Hersbruck

  • Ehemals reichsstädtisches Pflegschloss
  • Schlossplatz 1
  • Stadt Hersbruck
  • Landkreis Nürnberger Land


Hersbruck zählt zu den ältesten Siedlungen im Bereich des Nordgaus. An der wichtigen Verbindungsstraße zwischen den Königshöfen Forchheim und Regensburg gelegen, passierte die Straße hier die Pegnitz. 976 stiftete Wiltrud, Witwe des bayerischen Herzogs Berthold, Kloster Bergen bei Neuburg an der Donau. Sie stattete es überwiegend mit den ihr von Kaiser Otto II. überschriebenen Gütern im bayerischen Nordgau aus, die von Hersbruck aus von einem Propst verwaltet wurden, zeitweise residierte die Äbtissin in Hersbruck. Der Reichsbesitz in und um „Haderihesprucga“ wurde bei der Erstnennung 1011 von König Heinrich II. an das neu gegründete Bistum Bamberg übertragen, der Ort 1057 durch die Ausstattung mit Markt-, Zoll- und Münzrecht aufgewertet. Die Vogtei (im weitesten Sinne die „hoheitlichen Rechte“) über die Güter kam über die Sulzbacher Grafen 1188 an die Staufer, aus deren Erbe 1268 an die Bayernherzöge. Die Vogtei galt weiterhin als Reichsgut und wurde nochmals 1301 bis 1308 in direkte Reichsverwaltung genommen. Nach Rückgabe an die Wittelsbacher wurden die Güter auf dem Nordgau mit der Stadt Hersbruck im Hausvertrag von Pavia (1329) der pfälzischen Linie zugeschlagen und 1353 an Kaiser Karl IV. verpfändet, der Hersbruck und den Hohenstein zu Pflegämtern erhob.

Der Klosterhof – auf dem Gelände der alten Burg? – blieb dagegen bis ins 14. Jahrhundert im Eigentum der Abtei und musste im Jahre 1360 eigens von Kaiser Karl IV. erworben werden. Zu diesem Zeitpunkt befand sich auf dem Gelände, „da etwenn das Closter gewesen ist“, ein befestigter „Turm und Sitz“, über dessen Bauzeit wir nicht unterrichtet sind. Als Bauherrn kommen wohl nur die Klostervögte in Frage, die Sulzbacher Grafen im 11. oder frühen 12., die Staufer im späten 12. oder frühen 13. Jahrhundert.

Hersbruck blieb nur wenige Jahre Sitz eines königlich-böhmischen Pflegamtes. 1379 fiel die Stadt an Niederbaiern-Landshut, 1393 an Baiern-Ingolstadt, 1395 an die Kurpfalz. 1398 wurden Schloss und Stadt für ein Darlehn von 6.050 Gulden an den Nürnberger Montanunternehmer Herdegen Valzner verpfändet [vgl. Altdorf, Gleißhammer I, Henfenfeld]. 1410 kam es aus dem Erbe König Ruprechts an dessen Sohn Johann, 1452 an Baiern-Landshut und schließlich 1504/05 an die Reichsstadt Nürnberg.

Aufgrund der wechselhaften Geschichte ist offenbar auf größere Baumaßnahmen und eine regelmäßige Instandhaltung verzichtet worden, Schäden im „Landshuter Erbfolgekrieg“, der um Hersbruck besonders erbittert ausgetragen wurde, mögen hinzugekommen sein. Nach 1504 waren den neuen Nürnberger Herren die Gebäude so „bußwürdig“, dass sie ihren kompletten Abriss anordneten. Die Steine des Turms wurden zur Ausmauerung des Grabens verwandt. Auf den Grundmauern der alten „Kemenate an dem Burkstall des alten Schloßes“ errichtete 1517 der Nürnberger Landbaumeister Hans Beheim der Jüngere einen einfachen zweigeschossigen Bau mit Walmdach, weitgehend in den Ausmaßen des Vorgängerbaues von ca. 27 auf 11 Metern. Im unteren Bereich wurden Ställe für 40 Pferde eingerichtet, im Erdgeschoss lag an der Westseite die repräsentative Hofstube mit verglasten Fenstern und einem grünen, glasiertem Ofen. Das erste Obergeschoss nahm größtenteils ein mittig gelegener Saal ein, an den sich im Osten eine Stube und eine Kammer für die „Herrschaft“, im Westen Stube und Kammer für den Pfleger anschlossen. Die Wände dieses „Repräsentationsgeschosses“ wurden geweißelt, die Stuben erhielten Bänke. Im Dachgeschoss wurden mehrere Kammern eingerichtet, die als Getreideboden dienten. Die Fußböden in den Sälen des Erdgeschosses wie des ersten Stockes wurden mit Ziegeln belegt, die Kammern mit einfachen Estrich-, die beheizbaren Stuben mit Bretterböden ausgestattet.

