Burgthann

  • Burgruine, zuvor Pflegschloss (teilweise zerstört nach 1800)
  • Burgstraße 1
  • Gemeinde Burgthann
  • Landkreis Nürnberger Land


Die Burgruine im Reichsgutbereich zwischen Nürnberg und Neumarkt liegt auf einem Bergsporn mit nach Osten, Norden und Westen steil abfallenden Hängen über dem Schwarzachtal. Die ungewöhnlich große Anlage bestand aus der Hauptburg und einer durch einen Halsgraben abgetrennten großzügigen Vorburg, die den Zugang zur Hochfläche im Süden sicherte.

Als ältester Teil galt bislang der runde Bergfried mit einer beachtlichen Mauerstärke von 3,25 Metern und einer heute noch erhaltenen Höhe von 27 Metern. Mit seinem qualitativ hochwertigen Bossenmauerwerk hebt er sich deutlich vom Mauerwerk des „Festen Hauses“ und des Berings ab, das den Keramikfunden zufolge möglicherweise älter ist und bis ins frühe 13. Jahrhundert zurückreicht. Der Rundturm ist heute von nachmittelalterlichen Bauten ummauert und trug um 1800 noch ein Fachwerkobergeschoss mit achteckigem Pyramidendach, das um 1814 abgenommen wurde.

1287 befand sich die Burg in der Hand des Reichsministerialen Heinrich I. von Thann. Die vermutlich aus der Bamberger Ministerialität stammende Familie lässt sich seit 1140 im Dienst des Reiches nachweisen und hatte ihren Stammsitz im nahen Altenthann [vgl. Altenthann]. Heinrich stand in enger Verbindung zu den Schenken von Klingenburg und von Reicheneck, zu den Klöstern Engelthal und Seligenporten sowie zu den Reichsministerialenfamilien um Nürnberg und Neumarkt. 1251 stellte er sich im Meranischen Erbfolgekrieg auf die Seite Bischof Heinrichs von Bamberg. Das offene Eintreten auf Seiten der Gegner des Nürnberger Burggrafen führte möglicherweise zu der archäologisch nachgewiesenen Zerstörung von Burgthann im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts.

Das Obereigentum des Reiches wird in den Verkäufen bzw. Übertragungen in den Jahren 1287/88 sichtbar. Zunächst veräußerte der Ritter Heinrich von Thann das „castrum Thann“ um 1000 Pfund Heller an Herzog Ludwig, erhielt von der Kaufsumme aber sofort wieder 300 Pfund zurück und außerdem das Residenzrecht auf der nun dem Herzog lehnbaren Burg. Deren Zugehörigkeit zum Reich war allerdings nicht vergessen – kurz darauf musste Herzog Ludwig die Burg und „alles, was ihm Heinrich von Thann ver­kaufte“, an König Rudolf überstellen, der sie umgehend seinem Schwiegersohn, dem Nürnberger Burggrafen Friedrich II. als Reichslehen überließ. Heinrich von Thann wohnte zwar weiter auf der Burg, musste sie aber auf ausdrücklichen Befehl des Königs vom Burggrafen zu Lehen nehmen.

In den folgenden Jahrzehnten behielten die Thanner ihren Wohnsitz auf der Burg. Mit Heinrich II. erreichte die Familie nochmals hohe Bedeutung, als dieser in den Jahren 1318 bis 1322 das Bistum Bamberg als Generalvikar verwaltete. Ihre Verfügungsrechte über Burgthann waren jedoch eingeschränkt: Die Zollern verpfändeten die Burg mehrfach und besetzten sie mit eigenen Burgmannen. Ab 1303 nannte sich zudem eine Familie „de Nuremberc“ nach ihrem neuen Burgsitz „de Tanne“.

Im Jahre 1346 starben die Thanner aus. Noch im gleichen Jahr ist mit Hermann von Golsdorf erstmals ein burggräflicher Pfleger auf der Burg nachzuweisen. Dennoch wurden die Burg, ihre Einkünfte oder das Amt weiterhin verpfändet – schon 1343 bis 1346 „Tann die Veste“ an die Gräfin Kunigunde von Orlamünde, 1366 das ganze Amt Burgthann an den Pfalzgrafen Ruprecht III. (als Teil der Mitgift seiner Frau Elisabeth von Zollern), zuletzt 1441 an Jörg Lichtenberger um 7000 Gulden. Für den Bauunterhalt sollte Lichtenberger „nach des Schloß notdurft“ 366 Gulden aufbringen, die er – möglicherweise ein versteckter Zins – auf die Schuldsumme schlagen durfte.

