Heuchling

  • Dehnberger Straße 2
  • Stadt Lauf an der Pegnitz
  • Landkreis Nürnberger Land


Die Namensendung auf -ing deutet auf ein hohes Alter der Siedlung Heuchling, deren Höfe sich in der Hand von Ministerialen und Laufer oder Nürnberger Bürgern befanden und noch im 14. und 15. Jahrhundert überwiegend dem Reich, teilweise auch dem böhmischen König lehenbar waren.

1539/40 verkauften der Nürnberger Bürger Niclaus Kun und seine Ehefrau Christina alle ihre Besitzungen zu Heuchling, nämlich „iren ansitz unnd behausung“ samt Stadel, Stallung und Hofreit, Garten, Brunnen, Fischgrube usw., dazu das Bauernhaus mit Stadel sowie drei bezimmerte und ein ödes Gütlein, für 3.500 Gulden an Georg Geuder. Kun war 1523/24 mit reichslehenbaren Gütlein zu Heuchling belehnt worden, die er z.T. anscheinend von Christoph Fürer erworben hatte; ein Sitz wird dabei aber nicht erwähnt.

Georg Geuder starb Anfang 1552 und musste daher nicht mehr erleben, wie das Haus im Zweiten Markgrafenkrieg zu Grunde ging. Am 1. Juni 1552 wurde „der Geuderin sitz oben im Gespärr eins teils abbrochen“. Sofort repariert, ist er am 31. Mai 1553 erneut „abgebrannt worden“. Durch die wiederholte Zerstörung entstand den Geudern am „burgersytz“ ein Schaden von 2.500 Gulden. Die Witwe Katharina musste den Sitz zweimal wieder aufbauen. Nach ihrem Tod im Jahre 1561 fiel das Anwesen an ihre einzige Tochter Eleonora, die 1566 in zweiter Ehe Carl Pfinzing heiratete. 1593 beantragte sie den Bau eines Stadels, da sie zur Lagerung des Getreides bislang die Scheune ihres Verwalters mit genutzt hatte – selbst vierzig Jahre nach dem Ende des Markgrafenkrieges waren also wichtige Wirtschaftsgebäude noch nicht wiederhergestellt. Das Waldamt genehmigte ihr daher, dass sie die zwei im Markgrafenkrieg abgebrannten Städel „widerumb aufpauen und die Stahlung, so jetzt an demselben ort steht, neben derselben Stadel rucken unnd setzen möge“.

Der erhaltene Bauplan zeigt der „Frau Pfinzingin Gebeu zu Heuchling“, zu dem damals 33 Güter und Mannschaften gehörten, außerdem große Teile des Neunkirchener Pfarrzehnten zu Heuchling. Das Herrenhaus präsentierte sich schlicht mit Sandsteinsockel und Fachwerkobergeschoss. Stallungen und die nach der Zerstörung 1553 wiederaufgebauten Stadel gruppierten sich um einen teilweise ummauerten Hof.

Der Sitz des Verwalters, des Voiten, war noch durch einen Holzzaun abgetrennt, der mitten durch den Hof verlief; im Voitenteil stand die erwähnte gemeinsam genutzte Scheune, die nun durch eine eigene große Fachwerkscheune auf Sandsteinsockel mit hohem Satteldach ergänzt wurde. Eleonoras Sohn Seyfried Pfinzing setzte den Ausbau fort, ließ das Voitenhaus abbrechen und durch einen Neubau mit Sandsteinsockel in den Maßen 15 x 12 Meter ersetzen. Den trennenden Holzzaun zwischen Schloss- und Voitenhof ließ er „zur Bequemlichkeit darin“ beseitigen.

Seyfried Pfinzing blieb als der „tolle, reiche Pfinzing“ in Erinnerung. Bei seinem Tod 1617 hinterließ er neben zwei Häusern in Nürnberg, je einem Sitz in Weigelshof, Nuschelberg und Heuchling sowie den Forsthuben Käswasser, Kalchreuth und Günthersbühl ein Barvermögen von 100.000 Gulden – eine damals unvorstellbar hohe Summe. Bei all dem Reichtum musste er erleben, wie seine vier Kinder aus seinen beiden Ehen vor ihm ins Grab sanken. Als auch er im Alter von nur 48 Jahren aus dem Leben schied, starb mit ihm die Weigelshofer Linie der Pfinzing aus. Der Großteil seines Erbes gelangte, wie von ihm testamentarisch bestimmt, an eine nach ihm benannte Wohltätigkeitsstiftung. Heuchling – damals ein „fein gebautes Haus“ – wurde 1620 mit allem Zubehör um 8.000 Gulden von seinem ­Neffen Sebastian Scheurl erworben, der sich fortan „von Defersdorf auf Heuchling und Weigelshof“ nannte.

1630 quartierte Albrecht von Wallenstein einen Teil seines Gefolges im Heuchlinger Schloss ein. Am 2. Dezember 1633 ist der Sitz mit dem Stadel abgebrannt, nur die Stallungen blieben verschont. Der Stadel wurde 1649/50 wieder erbaut und erhielt dabei ein Glockentürmchen, wie es auch eine Zeichnung aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts überliefert. Wann das Schloss wieder errichtet wurde, ist nicht bekannt.

