrau aus der Reichsstadt ausgewiesen worden war. Da er auch zahlreiche Schulden hinterlassen hatte, wurde der Gleißhammer mit dem Sitz in einem Zwangsverfahren an die mit den Schlaudersbach verwandten Endres und Jakob Imhoff verkauft.

Jakob Imhoff ließ dann 1569 vom Bau- und Steinmetzmeister Hans Fuchs das noch vom Krieg gezeichnete Herrenhaus bis auf die Grund- und Sockelmauern abbrechen und an alter Stelle neu errichten. Außerdem wurde das Gebäude im Osten um etwa 5 Meter verlängert und mit einem zur Hälfte ins innere Gefüge eingebauten Treppenturm sowie mit Ecktürmchen versehen. Der Bauherr wünschte sich auch drei Hauptzugänge, deren Portale in der Formensprache der italienischen Renaissance ausgeführt werden sollten, mit einem „welschen Architrav“ und vier begleitenden Säulen. Im Erdgeschoss waren ein gewölbter Sommersaal und die Eingangshalle geplant, die auch für Wägen befahrbar gemacht werden sollte. Selbst der vorhandene Keller sollte beim Wiederaufbau erneuert werden. Gegen Süden sollte Fuchs eine mit Zinnen bewehrte Mauer aufrichten und den Raum zwischen Herrenhaus und Mauer mit Bauschutt auffüllen und zu einem Zwinger ausbauen.

Nach einer Abbildung im so genannten Cnopfschen Skizzenbuch stand der Bau wie schon der mittelalterliche Vorgänger auf einer Insel im Gleißhammerweiher. Zusätzlich wurde der Sitz durch einen westlich gelegenen Torbau, der über eine Holzbrücke erreicht wurde, geschützt. Das Hammerwerk war zu dieser Zeit offenbar nicht mehr in Betrieb, denn Johannes Müllner bemerkte 1623 „ein schönes Lusthaus mit einem Weiher und Gärten umbgeben“, wo vor Jahren „ein Hammer gewest“. 1632 soll der Herrensitz in die strategischen Planungen des schwedischen Königs Gustav Adolf vor seinem Treffen mit der kaiserlichen Armee unter Wallenstein einbezogen worden sein.

Die Imhoff besaßen das Schloss Gleißhammer bis 1654, dann ging es an Georg Seifried Koler, der Susanna Imhoff geheiratet hatte. 1667 scheint Paul Sigmund Koler, verheiratet mit Katharina Imhoff, als Besitzer auf. Er wurde 1685 von Johann Joachim Nützel beerbt. 1713 gelangte Jobst Wilhelm Ebner von Eschenbach der Ältere, vermählt mit Nützels Tochter Maria Sophia, an den Sitz. Er wird noch 1749 als Besitzer bezeugt. 1755 folgte der 1763 verstorbene Jobst Wilhelm Ebner der Jüngere nach. Seine Witwe Helena Eleonora beantragte 1778 im Schlosshof den Neubau eines weiteren Beständnerhauses, um hier noch mehr Mieter aufnehmen zu können. 1779 brannte eines der im Hof stehenden Nebenhäuser ab. Kurz darauf erwarb Gottlieb Christoph Scheurl von Defersdorf das Schloss und ließ seit 1782 einige Umbauten ausführen. Dies begann mit dem Einbau von zwei Innenwänden im Erd- und zweiten Obergeschoss, die zur besseren statischen Sicherung des inneren Tragwerks dienen sollten. Ein „spitziges“ Türmlein am „hintern Giebel“ sollte 1782 umgebaut werden und eine Satteldachkonstruktion erhalten.

Der Nürnberger Ratskonsulent Eberhard Jodokus König von Königsthal kaufte das Schloss schließlich um 1790. 1795 beantragte Königsthal nicht nur Ersatz für das 1779 zerstörte Nebengebäude und frühere Hochwasserschäden, sondern auch einen gravierenden Um- und Erweiterungsbau des so genannten Basteigebäudes, das aus dem Torbau hervorgegangen war. Der Schlossherr wollte in den neuen Räumen Personal und weitere Mieter unterbringen. Die Baumaßnahme wurde im Juni 1795 genehmigt; man untersagte jedoch, die Zahl der Feuerstellen und Mieter zu erhöhen. 1796 sollte dann auch das südliche Hofgebäude erneuert werden.

Im Jahr 1845 wurde der Herrensitz durch ein verheerendes Hochwasser beschädigt. Noch in diesem Jahr wurde das reparaturbedürftige Anwesen an den Fabrikanten Johann Zeltner, Inhaber der bekannten Ultramarinfabrik, verkauft, da Wilhelm Georg Eberhard König von Königsthal mit der Wiederherstellung finanziell überfordert war. Der Käufer ließ die Gebäude aufwändig renovieren und den Schlossweiher zur Hälfte auffüllen. Unter dem Fabrikanten, der 1848 auch der Nationalversammlung in der Paulskirche zu Frankfurt am Main angehörte, wurde  der neue Name Zeltnerschloss üblich. 1884 erbte der Schwiegersohn Zeltners, Edwin Beckh, die Liegenschaft. Er ließ südlich des Schlosses einen Turm bauen, der jedoch schon 1920 wieder abgebrochen wurde. Nach dem Tod Beckhs 1908 ließen die Erben an der östlichen Umfassung eine Holzveranda anbauen.

Im Jahr 1920 erwarb die Deutsche Reichsbahn von der Familie Beckh das Zeltnerschloss, das bei einem Bombenangriff 1943 schwerste Schäden hinnehmen musste. Bei der Instandsetzung 1955 wurde das Gebäude von der Bundesbahn in eher sparsamer Weise repariert. Man verzichtete auf den Wiederaufbau der Ecktürmchen und Giebel und richtete ein Walmdach auf. Die Stadt Nürnberg erwarb die Anlage 1981 und richtete in den 1980-er Jahren im Zeltnerschloss einen „Kulturladen“ ein.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Handschriften Nr. 323. Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 439 I und II.

StadtAN E 10/21 Nr. 69.

Gelegenhait, Nr. 589, 1856.

Müllner I, S. 360.

Literatur


Beckh, Herrmann: Johannes Zeltner (1805–1882), ein Nürnberger Unternehmer. In: MVGN 58 (1971), S. 304-336.

Beckh, Max: Geschichte des Schlosses Gleißhammer. Nürnberg 1925.

KDM Stadt Nürnberg, S. 305 f.

Lehner-Burgstall, S. 41-51.

Ress, Franz Michael: Bauten, Denkmäler und Stiftungen deutscher Eisenhüttenleute. Düsseldorf 1960, S. 120.

Rusam, Dorfkerne, S. 104-127.

Ruthrof, Renaissance, S. 6, mit Ausschnitt aus dem Kupferstich von J. A. Delsenbach um 1713.

Schnelbögl, Fritz: Herrensitze und Wirkungsstätten der Imhoff im Landgebiet der Reichsstadt Nürnberg. In: MANL 26 (1977), Heft1/2, S. 1-13.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 364, mit kolorierter Radierung von G. Adam um 1811; S. 1209, mit Kupferstich von J. U. Kraus nach Zeichnung von J. A. Graff von 1694.


Abbildung

Blick auf das „Zeltnerschloss“ von Süden, Fotografie: G. v. Volckamer um 1894 (StadtMN)

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