Von Burgthann als vorgelagertem Posten wurde die Machtposition der Reichsstadt Nürnberg stark beeinträchtigt. Dennoch unternahmen die Nürnberger in den beiden Markgrafenkriegen von 1449/50 und 1552/53 offensichtlich keine größeren Anstrengungen, die Burg zu zerstören.

Dagegen scheint es 1460 im „bairischen Krieg“ zu einer zweiten, archäologisch nachgewiesenen Brandkatastrophe gekommen zu sein: Vor den weit überlegenen Kräften soll der Pfleger geflohen sein, nicht ohne zuvor das gesamte Pulver im Schloss verteilen zu lassen. Als die Verbündeten ins Schloss eindrangen, entzündete sich das Pulver und zerstörte große Teile der Burg.

Der Wiederaufbau muss bald nach der Rückgabe der Burg 1463 erfolgt sein und erstreckte sich auf nahezu alle Teile. Die zweigeschossige Hauptkemenate wurde an der Stelle des 1460 zerstörten „Festen Hauses“ errichtet; im Nordwesteck des Berings entstand ein Flankierungsturm mit zwei gewölbten Räumen, die zeitweise als Kapelle, gegen Ende des 30-jährigen Krieges bis zum Verkauf der Burg als Kanzlei und Registratur dienten.

Ein Plan aus den Jahren 1587/88 mit einer detaillierten Beschreibung gibt unmittelbaren Einblick in Baubestand und Nutzung der Burg. Zu dieser Zeit plante Markgraf Georg Friedrich sich „zue zeitten uff des jagens oder sonsten, alda neben den Unsrigen auffhalten (zu) wollen“, die Burg also auch als Jagdschloss zu nutzen. Der Markgraf wandte sich an den Rat der Stadt Nürnberg mit der Bitte um Bauholz aus dem Reichswald und lud Ratsmitglieder zur Besichtigung der Burg ein, damit sie sich selbst ein Bild von den geplanten Maßnahmen machen konnten. Tatsächlich addierte sich die Zahl der angeforderten Baumstämme auf stolze 3673, die für die umfangreichen Instandsetzungen und Umbauten benötigt wurden. Zur „Bequemlichkeit des Fürsten“ sollte „eine grosse daffelstuben durch Zusammenlegen von einer Stube und einer Kammer“ geschaffen, eine dahinter liegende „Stallung“ zu einem „Fürstlich Gemach“ umgestaltet werden. Im „underst“ (Erdgeschoss) wurden neue „Gemächer“ geschaffen, „alda zuvor nichts gewest“. Im Turm (Bergfried) ist bislang „kein gebeu gewest“, vielmehr war man „an einer Leitern hinaufgestiegen“. Er wurde nun ausgezimmert und erhielt eine „hölzerne Schnecke“ (eine Treppenspindel). Trotz der „herrschaftlichen“ Bestimmung blieb – wie damals üblich – die Tierhaltung im Schlosshof und im Zwinger erhalten; neben den Pferdeställen wurde auch ein neuer Schweinestall genannt. Die Bauleitung lag bei dem Baumeister Paulus Ullrich.

Im 30-jährigen Krieg wurde das Schloss 1635 von der gegenüberliegenden Hochfläche beschossen und stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Südostecke der Hauptburg stürzte unter dem Beschuss ein; die Vorburg mit der Musloheschen Burghut wurde weitgehend zerstört.

In den Jahren 1651–53 erfolgte eine erste Instandsetzung des Schlosses, 1687 ein Umbau. Die erhaltenen Pläne lassen die neuen Funktionen der einzelnen Räumlichkeiten erkennen. Im Erdgeschoss lagen die Wirtschaftsräume mit (Pferde-)Stallungen sowie eine Malz- und Holzkammer. An beiden Seiten neben dem alten Bergfried befanden sich beheizbare Stuben, wohl für die Wächter oder Knechte. Im Westen führte neben einer Remise eine steinerne Treppe zum Wehrgang, im Norden lag ein überdachter, 27 Meter tiefer Brunnen. Die Räume des Obergeschosses wurden über eine Galerie erschlossen, die sich um den Ostflügel und um Teile des Südflügels zog. Gleich neben dem Bergfried befand sich der Gerichtsraum, an den sich im Osten mehrere Räume anschlossen, die in den ehemals großen Saal hineingebaut wurden. Linkerhand des Turmes lagen je zwei nicht näher bezeichnete Stuben und Kammern.

