Mögeldorf I

  • Herrensitz, „Hallerschloss“
  • Kirchenberg 7-11
  • Stadt Nürnberg


Königshof und Reichsministerialensitz werden im Bereich des Mögeldorfer Kirchhofs und des westlich benachbarten Hallerschlosses vermutet. Im 13. Jahrhundert hatten die Burggrafen von Nürnberg die ehemaligen Reichsministerialen verdrängt und die Rechte an der kleinen Burg für sich reklamiert. In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts erwarb Hans Tetzel den Sitz. Er musste sich 1482 verpflichten, die Behausung zu Mögeldorf, die er im Einverständnis mit dem Nürnberger Rat „auffzurichten und zu pauen furgenommen und des ytzo in dem paw stee“, nur an Nürnberger Bürger zu verkaufen. Auf eine etwas spätere, archivalisch bislang nicht belegte Bauphase deutet dagegen eine dendrochronologische Analyse, die den oberen westlichen Teil des Turmhauses, ein auf einem im Südwestteil deutlich älteren Massivbau ruhendes Obergeschoss aus Fachwerk, auf das Jahr 1502 datiert.

Von den Tetzel gelangte der erneuerte Sitz an die Augsburger Unternehmer Anton und Lukas Grander, die 1515 vom Markgrafen belehnt wurden. Von den Grandern ging die Liegenschaft an Hieronymus Rehlinger (ebenfalls aus einem Augsburger Geschlecht) über. Dieser verkaufte es spätestens 1555 an Wolf VIII. Haller von Hallerstein, Reichspfennigmeister Kaiser Karls V. [vgl. Ziegelstein I], an den eine beschädigte Wappenscheibe in der Kirche erinnert (Kopie mit der Jahreszahl 1555 im Schloss Großgründlach).

1571 erbten die beiden Töchter den Besitz. Maria war mit Thomas Kötzler verheiratet [vgl. Mögeldorf V], Helena mit Martin VI. Haller, der 1617 starb. Nach seinem Tod war nur noch Maria (die sich inzwischen in zweiter Ehe mit Erasmus Ruland vermählt hatte) mit dem „Sitzlein“ in Mögeldorf belehnt, und es bestand die Gefahr, dass das Lehen an den Markgrafen heimfiel. Dieser werde dann vermutlich auf der gegenwärtig hohen Zahl an Beständnern (Mietern) im Haus beharren. Daher sollte das Waldamt eine Beschreibung der Feuerrechte liefern. Dieser aufschlussreiche Bericht vom 8. November 1617 lässt die intensive Nutzung der Gebäude erkennen.

Danach bestand im Erdgeschoss des Herrenhauses eine große Stube mit Ofen, gegenüber eine Kammer, vermietet an den Bortenwirker Hans Ott. Im ersten Obergeschoss lagen zwei Stuben mit Öfen sowie jeweils eine Kammer einander gegenüber; dort wohnten der Steinbrecher Cuntz Fiechtel und die Witwe Barbara Mair. Im zweiten Obergeschoss befanden sich eine Stube, eine Küche und zwei Kammern, welche die Inhaber versperrt hielten. Unter dem Dach schließlich (im ehemaligen Taubenschlag!) war ein kleines Stüblein mit Ofen und Schlot, das der Taglöhner Fritz Krausel benutzte.

Im inneren Hof hinter dem Herrenhaus stand ein kleines Häuslein mit Stüblein, Kämmerlein, Ofen und Schlot, das von dem Büttner Peter Escherer bewohnt wurde. Nach Auskunft des Pfarrers sei dort vor 24 Jahren nur ein Bad gewesen. Im äußeren Hof zur rechten Seite sei ein Backofen, anschließend ein Langhäuslein mit zwei Stuben, Kammern, Öfen und Schlöten; der vordere Teil sei an die Bäckerswitwe Margareta Fertsch, der hintere an den Taglöhner Hans Ringel vermietet. Zur linken Seite stehe zunächst ein Stadel ohne, dann ein Häuslein mit Feuerrecht, Stuben, Kammern, Ofen und Schlot, das der Zimmermann Joachim Widman bewohne.

Anfang Dezember erfuhr der Nürnberger Rat von dem Leibarzt des Markgrafen Dr. Christoph Heinrich Ayrer, dass der Markgraf das „Sitzlein“ angeblich selbst übernehmen und einen Wildmeister hineinsetzen wollte. Offenbar um das zu verhindern, kamen die Hallerschen Erben auf die Idee, den Sitz an Dr. Ayrer zu schenken, der ab 1618 durch seine dritte Ehe mit Barbara Kastner zur näheren Hallerschen Verwandtschaft zählte.

Im April 1618 verlangte der Markgraf von den Erben, sie sollten den Sitz entweder binnen zwei Monaten reparieren oder vorläufig auf die Mieteinnnahmen verzichten. Zwei Monate später entschied der Nürnberger Rat, dass im Hallerschen Sitz nur drei Feuerrechte bleiben dürften; die beiden unter dem Dach und im Bad sollten abgeschafft werden. Dagegen wurden die Feuerrechte im vorderen Hof genehmigt.

