Hummelstein

  • Herrensitz, ehemaliges Weiherhaus
  • Hummelstein 45
  • Stadt Nürnberg


Zu den bekannteren Weiherhäusern im Süden der Stadt Nürnberg zählt der Sitz Hummelstein. Seiner Entstehung ging voraus, dass der Rat der Reichstadt 1487 dem Ratskonsulenten Dr. jur. Nikolaus Hummel auf Erbrecht mehrere Weiher überließ. Im Mai 1487 wurde dem Erwerber dann erlaubt, „zu seinem weyer ein lusthewßlein zu pawen“, das ein massives Sockelgeschoss erhalten dürfe. Nach dem Tod des Nikolaus Hummel 1501 geriet der neue Sommersitz an Christoph Grünhofer. Angeblich soll das Weiherhaus dann schon 1502 im Zusammenhang mit der Schlacht zu Affalterbach durch Truppen des Markgrafen Kasimir zerstört worden sein. In der vom Rat befohlenen Erkundung des Landgebietes kurz vor Ausbruch des Landshuter Erbfolgekrieges 1504 wurde „des Hummels weyerhaus“ jedoch mit keinerlei Einschränkungen vermerkt.

Der Sitz fiel 1520 an Anton Tetzel, nachdem die Witwe Ursula Grünhofer in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war und verkaufen musste. Bald darauf wurde Wolf Horneck Besitzer und ließ 1526 einen sehr weitgehenden Umbau durchführen, der eine deutliche Erweiterung und Befestigung des Sitzes mit sich brachte. Bei dieser Maßnahme wurde auch eine Zwingeranlage mit vier runden Ecktürmen als Streichwehren errichtet, die den Markgrafen zu einer vergeblichen Klage beim Reichskammergericht provozierte.

1528 war der neue Sitz in der Hand des Dr. Sebald Horneck, der seinerzeit vom Rat mit einem Brennholzrecht privilegiert wurde. Auch diese Nachricht macht deutlich, dass der Sitz kein althergebrachtes, mit Waldrechten versehenes Anwesen war. Auf Horneck folgte durch eine Heirat mit Ursula Horneck der Montanunternehmer Kilian Flentz als Besitzer nach. Er war Mitgesellschafter der Montangesellschaft Flentz & Tramel, die auch das Hüttenwerk am Dutzendteich betrieb. Flentz starb wohl schon vor 1550. Als Witwe erlebte Ursula Flentz im Zweiten Markgrafenkrieg, wie das Schloss am 24. Mai 1552 niedergebrannt wurde.

Die Ruine wurde zunächst nicht wiederaufgebaut. Nach dem Tod der Witwe wurde das zerstörte Anwesen von den Erben an den Nürnberger Bürger und Kaufmann Christoph Freydell/Friedell verkauft. Die Reste des dreigeschossigen, turmartigen Hauptgebäudes wurden  abgebrochen und durch einen Bau mit einem massiven Erd- und einem Obergeschoss aus Fachwerk ersetzt, der nicht exakt an der alten Stelle errichtet wurde. Es ist nicht sicher, ob sich die Baunachricht von 1583, nach der der gleichnamige Sohn Freydells beim Waldamt Bauholz zum „vorhabenden gepeus halben zum Hummelstein“ beantragt hatte, auf diesen Bau oder auf Nebengebäude bezieht. Der jüngere Freydell verstarb 1591 früh unter Hinterlassung noch minderjähriger Kinder. Deren Vormünder veräußerten Hummelstein im März 1593 an den Gewandhändler Melchior Büttel.

Offenbar war der Neubau unter dem Vorbesitzer nicht gerade hochwertig erfolgt, denn um 1607 war er bereits erheblich baufällig und für Büttels Ansprüche zu klein. Nachdem die ursprünglich geplante Erweiterung vom Waldamt untersagt worden war, wollte Büttel sich 1607 noch mit einem Ausbau des Daches sowie der Erneuerung der Stallungen und der Gärtnerwohnung zufrieden geben. 1613 entschloss er sich dann doch zum Abbruch des Herrenhauses und einem dreigeschossigen Neubau auf dem Grund des 1552 zerstörten Schlosses.

Die Reichsstadt wollte jedoch eine Beschränkung auf eine zweigeschossige Bauweise durchsetzen, da das zweite Obergeschoss des zerstörten Vorgängerbaus angeblich nur aus einem Geschützboden bestand, auf dem vier Kanonen aufgestellt waren. Der Tod Büttels um 1614 und der Ausbruch des 30-jährigen Krieges verhinderten weitere Maßnahmen, die auch von der Erbengemeinschaft eine Zeit lang verfolgt worden waren. Sie einigte sich dann auf eine Überlassung an den Miterben Veit Christoph Büttel, der jedoch um 1625 nach Amsterdam auswanderte. Büttels Schwager, der fürstlich-brandenburgische Rat Christoph Agricola, verheiratet mit Anna Sabina Büttel, erwarb den Sitz als Kurator seiner zwei unmündigen Töchter. Agricola wollte 1639 die Stallungen im Vorhof erweitern lassen. Er hielt sich nicht an Bauvorschriften und stritt viele Jahre lang mit dem Waldamt und dem Rat der Reichsstadt. Die Behörden warfen ihm auch vor, unerlaubte Herdstellen zu betreiben und Grenzsteine versetzt zu haben.

