Großgründlach II

  • Schloss auf den Fundamenten einer mittelalterlichen Burg, zeitweise Kloster
  • Großgründlacher Hauptstraße 45
  • Stadt Nürnberg


Schloss Gründlach erhebt sich dicht westlich der Kirche auf einer leichten Anhöhe über der Niederung des gleichnamigen Flusses. Von der Existenz einer Burg erfahren wir erstmals im Jahre 1326, als Margarethe von Gründlach, nach dem Tod des letzten männlichen Namensträgers um 1314/15 Alleinerbin des Familienbesitzes, und ihr Gemahl Gottfried von Hohenlohe-Brauneck Gründlach mit „Burg, Markt, Gericht und Kirchensatz“ und weitere Besitzungen [vgl. Malmsbach] an Burggraf Friedrich IV. von Nürnberg verkauften.

Die Burg ist in weiten Teilen in den Kellern und in den Außenmauern des barockisierten Schlosses der Freiherren von Haller erhalten. Ihre bis über drei Meter dicken Mauern waren – am Sockel sowie in den Kellern noch sichtbar – mit exakt zugeschlagenen Buckelquadern verkleidet, wie sie in unserem Raum in den Jahrzehnten um 1200 nahezu ausschließlich für Reichsbauten eingesetzt wurden.

Gründlach war der Stammsitz der gleichnamigen Reichsministerialen, die seit 1140 im Umkreis des Königs nachweisbar sind. Spätestens seit ihrer Beteiligung am Meranischen Erbfolgekrieg (nach 1248) auf der Seite des Bamberger Bischofs waren ihr Besitz und Einfluss sichtbar gestiegen. Davon zeugen Heiraten mit den Edelfreien von Schlüsselberg und Ahorn, die Stiftung des Klosters Frauenaurach (vor 1271) und schließlich die Wahl Leupolds von Gründlach zum Bischof von Bamberg (1296).

In Gründlach hatten sie den alten Ortskern um die regelmäßig angelegte nördliche Hauptstraße (wohl den 1326 erwähnten Markt) erweitert, die exakt auf den Kirchturm zuführt. Die Kirche entstand vermutlich im 13. Jahrhundert anstelle einer Burgkapelle, deren Apsisfundamente 1987 im Schiff der Kirche aufgedeckt wurden; das aufgehende Mauerwerk der Nordseite ist noch in der nördlichen Langhauswand der heutigen Kirche erhalten.

1326 erscheint die Burg als Eigengut der Gründlacher, über das sie und ihre Nachfolger frei verfügten. 1343 verkauften die Burggrafen Johann und Albrecht die ererbte „Veste“ an Kunigunde, Witwe Graf Ottos VII. von Orlamünde, die noch in diesem Jahr das Zisterzienserinnenkloster Himmelthron stiftete. Die Burg und ihr Zubehör (darunter der sie umgebende Baumgarten sowie der über der Hauptstraße gelegene Bauhof) im Wert von 5.000 Pfund Heller dienten zunächst als Anlagevermögen des Klosters, mit dessen Verwaltung die Gräfin Konrad Groß, den Stifter des Nürnberger Heilig-Geist-Spitals, betraute.

Es kam jedoch zu Auseinandersetzungen, die 1348 zum Umzug des Konvents nach Großgründlach führten. Die Pfarrkirche wurde zur Klosterkirche umgebaut und zu diesem Zweck bis zur Burg verlängert, die wiederum zum Kloster adaptiert wurde. Über Art und Umfang der Baumaßnahmen sind ansonsten keine Einzelheiten bekannt. Wohl auf eine spätere Reparatur weist die Jahreszahl 1464 an der Mittelsäule des großen Südkellers hin.