Im Spanischen Erbfolgekrieg blieb die Burg verschont; geringe Reparaturen im Jahre 1707 bezogen sich vorwiegend auf die Wirtschaftsbauten. 1719 wurden das Dachwerk und die Kanzlei instand gesetzt, deren Größe mit 9,90 x 11,10 Metern bei einer Höhe von 15 Metern angegeben wurde. Trotz laufender Instandhaltungsmaßnahmen galt 1723 das Schloss als „baufällig“; ein Zimmermann erstellte eine lange Liste notwendiger Reparaturen.

Die weitere Geschichte ist eine Chronologie des Niedergangs. Mit der Abdankung des letzten Markgrafen Karl Alexander fiel Burgthann an Preußen, das 1792 den Amtssitz nach Oberferrieden verlegte. Nur drei Jahre später schlug ein Blitz in den vorderen Bau ein und „zerschmettert ... Sparren, Riegel und Stichbalken“; die Schäden an der weitgehend funktionslos gewordenen Burg wurden offensichtlich nicht mehr behoben.

1799 wurde sie an den Gastwirt Johann Wild aus Oberferrieden verkauft, der die Burg mit ihrem Zubehör aufteilte und 1805 weiter veräußerte. Die neuen Besitzer sahen sich jedoch in der erhofften Mitnutzung der Waldrechte getäuscht und stießen ihre Anteile ab. Die folgenden Eigentümer suchten aus ihren Anteilen den maximalen Profit zu schlagen und beraubten das Schloss nach und nach seiner Ausstattung. Die Wohnungen wurden vermietet, der große Saal diente zum Hopfenzupfen. Der Hopfenhändler Lorenz Distler entnahm dem Ostflügel das Baumaterial für mehrere Häuser am Ort, worunter die Statik litt. 1897 traf ein weiterer Blitzschlag die Burg und zerstörte den westlichen Teil des Südflügels. Der Ostflügel kam schließlich 1919 an einen Bergwerksbesitzer aus Sulzbach, der die verwendbaren Materialien zum Bau von Arbeiterwohnungen nutzte. Im gleichen Jahr brach das Dachwerk des Ostflügels mit „gewaltigem Krach“ ein. Die Ruine ging 1919 als „herrenloses Gut“ in den Besitz der Gemeinde über und wurde nicht wieder aufgebaut.

1919 erwarb Freiherr von Seck den größten Teil der Burg und leitete Maßnahmen zu ihrer Restaurierung ein, verkaufte aber schon 1922 an den Berliner Bildhauer Wilhelm Dietrich. 1937 und erneut 1940 brachen Teile der Mauerschale aus dem Turm. 1945 wurde die Burg von den anrückenden US-Truppen beschossen und dabei das Torhaus der Vorburg zerstört. Immerhin konnten noch 1945 einzelne Räume Flüchtlingsfamilien zugewiesen werden.

1949 wurde im Gewölbe der ehemaligen Registratur eine Kirche eingerichtet, 1951 und nochmals 1967/68 der Turm renoviert, 1980 Flankierungsturm und Dachwerk erneuert. 1984 gründete sich eine „Fördergemeinschaft Burg Burgthann“; 1988 konnte die Gemeinde die Burganteile der Erben Dietrich erwerben. Archäologische Grabungen in den Jahren 1987–1990 leisteten namentlich zur Frühgeschichte der Burg wertvolle Beiträge.

Zu Burgthann gehörte eine ausgedehnte Vorburg, welche die Hauptburg gegen die Bergseite wirkungsvoll schützte. Sie ist heute weitgehend überbaut; erhalten haben sich jedoch Teile der Umfassungsmauern und des ehemaligen Grabens, bis zu den Kämpfen um Burgthann im April 1945 auch das Haupttor („Torliedl“).

