Haimendorf

  • Herrensitz, „Fürerschloss“
  • Am Wasserschloss 4-8
  • Stadt Röthenbach an der Pegnitz
  • Landkreis Nürnberger Land


Das Haimendorfer Fürerschloss zählt zu den besterhaltenen Renaissance-Herrenhäusern Frankens. Sein Baubestand hat sich seit der Erneuerung in den Jahren 1562 bis 1567 weitgehend unverändert erhalten. Die Anlage dürfte aus einem Sitz von Ministerialen hervorgegangen sein, die sich seit dem frühen 13. Jahrhundert nachweisen lassen. Mit Heroldus de Heimendorf als Zeuge tritt der Ort in der Urkunde des mächtigen Reichsministerialen Ulrich von Königstein von 1238 auf, in der auch die Burg Reicheneck erstmals bezeugt wird [vgl. Reicheneck]. Ein (oder vielleicht auch zwei) Fritz von Haimendorf scheint zwischen 1300 und 1329 auf, ein jüngerer Friedrich dann im Zeitraum von 1373 bis 1407. 1404 wurde eine Elisabetha von Haimendorf im Nürnberger Dominikanerkloster begraben. Ein Berthold Pfinzing, damit ein Mitglied eines der führenden Nürnberger Geschlechter, wird als Verwandter der vor 1426 verstorbenen Engelthaler Klosterfrau Katharina von Haimendorf bezeichnet.

Nach Müllners Annalen von 1623 soll der Sitz von den Haimendorfern an die Feuchter und von diesen an die Strobel gekommen sein; 1381 habe ihn Christian Feuchter besessen. 1386 stellte Heinrich Strobel einen Lehenbrief über ein Gut zu Haimendorf aus, 1387 saß sein Sohn Ulrich zu Haimendorf. Nach 1387 ging der Besitz an den überaus reichen Montanunternehmer Herdegen Valzner [vgl. Altdorf, Gleißhammer I]. Nach dem Tod der Witwe Margaretha Valzner folgten 1448 die von Seckendorff, die Haimendorf wiederum 1452 dem Nürnberger Patrizier Herdegen Tucher veräußerten. 1476 kam der Besitz schließlich mit der Heirat der Anna Tucher an Sigmund Fürer. Mit diesem Übergang wurde ein bis heute anhaltender Familienbesitz begründet. Die Fürer sind seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert in Nürnberg nachweisbar, wo sie sich jahrhundertelang im Montangeschäft und im Fernhandel engagierten.

August Gebessler und Gustav Voit gingen von einem seit dem 13. Jahrhundert überkommenen Sitz aus, der im Landshuter Erbfolgekrieg zerstört worden sein soll. Zwar wird die Zerstörung 1504 in diesem Krieg nicht bezeugt, jedoch verführte offenbar die Erwähnung eines „Burgstalls“ (Stelle einer abgegangenen Burg) im frühen 16. Jahrhundert zu dieser Annahme. Bemerkenswert ist aber, dass die Erhebung des Nürnberger Rates über das Landgebiet, vor Ausbruch des Landshuter Erbfolgekrieges angeordnet, keinen Sitz zu Haimendorf feststellte. Wahrscheinlich lag der Haimendorfer Sitz bereits seit dem Ersten Markgrafenkrieg 1449 in Schutt und Asche, da seinerzeit der Zug des Nürnberger Feldhauptmanns Erhart Schürstab in die Orte hinter dem Moritzberg verheerend verlaufen war [vgl. Offenhausen]. Haimendorf als Besitz ausgerechnet der Seckendorffer, die zu den ersten Gefolgsleuten des Markgrafen zählten, dürfte ein besonderes Angriffsziel dargestellt haben.

Es ist davon auszugehen, dass erst Christoph III. Fürer 1512, wie er einmal selbst angab, einen neuen Herrensitz errichten ließ. Nach der Überlieferung des Fürerschen Archivs war es ein Fachwerkgebäude auf einem hohen massiven Sockelgeschoss. Auch Nürnbergs Chronist Johannes Müllner erinnerte 1623 daran, dass der 1537 verstorbene Fürer den Sitz zu Haimendorf „von neuem erpauet und befestigt“ hatte.

