Gleißbühl

  • Abgegangener Herrensitz
  • Gleißbühlstraße
  • Stadt Nürnberg


Am Viehmarkt vor dem Frauentor lag bis zum 19. Jahrhundert der so genannte „Scherleins-Garten“, benannt nach der Familie Scherl, die den Hof vom 16. Jahrhundert bis ca. 1639 besaß. Über den Hof führten zwei Wege, welche die Lorenzer und Sebalder Stadt mit der Hadermühle verbanden. Auf dem weitläufigen Areal standen drei Häusergruppen: Am Südwesteck zum Viehmarkt hin die größte aus Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, eine weitere an der Gasse von der Lorenzer Stadt zur Hadermühle und eine letzte Gruppe am Südosteck gegenüber dem Flaschenhof [vgl. Hadermühle und Flaschenhof.]

Der gesamte Komplex befand sich Anfang des 18. Jahrhunderts in einer Hand, seine Besitzgeschichte lässt sich bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen. 1517 sprach man noch vom „Millasgarten darauff izt Bonaventura wont“, 1531 und noch 1633 befand sich das Areal in der Hand der Familie Scherl. 1531 war der Besitz mit sechs Feuerrechten ausgestattet und von fünf Leuten bewohnt.

Im 17. und 18. Jahrhundert wechselten die Besitzer rasch: Auf den 1639 nachweisbaren Hans Wolf Flürl folgte der „Anschicker“ Wolfgang Rupprecht, um die Jahrhundertwende Martin und Wolfgang Rost. 1705 sehen wir Johann Heinrich Müller, 1736 Georg Heinrich Müller auf „Müllers Gut uf dem Gleisbühl“. Wie wohl schon in den Jahrhunderten zuvor waren auch unter Georg Heinrich mehrere Gebäude an „Beständner“ (Mieter) vergeben. Ab 1750 ist der Konsulent Balthasar Sebastian Muncker neuer Besitzer, ab 1759 seine Witwe. Barbara Johanna geborene „Munckerin von Gleißbühl“ heiratete Georg Christoph Wilhelm Kreß von Kressenstein, der 1790/92 und im Kataster 1809 als Eigentümer des „Herrenhauses mit Stadel und Stallungen“ erscheint. 1824 war Georg Wilhelm königlicher Landrichter zu Burgebrach, 1825 errichtete er in seinem Garten an der Stelle des alten Herrensitzes ein neues Herrenhaus. 1857/58 verkauften die Erben Georg Wilhelms den Bereich des Scherleinsgartens an die Stadt Nürnberg, die hier – und auf dem wenig später erworbenen Flaschenhof – planmäßig die Marienvorstadt anlegte [vgl. Flaschenhof].

Es ist nicht bekannt, wann der ältere Herrensitz errichtet wurde und ob Vorgängerbauten existierten, nur eine knappe Beschreibung aus dem Jahre 1736 ist überliefert. Ihr zufolge war das „Herrschaftshaus“ zweigeschossig, besaß zwei Erker und eine „Stockrinne“. Das Gebäude in den Ausmaßen von 16 x 6,3 Meter war unterkellert und hatte unten zwei, oben eine beheizbare Stuben, die unten von einem Mieter bewohnt, oben von der Herrschaft bei ihren Aufenthalten genutzt wurden. An das „Wassertürmlein“ angebaut war ein kleines, eingeschossiges „Baulein mit 2 Dächern“, wo das Ochsenwerk, eine Holzlege und zwei Kammern untergebracht waren.

Der gesamte Komplex wurde im Laufe des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts im Zuge der Anlage der Marienvorstadt überbaut. 1930 hatten sich weder vom Herrensitz noch von den zugehörigen zahlreichen Ge­-bäuden und Teilgärten irgendwelche Reste erhalten.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 839, 883, 1346.

Literatur:


Frank zu Döfering, Karl Friedrich von: Die Kressen. Eine Familiengeschichte. Senftenegg 1936, Sp. 1552-1554.

HAB Nürnberg-Fürth, S. 149, 239.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 364, 670 f.


Abbildung

Ansicht des Scherleins-Gartens mit einem wohnturmartigen Hauptgebäude im Baumgarten, Ausschnitt aus dem Pfinzing-Atlas von 1594 (StAN)

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