Der nunmehr wichtigste Verwaltungssitz im Nürnberger Landgebiet wurde 1523, 1525, 1535 und 1560 in Stand gesetzt; 1533 errichtete man einen neuen Getreidekasten. 1523 wurden die Mauern hinter dem Schloss abgebrochen und 1533 neu aufgebaut. Im Zweiten Markgrafenkrieg ist Hersbruck vom 25. Mai 1552 bis 21. Juni 1552 besetzt worden. Eine von Paul Pfinzing 1596 geschaffene Ansicht zeigt das langgezogene, schlichte „Pfleghaus“ mit einfachem Satteldach.

Zwanzig Jahre später genügte das Schloss den Repräsentationsbedürfnissen der Reichsstadt nicht mehr. Kaum zufällig nach der Quartiernahme des späteren Kaisers Matthias und seines umfangreichen Gefolges in Hersbruck reichte der Landpfleger 1616 dem Nürnberger Rat Konzept und Bauplan für die „Erhöhung und Erweiterung“ des Pflegschlosses „mit den geringsten Kosten“ ein. Obwohl Nürnberg gerade durch den Neubau des eigenen Rathauses beansprucht war, sagte der Rat nach Sichtung der Pläne durch den Stadtbaumeister Jakob Wolff und den Zeugmeister Matthes Pfeffer ­1617 zu, dass „ettliche Gemächer verändert und erhöht würden“.

Unter der örtlichen Leitung des Pflegers und der fachliche Oberleitung von Jakob Wolff wurden 1618 die Arbeiten angegangen und trotz Ausbruch des 30-jährigen Krieges energisch voran getrieben. Für die einfachen Arbeiten waren Hersbrucker Handwerksmeister eingesetzt, für die „übrigen sauberen Arbeiten“ Meister aus Nürnberg. Wegen der „gar mürben und in der Mitte buckligen“ Mauern mussten zunächst ganze Mauerpartien des vor nicht einmal 100 Jahren errichteten und mehrfach sanierten Vorgängerbaus abgetragen und neu aufgeführt werden.

Die erhaltenen Schlossbaurechnungen geben trotz Verlust der Pläne einen guten Einblick über Art und Fortschritt der Arbeiten: Der 1517 erbaute, heutige Mitteltrakt wurde ca. 12 Meter nach Westen erweitert, im Nordosten und Nordwesten je ein ca. 16 m langer Flügelbau angesetzt, Achtecktürme in den beiden so entstandenen Ecken des Innenhofes erschlossen die oberen Räume. 1618 war der Neubau bereits unter Dach, 1619 folgte unter Jakob Wolff die Errichtung der Türme mit ihren charakteristischen Kuppelhauben. 1620 wurden unter der Leitung seines Nachfolgers Niklas Teufel Hauptportal, Chörlein und äußere Steintreppe gestaltet, im Untergeschoss des neuen Westtraktes ein Pferdestall für 56 Pferde eingebaut sowie der Schlossstadel errichtet.

1620 begannen die Innenarbeiten, die ihren Höhepunkt in den Stuckaturen der Brüder Hans und Heinrich Kuhn aus Weikersheim fanden, die zur gleichen Zeit das neue Rathaus in Nürnberg ausstatteten. Im Obergeschoss des alten Südtraktes wurden große Repräsentationsräume eingerichtet, „Kaiserstube“ und „Kaisersaal“ im Osten, an die sich im Westen die Kanzlei mit einer nicht mehr erhaltenen, wertvollen Holzvertäfelung anschloss. Die hier einheitlich gestalteten Deckenspiegel wurden durch schwere Stuckprofilrahmen in Kassetten unterteilt, Rankenwerk wechselte mit Tierdarstellungen, Fruchtgehängen und Kriegstrophäen.