Im Zuge der Reformation löste sich 1525 der Konvent selbst auf. Die Reichsstadt richtete für die zugehörigen 36 Anwesen in Großgründlach und ein Gut in Reutles ein eigenes Amt ein, dessen Pfleger im Kloster – also der ehemaligen Burg – wohnte. Aus dem Nachlassinventar des 1545 verstorbenen Pflegers Wolf Löffelholz erfahren wir immerhin die damals vorhandenen Räume: Ein großer Saal, eine geräumige Wohnstube und die Stube der Äbtissin sowie sieben Schlafkammern für die Kinder bzw. Gäste, Knechte und Mägde. Außerdem werden Küche, Keller, das (als Vorratskammer benutzte) alte Refektorium, ein Badstüblein sowie eine Hasenkammer zur Aufbewahrung des Jagdzeugs erwähnt, schließlich noch die Schreinerstube, das Reiter- und das Torstüblein.

Wenige Jahre später traf der Zweite Markgrafenkrieg Gründlach am 23. Mai 1552 wie kaum einen anderen Ort: „Gründlach, auch ein Frauen Closter gewest, das ist mitsambt der Kirchenn und dem gantzen Dorff jemmerlich verprendt worden“. Der Schaden an der (Kloster-) Burg wurde mit 6.000 Gulden, an der Kirche mit 3.000 Gulden veranschlagt.

1572 kaufte der Nürnberger Patrizier Philipp Geuder um 12.000 Gulden die durch den Rat nach 1552 nur notdürftig in Stand gesetzten Gebäude mit dem zugehörigen Besitz und ließ mit erheblichem Kostenaufwand das Schloss innerhalb der noch vorhandenen Umfassungsmauern wieder aufbauen. Nach seinem frühen Tod fiel der Besitz 1581 zunächst an seine Witwe Katharina, geb. Welser, die das zum Kauf benötigte Kapital bereit gestellt hatte. Das Schloss war aber z. T. nur provisorisch wiederhergestellt worden und dabei immer noch als Wehrbau konzipiert. Denn bei einem Augenschein um 1585/90 wurde festgestellt, dass der an das Herrenhaus gebaute Schlossturm, „darunter die Gefängnus“ (der alte Bergfried), lediglich ein Notdach aufweise. Daher könne dort nur ein einziges Geschütz stehen. Frau Geuder beabsichtige, den Turm „mit einem ganzen Dachwerk zu überdecken, damit sie auf den vier Seiten das Geschütz haben“ könne. Im übrigen müsse man ihn vermutlich zur Hälfte abtragen und neu aufmauern. Aus dieser Zeit stammen die ersten genaueren Ansichten im Pfinzingatlas (1590), im so genannten Cnopfschen Skizzenbuch (um 1612/14) und in einer anonymen Federzeichnung.

1616 erbten die Pfinzing Schloss und Grundherrschaft, was zu jahrzehntelangen Prozessen mit der Familie Welser führte, die ebenfalls Anspruch auf Gründlach erhob. In diesem Zusammenhang wurden 1625 bei einem Augenschein etliche Bauschäden konstatiert. Das Tor war „an den Angeln abgefault“, die Bodendielen am Eingang des Hauses im Tennen waren „zimlich außgetretten“ und die hölzernen „gang seulen“ im Hof (die vielleicht zu einem offenen Umgang gehörten?) ebenfalls schadhaft. Karl Pfinzing beabsichtigte daher, die Säulen abzuschneiden und auf Steinsockel zu setzen.

Auch „an den kue- und schweinställen unden im schloßhoff“ sei „etlich erfaultes gehülz, außzuwechslen von nötten“, was Pfinzing ebenso in Ordnung zu bringen versprach wie den Fachwerkstadel im Bauhof, der nur mit teils bußwürdigen Brettern verschlagen war; ihn wollte er „zwischen den rigeln mit procken außmaurn laßen“.

1634 wurden Schloss, Dorf und Kirche durch kurbayerische Truppen zerstört. Das Herrenhaus wurde in Brand gesteckt, und da von dort „ein Gang oben in die Kirchen gangen“, ist das Feuer auch „in die Kirche gelauffen“. Mehrere großformatige Federzeichnungen von Johann Andreas Graff zeigen den Zustand der Schlossruine und der wieder errichteten Kirche im Jahre 1685. Zusammen mit den erwähnten Abbildungen vor 1634 erlauben sie eine Rekonstruktion des alten Bauzustandes.

