Maiach

  • Herrensitz, „Tucherschloss“
  • Innstraße 43-47
  • Stadt Nürnberg


Der Herrensitz Maiach ist eng mit der Geschichte des Reichswaldes verbunden. Als so genanntes Zeidelmuttergut zählt er zu den Urzellen der Waldbesiedlung. Vermutlich saßen schon früh Dienstleute des königlichen Forstmeisters auf diesen Reichslehen. Im Spätmittelalter gerieten die Zeidelmütter allmählich an Nürnberger Geschlechter. Hatte noch Kaiser Karl IV. im 14. Jahrhundert den Bau neuer fester Häuser im Reichswald untersagt, wird sich die Entstehung weiterer Herrensitze spätestens nach dem Erwerb der beiden reichslehnbaren Wälder 1396 und 1427 durch die Reichsstadt Nürnberg abgezeichnet haben.

Der Sitz in Maiach dürfte auf einen herrschaftlichen Hof zurückgehen, der vom Deutschordenshaus in Nürnberg an das Elisabethspital vertauscht wurde. In dessen ältestem Urbar von 1394/97 werden nämlich Getreidegülten „von dem halben paw an dem hoff zu dem hindern Meyach“ genannt. 1416 soll dieser Besitz an Hilpolt Kreß (gestorben 1427) gekommen sein; dieser „hielt sich zeitlebens viel auf seinem Landgute Maiach auf“ und vermachte es seinem Bruder Conrad. Dessen Tochter Klara (gestorben 1463) brachte es ihrem Gatten Berthold Pfinzing zu, was durch einen Eintrag im Nürnberger Ratsbuch von 1482 bestätigt wird. Von Pfinzing fiel das Gut im späten 15. Jahrhundert an Hans Gärtner am Markt, so genannt, weil er in einem Anwesen am Nürnberger Hauptmarkt residierte. Zu seiner Zeit wird erstmals der mit einem Wassergraben geschützte „siz und zeidelgut zu Mayach“ bezeugt, als Gärtner ihn am 21. Februar 1495 an Hans IX. Tucher, in Nürnberg der „lange Hans“ genannt, verkaufte. 1499 führte Hans Tucher, der schon 1497 den Kammerwagen seiner Braut Cordula von Thill nach Maiach geschickt hatte, eine umfangreiche Renovierung des Herrenhauses durch, das damals als Weiherhaus bezeichnet wurde.

Im Zusammenhang mit überlieferten Schlosserarbeiten im Jahr 1504 wurde bezeugt, dass der Sitz schon damals über ein zweites Herrenhaus verfügte. Zum Schloss zählten darüber hinaus Verteidigungsanlagen wie ein Torhaus und eine Zugbrücke sowie Ökonomiegebäude und eine Kapelle. Im Landshuter Erbfolgekrieg 1504 wurde der Sitz stärker befestigt und mit reichsstädtischen Söldnern besetzt. Noch im Jahr zuvor war der als Unternehmer sehr erfolgreiche Hans Tucher bei einem Aufenthalt in Maiach von dem Placker Hans Baum überfallen und in die Rhön verschleppt worden. Erst nach einer Lösegeldzahlung von 3.000 Gulden wurde der „lange Hans“ nach 23 Wochen wieder freigelassen.

1511 vermachte Hans Tucher, der ohne männliche Erben geblieben war, seine Liegenschaften einer Vorschickung, wie die Stiftungen zur Erhaltung von Familiengütern in Nürnberg genannt wurden. Der jeweils Älteste aus der Linie seines Bruders sollte die Stiftung administrieren. Im Zweiten Markgrafenkrieg musste die Familie Tucher am 15. Mai 1552 hinnehmen, dass die markgräflichen Truppen auch ihren Maiacher Herrensitz niederbrannten. Vermutlich unter Adam Tucher, der sich 1556 mit Anna Tetzel vermählte, kam es vermutlich zur Instandsetzung nur noch eines der beiden zerstörten Herrenhäuser.

Auf Adam folgte Jobst Tucher, der 1629 ohne männliche Erben verstarb und den zweiten Untergang des Gutes nicht mehr miterleben musste. Auch Maiach zählte zu den Orten, die 1632 von marodierenden kaiserlichen Soldaten heimgesucht und in Brand gesteckt wurden. Das Tucherschloss und alle bäuerlichen Anwesen wurden „auff den grundt abgebrandt und ruinirt“. Nach dem 30-jährigen Krieg wurden von den neuen Administratoren aus dem so genannten ältesten Zweig der älteren Linie der Familie Tucher nur die Ökonomiegebäude wiederhergestellt; das um 1560 erneuerte Herrenhaus, noch immer ein typisches Weiherhaus, blieb in Trümmern liegen. Noch 1689 war, wie Inventare ausweisen, das Maiacher Mobiliar, das man vor 1632 ausgebaut hatte, im Tucherschloss in der Nürnberger Hirschelgasse eingelagert.