Wo im 17. und 18. Jahrhundert die Kaiser und Könige Joseph I. ­und Karl VI. auf ihren Reisen ins Reich Quartier nahmen, ließen im frühen 19. Jahrhundert die neuen Herren aus München für die Nutzung als Landgericht Zwischenwände einziehen, entfernten die Holzvertäfelungen und zerstörten große Teile der Stuckdecken. Die alte Raumstruktur blieb weitgehend im Nordwestflügel – der ehemaligen Pflegerwohnung – und im Erdgeschoss erhalten, auch wenn hier einzelne Räume im Zuge der Umbaumaßnahmen des frühen 19. Jahrhunderts verändert wurden. Bemerkenswert sind die erhaltenen Stuckdecken des Rokoko in den Räumen des Nordwestflügels, der Klassik im Nordostflügel. Im Eingangsportal des Südflügels haben sich alte Balkendecken erhalten, die möglicherweise auf den Bau des frühen 16. Jahrhunderts zurückgehen.

Vergleiche mit historischen Abbildungen zeigen, wie wenig sich das Schloss seit seiner Bauzeit verändert hat. Im 18. Jahrhundert wich die Zugbrücke einer steinernen Bogenbrücke, 1840 wurde der Zehntstadel abgerissen (und an seiner Stelle eine „Fronveste“ errichtet), schließlich 1909 der westliche Schlossturm wegen angeblicher Baufälligkeit zur Hälfte abgebrochen, 1972 aber wieder hergestellt. Das Schloss blieb in öffentlicher Nutzung, diente ab 1808 als Sitz eines Landgerichts, seit 1862 als Bezirks- und Rentamt und von 1939 bis 1972 als Landratsamt. Heute beherbergt das Schloss das Amtsgericht Hersbruck.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Rechnungen des Markgräflichen Krieges Nr. 96. Rst. Nbg., Nürnberger Ratsverlässe aus den Jahren 1616–1622. Rst. Nbg., Manuale des Landpflegamtes Nr. 88-94. Rst. Nbg., Briefbücher des Landpflegamtes Nr. 83, 84. Rentkammer Nr. 2326 und 2327.

Böhmisches Salbuch, S. 25.

NUB Nr. 1073.

Literatur:


Alberti, Volker / Baumann, Lorenz / Holz, Horst: Burgen und Schlösser in Hersbruck und Umgebung. Oberes Pegnitztal  (= Adelssitze in Franken 1). Simmelsdorf-Hüttenbach 1999, S. 9-15.

Geiger, Rudolf: Hersbruck – Propstei des Klosters Bergen. In: MVGN 43 (1952), S. 154-224.

Geiger, Rudolf / Voit, Gustav (Hrsg.): Hersbrucker Urbare (= Schriftenreihe der ANL Bd. 15). Nürnberg 1965, S. 16-19.

KDM Hersbruck, S. 152-158.

Schnelbögl, Fritz: Wiederaufbau des zweiten Schlossturms in Hersbruck. In: MANL 17 (1968), Heft 2/3, S. 62 f.

Ders.: Der zweite Schlossturm in Hersbruck steht wieder. In: MANL 20 (1971), Heft 3, S. 58.

Schultheiß, Werner: Geld- und Finanzgeschäfte Nürnberger Bürger vom 13.–17. Jahrhundert. In: Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs, Bd. I. Nürnberg 1967, S. 88-92.

Stadtlexikon Nürnberg, S. 442 f.

Süß, Helmut: Kostenvoranschläge und Schreiben zum Neubau der Hersbrucker Schloßbrücke von 1741 bis 1775. In: MANL 54 (2005), Heft 1, S. 38-53.

Wiedemann, Ernst: Der Hersbrucker Burgstall. In: MANL 7 (1958), Heft 1, S. 1-7.


Abbildung

Ansicht des ehemaligen Pflegschlosses von Nordwesten, kolorierte Zeichnung von J. C. Bankel 1904 (StadtA Lauf)

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