Bruck IV

  • Zeitweise Herrenhaus, „Keltschenschloss“ 
  • Fürther Straße 53 
  • Stadt Erlangen


Die Bezeichnung „Keltschenschloß“ geht auf die Erzählung vom Brucker Fuhrmann Cunz Keltsch zurück, der sich von 1501 bis mindestens 1505 mit Unterstützung der Markgrafen eine Fehde mit der Reichsstadt Nürnberg geleistet hatte. Der vom Volksmund vermutlich erst seit dem 19. Jahrhundert zugeschriebene Sitz des sagenumrankten Fuhrmanns auf dem Anwesen konnte jedoch von Rudolf Memmert, der die Geschichte der Brucker Anwesen erforscht hat, widerlegt werden. Er überliefert Cuntz Hewplinn als ersten nachweisbaren Besitzer (um 1400), dem in der Zeit von 1481 bis nach 1513 die Familie Humser gefolgt war. Das dem Nürnberger Geschlecht der Geuder grundbare und im 30-jährigen Krieg um 1633 niedergebrannte Anwesen besaß nur um 1800 kurzzeitig den Status eines Herrenhauses.

Sein repräsentatives Erscheinungsbild erhielt das vor 1649 als Wirtshaus wiederaufgebaute Haus erst, nachdem es 1716 von dem Arzt Georg Pfann gekauft worden war. Der Sohn eines von der Ärzteschaft vielfach als „Kurpfuscher“ geschmähten Heilpraktikers war offenbar so wohlhabend, dass er um 1724/26 das Anwesen erheblich umbauen lassen konnte. Bei dieser Gelegenheit entstand 1724, wie eine Inschrift ausweist, die massive Giebelfassade mit dem geschweiften und mit Voluten geschmückten Werksteingiebel sowie der zweigeschossige Turmerker.

Auch unter Georg Pfann und seinem Nachfolger, dem Wundarzt Johann Michael Meyer, wurde das Haus an einen Wirt verpachtet. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde hier das schon seit 1702 unter diesem Namen bekannte Wirtshaus Zum goldenen Bären betrieben. Die Wandlung zum Herrenhaus scheint im ausgehenden 18. Jahrhundert eingetreten zu sein, als die Lehnsherren, die Geuder zu Heroldsberg, unter noch nicht geklärten Umständen das Anwesen in Besitz nahmen. Bereits 1801 verkauften die Geuder das nun als Herrenhaus bezeichnete Anwesen mit den Stallungen, dem Hofhaus und einem Belvedere im Garten an den preußischen Justizrat Hoeflich aus Erlangen. Das Herrenhaus wurde dabei auch als Fachwerkbau mit einem „steinern Giebel“ bezeichnet.

Um 1806, vielleicht im Zusammenhang mit der Annexion des Fürstentums Bayreuth durch Frankreich, veräußerte der preußische Beamte den Herrensitz an den Geheimrat Friedrich August von Ausin. Um 1820 folgten der Bierbrauer und Gastwirt Bernhard Gechter und seine Ehefrau Elisabeth aus Baiersdorf. Mit den Gechter endete das Intermezzo als Herrenhaus: Die Familie beantragte die Wirtschaftsgerechtigkeit und eröffnete hier abermals ein Gasthaus Zum goldenen Bären. 1828 verkaufte das Ehepaar Gechter die Liegenschaft an den Tabakfabrikanten Johann Ernst Neder, der bald mit der Einrichtung einer Tabakfabrik begann. 1856 musste Neder jedoch Konkurs anmelden, und das Anwesen fiel an die mit ihm verwandte Großhändlers­witwe Johanna Regina Elch aus Kaufbeuren. Die Witwe ließ Neder jedoch weiterhin auf dem Anwesen wohnen und produzieren. Nach dem Tod der Witwe Elch folgte eine Erbengemeinschaft, die sich schließlich 1870 auf eine Übergabe an August Neder verständigte. Der neue Eigentümer ließ 1876 als Verlängerung an das ehemalige Herrenhaus eine neue Pferdestallung bauen.

1890, wenige Jahre nach dem Tod August Neders, lag das Eigentum bei der Neder & Cie., Cigarren & Tabakfabrik, die 1888 größere Umbauten im Erdgeschoss für die Bedürfnisse der Tabakfabrik ausführen ließ. Um 1900 endete offenbar die Produktion, und die Liegenschaft wurde erst an die Familie Leikam, dann 1904 an Lucie Pöhlmann verkauft. Ihr Erbe war noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Eigentümer.

Quellen


StABa C 13 Nr. 1050, 1052.

StAN Rst. Nbg., Waldamt Sebaldi II Nr. 56, 61. Kataster Bruck, Nr. 1, 4, 8, 12, 14, 20.

Literatur


Memmert, Rudolf: Materialien zu einer Ortsgeschichte von Erlangen-Bruck, 8. Folge. In: Erlanger Bausteine zur fränkischen Heimatforschung 47 (1999), S. 382-389. Dgl. 9. Folge. In: Erlanger Bausteine zur fränkischen Heimatforschung 48 (2000), S. 387-402.


Abbildung

Ansicht aus südlicher Richtung, Fotografie: F. A. Nagel 1935 (StadtMN)

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