Das zweite Haimendorfer Schloss blieb nicht lange erhalten: Die Fürer mussten am 31. Mai 1552 im Zweiten Markgrafenkrieg die erneute Brandzerstörung der Anlage hinnehmen. Erst 1561 unter Carl Fürer wurde kurz nach dessen Antritt als Administrator und mit finanziellen Beiträgen seiner Brüder Sigmund, Christoph und Moritz mit dem Wiederaufbau begonnen. Er fand im wesentlichen von 1562 bis 1566 statt. In dieser Zeit wurden nicht nur konstruktive Arbeiten durchgeführt, sondern wohl auch weitgehend die festen Ausstattungen eingebaut. Bis zum Frühjahr 1567 wurden dann einige Verbesserungen und Ergänzungsarbeiten erledigt. Erst bei den 2006 erfolgten Instandsetzungsmaßnahmen wurde deutlich, dass im Erdgeschoss noch erhebliche Teile der älteren Anlage integriert wurden. Es zeigte sich aber auch, dass die Konstruktionen aus der Zeit des Wiederaufbaus von 1562 bis 1566, auch die des Daches einschließlich der Lattung, vollständig erhalten sind.

Beim Haimendorfer Schloss handelt es sich um ein dreigeschossiges Herrenhaus, dessen Umfassungen Werksteinmauerwerk aus Sandstein und im unteren Bereich auch Bruchsteinzonen des Vorgängerbaus aufweisen. Das von einem Krüppelwalmdach überspannte Gebäude weist nordöstlich und südwestlich zwei Ecktürme auf, die nur schwach vor die übrigen Fassaden vorspringen. Die obersten Turmgeschosse tragen geschweifte Spitzhelme. Das Gebäude zeigt sich heute steinsichtig, Fassungsreste bezeugen für die Bauzeit jedoch einen hellroten Fassadenanstrich mit weißem Scheinfugennetz.

Das Herrenhaus stand einst in einem inneren Wassergraben, dem im Abstand von etwa 10 Metern eine hohe innere Wallanlage folgte. Diese wurde von einem teilweise bis heute erhaltenen zweiten, ebenfalls mit Werksteinmauerwerk gefütterten Wassergraben umfasst. Von der im Süden des Schlosses gelegenen Vorburg gelangte man ursprünglich auf Zugbrücken über die Wassergräben. Die innere Brücke führte unmittelbar auf das rundbogige, rustizierte Portal in der Südumfassung. Hier erinnern ein Fürer-Wappen und die Jahreszahl „1565“ an den Wiederaufbau. Im 19. Jahrhundert wurden die Wälle der Süd- und Westseite abgetragen, die Gräben aufgefüllt und in Gartenanlagen verwandelt.

Das Erdgeschoss des Herrenhauses wird über eine westliche Halle erschlossen. Die Räume haben weitgehend ihre bauzeitlichen Konstruktionen und Ausstattungen bewahrt: in den Stuben und Kammern Spunddecken, nur im zweiten Obergeschoss findet sich westlich eine im 18. Jahrhundert nachträglich eingebaute Stuck­decke. Die Fletze sind mit Balken-Lehm-Decken überspannt und weisen noch ihre historischen Ziegelböden auf. Bemerkenswert sind die Renaissancetüren mit den bauzeitlichen Bekleidungen. Im ersten Obergeschoss hat sich noch eine Rauchküche mit ihrem gemauerten Herd erhalten.

Das Schloss erfuhr nach 1567 keine größeren Veränderungen. 1613 wurden der Familie Fürer 88 Stämme Bauholz, darunter 28 Eichen, aus dem Reichswald für eine Baumaßnahme bewilligt, die offenbar in einem der Ökonomiegebäude stattfand. Der große Schloss-Stadel im Vorhof, 1605 erbaut, war 1750 derart schadhaft, dass er unter Carl Gottlieb Fürer erneuert werden sollte. Das Voithaus wurde 1758 umgebaut und mit dem Glockenturm mit Schlaguhr ausgestattet. Der angebaute Stall soll auf das Jahr 1881 zurückgehen.

Die Schlossanlage ist noch heute in Besitz der von Fürerschen Erben und wird von diesen mit viel Engagement und nach denkmalpflegerischen Grundsätzen baulich unterhalten.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Handschriften Nr. 198. Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 443.

StadtAN B 11 Nr. 125.

Gelegenhait, Nr. 1119.

Müllner III, S. 330.

NUB Nr. 288, 891, 1069.

Literatur


KDM Landkreis Nürnberg,  S. 45 f.

Mitteilungen der Herren Restauratoren  Norbert Lenk und Adalbert Wiech 2006.

Rühl, Pegnitztal, S. 118-124.

Ruthrof, Renaissance, S. 53, 56 ff mit einer Darstellung des 18. Jahrhunderts.

Schwemmer, Wilhelm: Röthenbach a.d. Pegnitz. Die Geschichte einer Industriestadt (= Schriftenreihe der ANL Bd. 30). Nürnberg 1982, S. 87-92.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 395 f.

Vahl, Rittersiegel Bd. 1, S. 418, 422; Bd. 2, S. 556 f.

Voit, Pegnitz, S. 87.


Abbildung

Ansicht von Osten, kolorierter Stich von F. A. Annert 1791 (StadtMN)

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