Auch Sebastian Scheurl musste den Tod von acht seiner neun Kinder aus seiner Ehe mit Susanne Welser erleben. Unter diesem Eindruck machte er „nach Abgang seiner Nachkommenschaft seinen Herren Sitz Heuchling ... zu einem Fidei commisso der Familie“, der jeweils durch den Senior der Familie verwaltet werden sollte.

Durch die Ehe seiner Tochter Eleonore mit Karl Pfinzing fiel 1652 die Nutzung nochmals an die Pfinzing, da der als Erbe eingesetzte Sohn Gabriel Seifried nur wenige Wochen nach seinem Vater am 28. Juli 1652 als letzter Vertreter seiner Linie verstarb und der Enkel Karl Sebastian Pfinzing in der Erbfolge nachrückte, der sich fortan „ab (von) Henfenfeld in Grundlach, Reitles et Heuchling“ nannte. Als Senioratsgut kam Heuchling erst nach dem Tod seines Sohnes Christoph Carl 1739/40  wieder an die Scheurl zurück und wurde zunächst vom Familienältesten Christoph [VI.] Scheurl verwaltet.

Nach dessen Tod im Juli 1740 gelangte Christoph Wilhelm III. Scheurl von Defersdorf „auf Vorra, Schwarzenbruck und Heuchling“ in den Besitz des Gutes. Er hatte bereits durch seine beiden Ehen mit der Witwe Wolf Schmidtmayers und mit Maria Helena Tetzel zwei Herrensitze erheiratet [vgl. Schwarzenbruck und Vorra], musste aber als Pfleger in Lauf ein besonderes Interesse an der Instandsetzung des nahe gelegenen Sitzes haben. Auf ihn gehen die heute erhaltenen Gebäude zurück: An der Stelle der alten Pferdestallung und direkt im Anschluss an die Scheune errichtete er ein einfaches zweigeschossiges Herrenhaus mit Mansarddach. Das Erdgeschoss wurde in Stein, das Obergeschoss in Fachwerk erbaut und beide Stockwerke einheitlich verputzt. Ein dreigeschossiger, sechsseitiger Fachwerk-Treppen­turm mit geschwungener Zelthaube erschloss über eine Wendeltreppe mit glatter Spindelsäule die oberen Geschosse.

1853 verkaufte Christoph Gottlieb Adolph von Scheurl das durch Veräußerungen in den Vorjahren stark dezimierte Gut für 46.000 Gulden an den Gastwirt Johann Ziegler aus Hohenstein, der es zerschlug. Das Herrenhaus selbst wurde 1875 von Ludwig Volckamer von Kirchensittenbach (1835–1902) erworben. Im Jahre 1900 bezog die neue Besitzerin Margarethe Warmuth aus Nürnberg mit ihren beiden Kindern das Schloss, ihr folgten Dr. Otto Kolb und ab 1935 Otto Lauterbach, der das ehemalige Herrenhaus an Arbeiter und Rentner vermietete. Erst nach dem letzten Krieg konnte die Familie Engelhard den Besitz wieder in ihrer Hand vereinen und 1975 umfassend renovieren.

Quellen


StAN Rst. Nbg., Handschriften Nr. 323. Rst. Nbg., Waldamt Sebaldi I  Nr. 317. Rst. Nbg., Rechnungen des Markgräflichen Krieges 96. Rst. Nbg., Nürnberger Salbücher Nr. 231.

StadtA Lauf AO 22.

Gemeindearchiv Heuchling Nr. 0/21, 0/40, 3/303, 3/305, 7/509.

HallerA Pfinzing Urk. und Akten Besitz Heuchling.

Biedermann, Tab. 407, 409, 443, 447, 456.

Gelegenhait, Nr. 667.

Groß, Lothar: Die Reichsregisterbücher Kaiser Karls V. Wien-Leipzig 1930, Nr. 1240, 3178, 3332.

Müllner III, S. 329.

Literatur


Alberti, Volker: Herrensitz Heuchling. In: MANL 48 (1999), Heft 1, S. 351-357.

Alberti, Volker / Baumann, Lorenz / Holz, Horst: Burgen und Schlösser in Lauf und Umgebung. Unteres Pegnitztal (= Fränkische Adelssitze Bd. 2). Simmelsdorf-Hüttenbach 1999, S. 21-27.

Gärtner, Georg: Altnürnbergische Landschaft. Nürnberg 1928, S. 272-274.

Glückert, Burgen, S. 41-47.

HAB Lauf-Hersbruck, S. 72.

Hirschmann, Gerhard: Das Nürnberger Patriziat im Königreich Bayern (= Nürnberger Forschungen Bd. 16). Nürnberg 1971, S. 182.

KDM Lauf, S. 115-118.

Schnelbögl, Lauf-Schnaittach, S. 74, 104, 108.


Abbildung

Nordseite des Herrensitzes. Fotografie: F. A. Nagel 1910 (StadtMN)

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