Später versuchte Martin Hallers Sohn Martin Carl offenbar, die Schenkung des Sitzes an Dr. Ayrer rückgängig zu machen und selbst beim Markgrafen die Belehnung zu erreichen. 1622 wurde eine gütliche Einigung angemahnt, 1624 wollte der Markgraf immer noch den Sitz einziehen. Die rechtmäßige Inhaberin Maria Ruland starb aber erst 1632, und danach muss Martin Carl Haller doch noch belehnt worden sein. So fiel der Sitz in Mögeldorf 1652 an seinen Schwiegersohn Georg Wilhelm Schlüsselfelder (gestorben 1679). Seine Tochter Helena Catharina heiratete schließlich 1666 den Altdorfer Pfleger Georg Andreas Imhoff.

Um 1669 fanden nach Aussage weiterer dendrochronologischer Daten größere Veränderungen statt. 1691 wurde der Stadel des Herrensitzes zu einem zweiten Wohngebäude, dem so genannten Imhoff-Bau, umgewandelt. Das Schloss blieb danach noch für 140 Jahre im Besitz der Familie Imhoff. 1801 wurde sie vom preußischen König als Rechtsnachfolger der Markgrafen mit dem Sitz belehnt.

Johann Sigmund Georg von Imhoff verkaufte das Anwesen 1810 an den Bäckermeister Brechtelbauer. Die Witwe Maria Helena Brechtelbauer übergab den Besitz 1829 ihrer Tochter, der Witwe des Bäckers Georg Wagner. 1854 war deren Sohn aus zweiter Ehe, Bäckermeister Ernst August Weber, Eigentümer, der jedoch 1857 in Konkurs ging. Im Zuge der  Konkursabwicklung wurde der Herrensitz zerschlagen. Das alte Herrenhaus wurde an den Maurer Quenzler veräußert, der so genannte Imhoff-Bau an den Maurer Munkert, die Nebenhäuser mit der Bäckerei und Brennerei an die Familie Kachelrieß. Die Familie Quenzler besaß das mittelalterliche Herrenhaus noch Anfang des 20. Jahrhunderts, bis es von der Familie Röschlau erworben wurde.

Das viergeschossige Herrenhaus besteht unverkennbar aus einem älteren südwestlichen Wohnturm, der in der frühen Neuzeit östlich erweitert wurde. Der ältere Teil weist drei massive Geschosse unbestimmten Alters mit Schlitzfenstern und einem dritten, leicht vorkragenden Obergeschoss aus zum Teil noch verblattetem Fachwerk auf, das auf den Bau des Hans Tetzel von 1482/1502 zurückgehen dürfte. Vermutlich schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts verlor das hohe Gebäude sein Walmdach und erhielt ein Satteldach und Giebelscheiben aus Fachwerk.

Der Imhoff-Bau ist ein gestreckter zweigeschossiger Satteldachbau auf einem hohen massiven Sockel. Während die Umfassung im Süden und Osten weitgehend aus Fachwerk besteht, wurde die West- und Nordseite aus Sandsteinquadern aufgeführt. Die massiven Fassaden sind an den Ecken rustiziert und weisen an den Fenstern Profilierungen auf. Das Gebäude wurde 1977 in Stand gesetzt.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi II Nr. 368 und 851. Kataster Mögeldorf Nr. 4, Bd. 1.

StadtAN E 10/21 Nr. 88, 89.

HallerA Materialsammlung Hallerschloss Mögeldorf.

Müllner I, S. 361 f.

Literatur


Bedal, Konrad: Fachwerk vor 1600 in Franken. Eine Bestandsaufnahme (= Schriften und Kataloge des Fränkischen Freilandmuseums des Bezirks Mittelfranken Bd. 49). Bad Windsheim-Petersberg 2006, S. 431.

Beyer, Leo: Mögeldorf, der Schmausenbuck und der Nürnberger Reichswald. Nürnberg 1952, S. 34-36.

Ders.: Der Nürnberger Stadtteil Mögeldorf. Eine Häusergeschichte. Nürnberg 1964, S. 120-127.

KDM Stadt Nürnberg, S. 382 f, mit Aufriss der Südfassade.

Kindler, Gerhard: Mögeldorf einst und jetzt. Mögeldorf 1978, Abb. 13-15, 39-41, 43, 176, 177.

Lehner-Burgstall, S. 114-117.

Mulzer, Vorstädte, S. 77 f.

Nagel, Friedrich August: Führung durch die Mögeldorfer Schlößchen und Bauernhäuser. In: Jahresbericht des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 63 (1940), S. 20 f.

Rusam, Hermann: Die bauliche Entwicklung des alten Ortskerns von Mögeldorf. In: MANL 39 (1990), Heft 1, S. 181-200.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 698, mit kolorierter Radierung von H. Duncker nach J. A. Klein um 1820/30.


Abbildung

Ansicht des alten Hallerschlosses und der Kirche von Nordwesten, Fotografie: G. v. Volckamer um 1894 (StadtMN)

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