Die Außenmauern bildeten annähernd ein Quadrat von knapp 30 Metern Seitenlänge. An der Südostecke erhob sich der alte Bergfried, vor dem ein Torhaus angebaut war, daneben führte der Eingang in das weitgehend fensterlose Erdgeschoss und den Innenhof. Am Obergeschoss fiel vor allem die enge Fensterstellung an der westlichen Südseite auf, die vermutlich die Lage des Saales kennzeichnete. Mit dem Bergfried korrespondierten an den drei übrigen Ecken Türmchen am Dachgeschoss; auch in der Mitte der Südfront erhob sich ein Dacherker. Auf der Ostseite war die ebenfalls zweigeschossige, mit dem Langhaus der Kirche unter einem Dach stehende ehemalige Nonnenkirche angebaut. Ebenerdig führte von dort eine erst 2006 aufgedeckte Türe (jetzt Fenster) in drei kleine gewölbte Räume, die abgesehen von den Kellern als einzige die Zerstörung von 1634 überdauert haben. Bis um 1811 blieb auch noch das aufwändige Renaissancetor stehen, das von der Großgründlacher Hauptstraße in den Garten führte.

Nachdem sich eine schon 1641 geplante Wiederherstellung des Schlosses als undurchführbar erwiesen hatte, blieb es insgesamt 50 Jahre als Ruine liegen. Erst 1685 begann Karl Sebastian Pfinzing mit dem Wiederaufbau (das Bauholz bezog er aus seinen eigenen Waldungen), doch starb er im selben Jahr. Ende 1698 sprach das Waldamt Sebaldi vom „meistenteils vollführten Schloßbau“ und verlangte die Einreichung von Plänen zur Berechnung des künftigen Bauholzbedarfs. Im Jahr darauf zeichnete der Baumeister Johann Trost den Grundriss der alten Fundamente sowie des Erd-, Ober- und Dachgeschosses. Im Februar 1700 bestätigte das Waldamt den Eingang der Pläne „wegen deß neu wieder aufgebauten Pfinzing. Schlosses“, und 1705 leistete der Pfarrer Tobias Münch seinen Treueid „im neuerbauten Schloss zu Gründlach“.

Unter Verwendung der erhaltenen Außenmauern wurde anstelle der alten Burg ein barocker zweigeschossiger Vierflügelbau errichtet, der einen regelmäßigen Hof umschließt (die offenen Arkaden auf dessen Südseite wurden erst 1924 vermauert). Den Eingang verlegte man in die Mitte, und die Fassaden erhielten gleichmäßig angeordnete Fenster. Auf den ursprünglich geplanten Ausbau des durch Gauben belebten Mansarddachs wurde verzichtet. Den Bergfried brach man ebenso ab wie die ehemalige Klosterkirche, die das Bindeglied zwischen Schloss und Pfarrkirche gebildet hatte.

Der Innenausbau zog sich noch längere Zeit hin. Unter Abänderung der Pläne von 1699 wurde um 1720 der bemerkenswerte, reich stuckierte Theatersaal mit den Allianzwappen des Christoph Carl Pfinzing (1680–1739) und seiner 1720 verstorbenen Gemahlin Helena Catharina Tucher eingerichtet. Ein Jahr später ließ Pfinzing eine Medaille auf die Umgestaltung der Kirche (1719) und die Fertigstellung des Schlosses prägen. Dagegen vermeldet die lateinische Inschrift über dem Eingang den Abschluss der Bauarbeiten erst für das Jahr 1723. Auch in den folgenden Jahrzehnten erhielten mehrere Räume noch prachtvolle Stuck­-decken, die z.T. Donato Polli zugeschrieben wurden, was aber kaum zutreffen dürfte.