Vermutlich durch Heirat mit Anna Maria Agricola gelangte Georg Waldmann aus Neustadt/Aisch an den Besitz, der ihn, mittlerweile erheblich baufällig, vor 1683 an den Ratsschreiber Johann Wöhrlein verkauft haben soll. 1691 erwarb dann Dr. med. Michael Friedrich Lochner den verkommenen Ansitz. Lochner war ein bekannter Naturforscher, zählte zum Nürnberger Gelehrtenkreis um Johann Christoph Volkamer und wurde später Direktor der Leopoldina, der Kaiserlichen Akademie der Naturforscher in Wien. Der Wissenschaftler legte in Hummelstein zunächst einen kunstvollen Pomeranzen- und Zitronengarten an, wozu auch der Bau einer Orangerie zur Überwinterung der Pflanzen zählte. Bei dieser Gelegenheit wurde erst bekannt, dass die Schweden 1632 im Schlossgarten eine Schanze angelegt hatten, die nun wieder beseitigt wurde. Nachdem Dr. Lochner 1703 einen neuen Pferdestall hatte errichten lassen, beantragte er 1706 den Neubau des Herrenhauses, dessen Baufälligkeit angeblich eine sichere Bewohnung nicht mehr zuließ. Aus dem Neubau wurde schließlich nur ein umfangreicher Um- und Erweiterungsbau. 1710 folgten eine weitgehende Erneuerung der Ökonomiegebäude und 1720 die des Voithauses.

Mit dem Tod des Bauherrn 1720 fiel Hummelstein an die Tochter Anna Maria, die mit dem Arzt Dr. Christoph Ludwig Göckel verheiratet war. Aus dieser Ehe gingen vier Söhne hervor, die 1759 erbten, aber offenbar selbst keine männlichen Erben hinterließen. Die Witwe des Dr. jur. Heinrich Lorenz Göckel veräußerte das Anwesen 1774 dem Diakon zu St. Lorenz Hieronymus Conrad Wagner. Der neue Besitzer musste 1814 die Beschlagnahme des Schlosses durch das kaiserlich-russische Heer dulden. Die Militärs richteten im Herrensitz eine Pulver- und Patronenfabrik ein, was zu großen Schäden an der Ausstattung führte. Auch der kunstvolle Springbrunnen im Garten soll bei dieser Gelegenheit zerstört worden sein.

Nach Wagners Tod 1820 besaß die Tochter Carolina Maria, verwitwete Balbach, den Herrensitz bis 1855. Der Rostocker Konsul Paul Howitz erwarb ihn und ließ den Herrensitz durch Karl Alexander Heideloff neugotisch umgestalten. Nach Plänen des Baumeisters entstand im Garten auch die historistische Kapelle, wo Howitz 1880 bestattet wurde. Die Erbengemeinschaft Howitz verkaufte den Herrensitz schon 1895 an die Stadt Nürnberg, die 1925 beim Schloss einen Schulgarten anlegen ließ. In den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs wurde das Hauptgebäude nur begrenzt beschädigt, die Kapelle jedoch 1944 zerstört. Heute unterhält die Stadt im Herrenhaus ein Umweltpädagogisches Zentrum.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Waldamt Lorenzi I Nr. 449, ad 1258.

StadtAN E 10/21 Nr. 74.

Gelegenhait, Nr. 1873.

Müllner I, S. 346.

Literatur


KDM Stadt Nürnberg, S. 295 f, mit Grundriss.

Nagel, Friedrich August: Die Herrensitze Lichtenhof und Humelstein (sic!). In: MVGN 38 (1941), S. 125-160 mit Abb. 21-38.

Ruthrof, Renaissance, S. 46 f, mit Stich von Wilder 1810.

Schwemmer, Bavaria Ant., S. 23, 37 f, mit Stich von 1708.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 463, 466, Radierung von J. A. Klein 1812.

Umweltpädagogisches Zentrum der Stadt Nürnberg (Hg.): Hummelstein im Wandel der Zeiten. Nürnberg 1997.


Abbildung

Ansicht des Herrensitzes aus südwestlicher Richtung, Fotografie: G. v. Volckamer um 1894 (StadtMN)

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