In der Vorburg lagen zwei Burghuten (eine dritte im Nordwesteck der Hauptburg), die spätestens mit dem Aussterben der Thanner und dem endgültigen Übergang an die Burggrafen 1346 angelegt oder ausgebaut wurden. Mit den Burghuten waren Burglehen verbunden, in der Regel Abgaben von benachbarten Höfen. Vergeben waren sie anfangs wohl an „Verwandte der Thanner“, später an burggräfliche Gefolgsleute, bevorzugt an die „Beamten“ auf der Hauptburg, unter ihnen die Rindsmaul, Schweppermann, Steinelbecken, dann die von Erlbeck, von Embs, von Kühedorf, von Klack oder von Muslohe. Die Burghuten konnten spätestens seit dem 16. Jahrhundert vererbt oder verkauft werden, mussten aber vom Markgrafen zu Lehen genommen werden. So vererbte der Kastner Hans Link seine Burghut 1509 an seinen Sohn Albrecht, der sie 1524 an den Amtmann Thomas von Kühedorf verkaufte.

Beide Burghuten verfügten über eigene Zugänge und einen eigenen Burghof mit Wohn- und Wirtschaftsbauten. Im 16. Jahrhundert unterschied man eine „große“ und eine „kleine“ Vorburg, die nach ihren Inhabern als „Kühedorfischer“ und „Muslohischer“ Burgstall bezeichnet wurden.

Der kleinere, Kühedorfische Burgstall wurde 1564 von dem Wirt Hans Lochner aus Pommelsbrunn niedergebrannt, um den Mord an einer Magd und einen Einbruch zu vertuschen. Die größere Burghut befand sich bis 1564 im Besitz der Familie von Klack und fiel dann an den Markgrafen zurück, der im gleichen Jahr die Brüder Heinrich und Sebastian von Muslohe belehnte. Nach dem Tod Heinrichs vereinigte Sebastian die Burghut wieder in einer Hand. Von ihm ging sie an seinen Sohn Endres über, der sich wiederholt als Oberamtmann auf Burgthann nachweisen lässt. Johann Georg Muslohe beerbte 1627 seinen Vater. 1628 war er Oberamtmann zu Baiersdorf und bat darum, auf dem ehemaligen Kühedorfischen Burgstall, dessen Nutzrecht er innehatte, ein dreigeschossiges Haus mit den Außenmaßen von ca. 24 x 16 Metern errichten zu dürfen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er – oder sein gerade verstorbener Vater? – bereits Fakten geschaffen und ein zweigeschossiges Brauhaus errichtet.

Nur wenige Jahre später fiel 1633 die Muslohesche Vorburg einem Angriff auf Burgthann zum Opfer. Nach dem Aussterben der von Muslohe 1677 wurden die Burghuten eingezogen und die noch in Ruinen liegenden Brandstätten an Bauern verkauft, die hier mehrere Höfe errichteten.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 383, 384, 385, 387, 413/I. Stromer-Archiv Nr. A 2857.

HallerA Gründlacher Urkunden 16. Februar 1343.

Mon. Zoll. Bd. 2, Nr. 325; Bd. 3, Nr. 145.

Müllner III, S. 376.

NUB Nr. 755.

Literatur:


Alberti, Volker / Boesch, Toni / Holz, Horst: Burgen und Herrensitze in Kornburg und Umgebung (= Adelssitze in Franken Bd. 5). Nürnberg 2005, S. 49-55.

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Stadtlexikon Nürnberg, S. 176.

Steeger, Wolfgang: Vorbericht über die Ausgrabungen im Ostflügel der Burg Thann 1987 und 1988. In: MANL 38 (1989), Heft 2, S. 129-156.

Ders.: Die Staufische Reichsministerialenburg „Tanne“ in Burgthann. In: Nürnberg. Archäologie und Kulturgeschichte. Büchenbach 1999, S. 268-278.

Vahl, Rittersiegel, Bd. 2, S. 821-829.

Voit, Pegnitz, S. 253-261.

Wedel, Hans: Burgthann. Geschichte, Geschichten und Notizen aus den Dörfern der Großgemeinde. Burgthann 1982, S. 17 f, 21-24, 58, 91.


Abbildung

Die noch vollständig intakte Burg im frühen 19. Jahrhundert, Aquatinta-Radierung von Georg Adam (StadtA Lauf)

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