Ob der bereits im Jahr 1700 verstorbene Johann Trost, der 1699 die Pläne gezeichnet hatte, auch die Bauleitung hatte, lässt sich nicht feststellen, da die Bauakten schon lange verloren sind. Kreß gab 1889 an, dass die Fassade „nach den etwas unbeholfenen Vorschlägen des Maurers Jakob Ingwer aus Danzig“ ausgeführt worden sei. Offenbar lag ihm noch ein entsprechender Riss vor, der aber inzwischen verschollen ist. Denkbar wäre auch die Beteiligung von Johann Ulrich Mösel, der um dieselbe Zeit für Pfinzings Schwager Christoph Wilhelm Tucher [vgl. Behringersdorf IV] und 1719 auch für Pfinzing selbst an der Großgründlacher Kirche tätig war.

Nach dem Erlöschen der Gründlacher Linie der Pfinzing kamen Schloss und Grundherrschaft 1739 an die Henfenfelder Linie und nach deren Aussterben 1764/66 an die Haller. Auch diese setzten die Verschönerung von Schloss und Garten fort. Vor allem wurde 1769 durch die Anlage einer Allee eine Sichtachse vom Einfahrtstor an der Hauptstraße durch den Barockgarten vor dem Schloss nach Westen geschaffen, die zu einer seit 1794 allmählich aufgelassenen Weiherkette zwischen den beiden Armen der Gründlach führte. Die um diese Zeit neu gepflanzte Allee aus Pyramidenpappeln musste später mehrmals ersetzt werden, zuletzt im Herbst 2004 durch Winterlinden. Das Schloss gehörte seit 1766 den Zwillingsbrüdern Johann Georg und Johann Sigmund Haller von Hallerstein. Für den letztgenannten, der 1794 bis 1804 als Reichsschultheiß die Geschicke Nürnbergs bis kurz vor dessen Einverleibung durch das Königreich Bayern gelenkt hatte, wurde 1805 ein klassizistisches Monument auf einem künstlichen Hügel in der so genannten Herrenwiese errichtet.

Seit 1873 gehört das Schloss der Sigmund Frhr. von Hallerschen Familienstiftung. Ein Bombenangriff brachte 1943 erhebliche Schäden an Dach, Fenstern, Türen und Stuckdecken, die ab 1947 wieder behoben wurden. Die kostspieligen Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass Großgründlach heute zu den besterhaltenen Schlössern und Herrensitzen des Nürnberger Umlands zählt.

Quellen


StAN Rst. Nbg., A-Laden Akten S I L 19 Nr. 14. Rst. Nbg., D-Laden Akten Nr. 324. Rst. Nbg., Rechnungen des Markgräflichen Krieges Nr. 96.

HallerA Gründlacher Archiv (enthält auch die Archivalien des Klosters Himmelthron).

 Müllner I, S. 317 f, 414-417.

Literatur


HAB Nürnberg-Fürth, S. 119 f.

Haller von Hallerstein, Helmut Frhr. von: Schloß und Dorf Gründlach. In: MANL 14 (1965), Sonderheft.

Ders.: Die Reichsministerialen von Gründlach und von Berg-Hertingsberg. In: MANL 14 (1965), Heft 1/2, S. 32-37.

Haller, Bertold Frhr. von: St. Laurentius in Großgründlach. Geschichte eines Kulturdenkmals im Knoblauchsland. Nürnberg 1990.

Ders.: Aus zwei Jahrhunderten Großgründlacher Geschichte. In: Vorstadtverein Alt Gründlach (Hg.): Geschichte(n) aus Großgründlach. Erlangen/München 1997, S. 8-51.

Ders.: Daten zur Baugeschichte von Schloß Großgründlach. Unveröff. Mskr.

KDM Fürth, S. 97-100.

KDM Stadt Nürnberg, S. 347-350.

Kreß, Georg Frhr. von: Gründlach und seine Besitzer. Nürnberg 1889.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 381 f, 386, 447.


Abbildung

Schloss von Südosten, Zustand 2006 (Bvh)

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