Für gelegentliche Aufenthalte der Herrschaft und zur Unterbringung des Voits wurde 1681/82 unmittelbar westlich der Ruine das so genannte „große Haus“, auch „vorderes Schloß“ genannt, von dem Reichelsdorfer Maurermeister Conrad Steinmüller errichtet. Während der Voit im Erdgeschoss wohnte, stand der Familie Tucher im Obergeschoss eine Wohnung mit einer großen Stube, einem Stüblein, einer Küche und mehreren Kammern zur Verfügung. Erst unter Paul XII. Tucher, der es als Offizier bis zum Feldmarschall-Leutnant der Fränkischen Kreistruppen gebracht hatte und der auch im Inneren Rat der Reichsstadt saß, wurde das alte Weiherhaus einige Zeit vor 1700, nicht erst 1707, wie gelegentlich berichtet wurde, erneuert. Auf den Futtermauern und Fundamenten der rechteckigen Burgstelle entstand nun ein viel kleineres Sommerhaus, das in der Folgezeit als „Weiherschlößlein“ oder „hinteres Schloß“ bezeichnet wurde. Es beherbergte einen Saal, eine Stube, eine kleine Kapelle und fünf Kammern. 1697 erfolgte hier die Renovierung des roten und weißen Zimmers. In einer letzten Baumaßnahme 1707/08 scheint – wie Werksteinlieferungen zeigen – ein repräsentativerer Ausbau zum Abschluss gekommen zu sein. Um 1720 und 1735 fanden unter Hans Paul Tucher weitere Renovierungen, u.a. Stuckierungen, statt, ohne dass deutlich wird, welche dieser Arbeiten im „vorderen“ und welche im „hinteren Schloß“ erfolgten.

Nach dem Tod des Jakob Gottlieb Friedrich Freiherrn von Tucher 1832 wurde das Schlossgut Maiach zum Verkauf gegen Höchstgebot veräußert. Erst nach mehreren Auktionsterminen fanden sich mit den Schwabacher Brüdern Johann Konrad und Georg Andreas Nerreter 1834 Bieter mit einem akzeptablen Gebot. Die Gebrüder Nerreter waren jedoch nur an einer spekulativen Gutszertrümmerung interessiert und gaben die Grundstücke gewinnbringend an acht Interessenten weiter. Die beiden Herrenhäuser, das vordere und das hintere Schloss, erwarb der frühere Voit der Tucher, Johann Völkel, um hier eine Gastwirtschaft zu eröffnen. Der Gastbetrieb entwickelte sich im 19. Jahrhundert zu einem beliebten Nürnberger Ausflugsziel, das schließlich mit einem großen Biergarten, einer Kegelbahn und einem Musikpavillon ausgestattet wurde.

Das vordere Schloss wurde 1891 für die Gaststätte umgebaut, gleichwohl entstand 1898/99 südlich davon ein neues Gasthaus mit einem Saalbau. Daraufhin endete der Gastbetrieb im vorderen Herrenhaus, das in der Folgezeit nur noch als Mietshaus Verwendung fand. Das hintere Herrenhaus wurde 1944 durch Brandbomben sehr schwer beschädigt und um 1956  in vereinfachter Form wieder in Stand gesetzt. Es ist ein kleines, vierseitig um einen kleinen Innenhof (Atrium) gruppiertes, eingeschossiges Gebäude.

Das so genannte große Haus oder vordere Schloss ist ein etwa 16 Meter langer und über 12 Meter breiter Satteldachbau. Während das Erdgeschoss Umfassungen aus Sandsteinquadern aufweist, ist das Obergeschoss mit der ehemals herrschaftlichen Wohnung eine Fachwerkkonstruktion. Ihm war rückwärtig ein massives, etwa 25 Meter langes Stallgebäude angebaut. Das Gebäude ist seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert in einem vernachlässigten Zustand und im Bestand gefährdet.

Quellen


Gelegenhait, Nr. 1876.

Müllner I, S. 360.

Pfeiffer, Gerhard (Bearb.): Die ältesten Urbare der Deutschordenskommende Nürnberg (= VGFG X/10). Neustadt/Aisch 1981, Nr. B 130, 166, 209, 235.

Literatur


Deliciae II, S. 112.

Frank zu Döfering, Karl Friedrich von: Die Kressen. Eine Familiengeschichte. Senftenegg 1936, Sp. 102, 104, 129, 155.

Giersch, Robert: Bau- und Nutzungsgeschichte des Tucherschlosses in Maiach. Schwerpunkt ehemals vorderes Schloss. Denkmalpflegerische Voruntersuchungen 1996. Unveröff. im BLfD.

KDM Stadt Nürnberg, S. 378.

Ruthrof, Renaissance, S. 52, 60 f, mit Federzeichnung von 1607, S. 70.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 666, mit derselben Federzeichnung, hier aber irrtümlich mit 1601 datiert.


Abbildung

 Blick auf das „Weiherschlößlein“ des Paul XII. Tucher, links im Vordergrund ein Teil des „vordern Schloßes“, Radierung von J. A. Boener 1708 (StadtA Lauf)

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